Der Agent - The Invisible
Gesichtsverlust zu entschärfen.«
»Vielleicht«, antwortete Fitzgerald ohne Begeisterung. »Aber wenn wir die Lieferung des Hilfspakets nicht bis zum Jahresende aufschieben können, riecht es immer noch nach einem Kompromiss. Es spielt keine Rolle, an wen es geht - an Israel oder Indien … Der Grund liegt auf der Hand.«
»Wenn die Eskalation gestoppt werden kann, ist es das wert, politische Konsequenzen in Kauf zu nehmen«, entgegnete Patterson. »Schließlich steht eine Menge auf dem Spiel. Indien und Pakistan haben zusammen mehr als zwei Millionen Männer unter Waffen und könnten im Fall eines voll ausgewachsenen militärischen Konflikts noch sehr viel mehr Kämpfer rekrutieren. Wir können es uns nicht leisten, diese Fakten zu ignorieren.«
»Ganz zu schweigen von den Atomwaffen«, murmelte Fitzgerald. Man hatte sie kürzlich über die Nuklearwaffenarsenale beider Länder informiert, und ihr war bewusst, wie ernst die Situation war. Die letzten Schätzungen der CIA besagten, dass Pakistan über achtundzwanzig bis zweiundvierzig einsatzbereite Atomwaffen verfügte, Indien über vierzig bis fünfzig. Selbst wenn man von diesen Zahlen zehn Prozent oder mehr abzog, würde ein nuklearer Schlagabtausch eine unvorstellbare Verwüstung hinterlassen.
»Genau«, stimmte Patterson zu. »Das ist nicht gerade ein neues Szenario. Im Jahr 1999 hatte sich eine ähnliche Situation entwickelt, und beide Länder gingen so weit, öffentlich zu erklären, alle militärischen Optionen würden erwogen.«
Der Botschafter schwieg, um seine Worte wirken zu lassen. »Du musst den Präsidenten wirklich davon überzeugen, dass er irgendwie interveniert. Die Nachrichten über dieses Geschäft sind seit Monaten im Umlauf, und die Israelis stehen kurz davor, die Waffen zu liefern. Wenn sie erst einmal bezahlt sind, werden wir keine Kontrolle mehr darüber haben, was Musharraf tut. Wir werden überhaupt keinen Einfluss mehr haben.«
»Ich rede mit ihm. Trotzdem, du musst wissen, dass er in diesem Punkt wirklich halsstarrig ist. Aber ich werde mein Bestes geben.«
»Gut. Danke.« Patterson glaubte, sich etwas zu entspannen. Als amerikanischer Botschafter in Pakistan war er permanenter Kritik - manchmal sogar offener Feindseligkeit - ausgesetzt, und die Ereignisse der letzten Monate hatten alles noch schlimmer gemacht. Er war dem Präsidenten mehrere Male persönlich begegnet und wusste, dass er halsstarrig sein konnte, aber seine designierte Außenministerin war genauso willensstark. Wenn jemand David Brenneman überzeugen konnte, seine Meinung zu ändern, dann Brynn Fitzgerald.
»Was ist mit unseren vermissten Touristen?«, fragte Patterson, der an den bilateralen Gesprächen nur teilweise teilgenommen hatte. »Was hatten sie zu dem Thema zu sagen?«
»Der ISI kümmert sich darum, aber wie du weißt, sind zehn dieser Personen bei schlechtem Wetter in den Bergen verschwunden, sodass die Chancen nicht gut stehen, dass sie wiederauftauchen.« Der ISI war mit Abstand der mächtigste von Pakistans drei großen Geheimdiensten. Aus diesem Grund leitete er die Suche nach den verschwundenen amerikanischen Touristen. »Es ist unstrittig, dass einige von ihnen tatsächlich entführt wurden, aber es scheint sehr wahrscheinlich,
dass andere einfach von einem Schneesturm überrascht wurden. Oder in eine Schlucht gestürzt sind. Such es dir aus. Die meisten von ihnen haben eine Genehmigung für Bergsteiger beantragt, was wir besser von Anfang an in Betracht gezogen hätten.«
Der Botschafter nickte bedächtig, konnte aber sein Unbehagen nicht kaschieren.
»Woran denkst du?«, fragte Fitzgerald.
Patterson ließ sich mit seiner Antwort Zeit. »Mittlerweile bin ich fast vier Jahre hier und habe gesehen, wie tief die antiamerikanischen Ressentiments in der Bevölkerung verwurzelt sind. Ich habe mich wirklich bemüht, das zu ändern, kann aber nicht verschweigen, dass ich mich daran gewöhnt habe, das Schlimmste zu erwarten. Wenn ich von den Pakis eine Story aufgetischt bekomme, die völlig plausibel klingt, kann ich sie trotzdem nicht ohne Weiteres schlucken.«
Fitzgerald gestattete sich ein kurzes Lächeln und wandte den Blick ab. »Verstehe, aber es ist so, wie du gerade gesagt hast. Du schlägst dich seit vier Jahren täglich mit diesen Leuten herum, Objektivität ist vielleicht nicht deine …«
»Ich habe nichts gegen die Pakistaner oder ihre Regierung«, unterbrach Patterson gereizt. »Und ich verwahre mich gegen jede Andeutung des
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