Der Agent - The Invisible
Verhältnis zu den Diplomaten und einflussreichen Politikern unterhielt, denen sie bisher begegnet war, hatte sie nichts in ihrer bisherigen Laufbahn auf solche Auftritte im grellen Licht der internationalen Öffentlichkeit vorbereiten können. Bei laufenden Kameras konnte selbst das kleinste Zögern verheerende Konsequenzen haben, weil es automatisch den Eindruck vermittelte, die betreffende Person versuche eine Lüge auszubrüten. Petrina hoffte, dass Fitzgerald die Geistesgegenwart besaß, sich darüber klarzuwerden, bevor sie die Frage beantwortete.
»Ich hatte noch keine Gelegenheit, diesen Brief zu studieren«, sagte Fitzgerald schließlich. »Da ich nicht über seinen konkreten Inhalt informiert bin, sehe ich mich nicht in der Lage …«
»Aber von seiner Existenz wissen Sie, ist das richtig?«, fragte ein anderer Journalist.
»Ja«, antwortete Fitzgerald in einem etwas schärferen Tonfall. »Wie der Präsident. Aber wie ich bereits sagte, er …«
»Wenn ich vielleicht etwas sagen darf, Dr. Fitzgerald …«, unterbrach ihr pakistanischer Amtskollege.
Die amerikanische Außenministerin nickte knapp, und es gelang ihr, wieder eine neutrale Miene aufzusetzen. »Selbstverständlich, Mr. Bokhari.«
Malik Bokhari wandte sich dem Journalisten zu, der die Frage gestellt hatte. »Es ist richtig, dass wir uns in dieser Angelegenheit an etliche amerikanische Spitzenpolitiker gewendet haben, nicht nur an den Präsidenten. Tatsächlich hat unser Präsident General Musharraf persönlich zu einflussreichen Kongressmitgliedern Kontakt aufgenommen. Das von Israel angekündigte Waffengeschäft mit Indien erfüllt uns natürlich mit großer Sorge, und die sprunghaft wachsende Truppenpräsenz auf beiden Seiten der Demarkationslinie in Kaschmir ist bezeichnend für den Ernst der Lage. Pakistan hat nicht die Absicht, in den Gebieten von Azad Kaschmir einen Konflikt zu provozieren, doch jeder weitere Versuch der indischen Regierung, seine militärische Bereitschaft zu erhöhen, wird umgehend mit gleichartigen Schritten beantwortet, und jedes Vordringen auf von Pakistan kontrolliertes Territorium wird eine schnelle und entschiedene Reaktion hervorrufen.«
In dem Raum herrschte Schweigen, als der pakistanische Verteidigungsminister eine Kunstpause einlegte, um seinen Worten den nötigen Nachhall zu verschaffen.
»Ich möchte betonen«, fuhr er schließlich fort, »dass Pakistan seit der Ankündigung der israelischen Waffenlieferung an Indien keinen Versuch gemacht hat, sich zusätzliche Waffen oder Munition zu besorgen. Wir haben kein Interesse, in dieser Situation als Aggressor gesehen zu werden, und sind an einer Rückkehr zu einer normalen militärischen Alarmbereitschaft interessiert. Das wird allerdings nur möglich sein, wenn Indien seinen guten Willen demonstriert, indem es auf den Waffenkauf verzichtet.«
Bokhari schaute Fitzgerald an. »Haben Sie dem noch etwas hinzuzufügen?«
»Nein.« Die amerikanische Außenministerin wirkte etwas durcheinander, brachte aber ein gezwungenes Lächeln zustande und reichte ihrem pakistanischen Amtskollegen die Hand. »Danke, dass Sie mich eingeladen haben, Mr. Bokhari.«
»Aber ich habe zu danken, dass Sie gekommen sind, Frau Außenministerin.«
Die Journalisten riefen den beiden Politikern aufgeregte Fragen nach, als diese sich umwandten und zur Rückseite des Raumes gingen, wo einer von Bokharis Personenschützern ihnen die Tür aufhielt. Als Fitzgerald dem Pakistaner folgte, schloss Petrina schnell zu den beiden auf, wobei er das Mikrofon /Receiver-System in seinem rechten Ohr justierte. Es war von Motorola und erlaubte ihm zu kommunizieren, ohne zuvor - wie bei einem Funkgerät - auf einen Knopf drücken zu müssen. Petrina war etwas geschockt, da man in Pressekonferenzen nur selten so scharfe Worte vernahm, doch ihm blieb keine Zeit, über Bokharis Formulierungen nachzudenken. Er musste seine Arbeit tun und würde sich erst entspannen, wenn Fitzgerald im Flugzeug saß und die Heimreise antrat. Ihre erste offizielle Reise als Außenministerin war gerade zu Ende gegangen.
»Hallo Edsall, Petrina hier. Die Pressekonferenz ist beendet. Wie sieht’s aus?«
Petrina hörte ein Knistern, dann kam die Antwort. »Alles bestens. Der Flugplan ist fertig, die Maschine aufgetankt und startklar. Die Route ist in Ordnung.«
»Die Autos, die ihrem Suburban folgen?«
»Stehen schon bereit. Wir warten auf dich, over .«
»Okay«, antwortete Petrina. Er blickte zu Fitzgerald
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