Der Agent - The Invisible
Faden aus dem Ärmel ihres marineblauen Hosenanzugs und blickte den neben ihr sitzenden Patterson an. Ihr war klar, dass Petrina und der Fahrer wahrscheinlich trotz der Trennscheibe jedes Wort verstehen konnten, aber es war ihr egal. »Ich dachte, du hättest gesagt, sie hätten ihre Position in dieser Frage gemäßigt.«
»Den Eindruck hatte ich auch, als ich mich letzte Woche mit dem Protokollchef traf. Er hat mir versichert …«
»Ist mir egal, was er dir erzählt hat.« Fitzgerald musste sich bemühen, nicht zu laut zu werden. »Ich wusste von nichts, stand ahnungslos vor den Fernsehleuten, ganz zu schweigen
von den Auslandskorrespondenten. Hast du eine Ahnung, was für einen schlechten Eindruck es macht, wenn das gesendet wird? Der Präsident wird aufgebracht sein.«
Lee Patterson seufzte und schaute aus dem Fenster, um ihrem vorwurfsvollen Blick zu entgehen. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Brynn. Offensichtlich haben sie ihre Haltung noch einmal überdacht. Kaschmir ist ein unglaublich heikles Thema. Pakistan und Indien streiten seit 1947 um dieses Territorium, und die gegenwärtige Verstärkung der Truppenpräsenz ist ein Teil des Problems. Es ist auch viel Taktik im Spiel, und es war völlig klar, dass sich die Pakistaner die Chance nicht entgehen lassen würden, in deiner Anwesenheit ein unmissverständliches Statement abzugeben.« Er schwieg kurz. »Vielleicht erinnerst du dich an unser Gespräch am letzten Freitag, als ich sagte, diese Pressekonferenz sei keine gute Idee, aber du wolltest nichts davon …«
»Lee, wir wissen beide, dass es keine Alternative gab. Ich musste mit Vertretern beider Seiten vor die Kameras treten. Sonst hätten wir genauso gut die ganze Reise absagen können.« Fitzgerald seufzte und strich sich eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn. »Hör zu, ich weiß, dass es nicht deine Schuld war, aber jetzt ist es passiert, und wir müssen uns ernsthaft um Schadensbegrenzung kümmern. Irgendwelche Vorschläge?«
Patterson wandte sich ihr zu, ganz in Gedanken versunken. Sie kannten sich seit vielen Jahren, doch noch nie hatte er sie so gestresst gesehen. Kennengelernt hatten sie sich im zweiten Jahr ihres Jurastudiums an der Northwestern Law School, und in den Jahren darauf war ihre Freundschaft enger geworden - durch gegenseitigen Respekt, eine identische politische Einstellung und die Entdeckung, dass sie das Zusammensein
mit dem anderen wirklich genossen. Aber weiter ging es nicht. Keiner der beiden hatte über eine engere Beziehung nachgedacht, doch obwohl Patterson mittlerweile seit dreiundzwanzig Jahren glücklich verheiratet war, fragte er sich heute gelegentlich, was damals vielleicht aus ihnen hätte werden können. Mit ihren achtundvierzig Jahren war Brynn Fitzgerald noch immer eine sehr attraktive Frau, trotz einiger Fältchen um die Augenwinkel und den Mund. Ihr elegant geschnittenes rotbraunes Haar war kein bisschen grau, und der Blick ihrer meergrünen Augen war noch so strahlend und intelligent wie zu der Zeit, als sie mit zweiundzwanzig in Massachusetts für die Anwaltsprüfung gepaukt hatte.
Doch obwohl sie gut aussah, hatte Patterson den Eindruck, dass ihre vorzeitige Nominierung für den Posten der Außenministerin ihren Tribut forderte. Es war alles eine Frage des Timings. Nach ein paar Jahren hätte man ihr den Job wahrscheinlich ohnehin angeboten. Brynn Fitzgerald war eine der kompetentesten Frauen im Dienst der Regierung. Sie hatte im Aufsichtsrat von etlichen im Forbes-500-Index aufgelisteten Unternehmen gesessen. Nicht weniger als sieben Universitäten hatten ihr einen Ehrendoktor verliehen, darunter Harvard, Yale und die University of Notre Dame. Sie war eine produktive Autorin, die seit 2001 fünf Bücher entweder selbst verfasst oder an ihnen mitgewirkt hatte. An der Frau kann man einiges bewundern, dachte er. Womöglich erklärte das, warum er sich nicht stärker um sie bemüht hatte. Manchmal empfand er sie als einschüchternd, und er wusste, dass er dieses Gefühl mit etlichen anderen teilte.
»Ich habe den Eindruck«, sagte er schließlich, »dass der Präsident in erster Linie dagegen ist, Israel seine Außenpolitik vorzuschreiben. Das hat er absolut nicht vor, er will nicht
einmal den Anschein erwecken, als wäre es so. Wenn wir das Waffengeschäft dadurch stoppen könnten, dass wir ein wirtschaftliches Hilfspaket für Indien schnüren, oder durch eine höhere Unterstützung für Israel, wäre er in der Lage, die Situation ohne
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