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der Agentenschreck

der Agentenschreck

Titel: der Agentenschreck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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nötig? Ich verstehe nicht —«
    »Unbedingt nötig«, antwortete die Stimme kalt. Dann klickte es in der Leitung. Ihr geheimnisvoller Anrufer hatte aufgelegt.
    Mrs. Pollifax zog sich rasch auf die Damentoilette zurück, verriegelte die Tür von innen und nahm eine Landkarte von Bulgarien aus ihrer Handtasche. Endlich fand sie Tarnovo. Es lag tief im Landesinneren. Warum das? dachte sie ärgerlich. Warum muß ich Sofia verlassen und durch halb Bulgarien fahren, selbst wenn das ganze Land von West bis Ost nur dreihundert Meilen mißt?
    Im Augenblick fielen ihr nur zwei Erklärungen ein. Entweder gehörte der kleine graue Mann nicht zu Tsankos Leuten. Oder sowohl Shipkovs Nachricht als auch dieser Anruf waren eine Falle und es gab überhaupt keinen Tsanko.
    Beide Alternativen waren nicht ermutigend. Aber sie hatte einen Auftrag in Bulgarien zu erledigen, und der Anruf war der erste Hinweis. Handelte es sich dabei um eine Falle, dann blieb ihr keine andere Wahl, als hineinzutappen.
    Sorgfältig zerriß sie ihre Notizen über Tarnovo, warf sie in die Muschel und betätigte die Spülung. Dann kehrte sie zu Debby zurück. »Ich reise ebenfalls morgen aus Sofia ab. Ich mache eine kleine Bummelfahrt durchs Land.«
    »Ach«, sagte Debby verblüfft.
    Mrs. Pollifax tätschelte ihre Hand. »Aber ich vergesse Philip nicht. Solange ich in Bulgarien bin, bleibe ich mit der Botschaft in Verbindung. Wenn Sie mir Ihre Adresse geben, schreibe ich Ihnen, so oft ich etwas Neues erfahre.«
    Doch noch während sie Debby tröstete, dachte sie ständig: Warum Tarnovo? Warum so weit?
    Es war beunruhigend und jagte ihr Angst ein.

10
    Eine Vorausplanung ließ sich nicht leicht umstoßen. Mrs. Pollifax hatte ihren Paß bei der Ankunft im Hotel abgeben müssen. Jetzt mußte sie den Leuten erklären, daß sie ihn wieder brauchte, weil sie am nächsten Tag abreisen wollte. Das Hotel rief Balkantourist an. Wieder wurde Nevena zitiert, die schon sehr gereizt war und aufgebracht fragte, was zum Teufel Mrs. Pollifax denn jetzt wieder wollte.
    »Ich möchte morgen aufs Land fahren und mehrere Tage fortbleiben«, erklärte ihr Mrs.
    Pollifax.
    »Sie sind erst gestern in Sofia angekommen.«
    »Richtig. Und jetzt möchte ich abreisen.«
    »Warum?«
    Mrs. Pollifax seufzte und berief sich auf Touristen, die ihr erklärt hätten, Sofia sei nicht typisch für Bulgarien.
    »Das haben sie gesagt?« fragte Nevena mißtrauisch. »Was waren das für Leute?«
    »Keine Ahnung. Ich traf sie rein zufällig. Jedenfalls aber möchte ich das wahre Bulgarien kennenlernen und meinen Aufenthalt benützen, mir das Land anzusehen. Ich möchte
    morgen aufbrechen.«
    »Ach so? Nun, dann wäre Borovets gut. Sehr gut. Liegt südlich von Sofia. Ein bekannter
    Wintersportort. Ich bestelle Ihnen für morgen ein Zimmer im Hotel Balkantourist in
    Borovets.«
    Mrs. Pollifax verschluckte ihren Widerspruch. Je weniger Nevena von ihrem wahren Ziel
    wußte, desto besser.
    »Geben Sie mir den Direktor. Ich spreche mit ihm«, sagte Nevena. Mrs. Pollifax gab ihm den Hörer. Endlich versprach er, daß sie den Paß morgen früh bei der Abreise zurückbekommen würde.
    »Vielen Dank. Neun Uhr«, betonte Mrs. Pollifax. Daß Debby die Nacht bei ihr verbringen
    würde, verschwieg sie, um weitere Fragen zu vermeiden.
    Mrs. Pollifax stellte ihren Wecker auf sieben Uhr früh. Sie war entschlossen, ihren Schützling rechtzeitig zum Flugplatz zu schicken, damit sie ihre Verabredung in Tarnovo einhalten
    konnte. Erfreut nahm sie zur Kenntnis, daß Debby beim Anblick des Badezimmers in
    zufriedene weibliche Laute ausbrach und sofort Shampoo, Seife und Cremes aus ihrem
    Rucksack kramte.
    Vielleicht besitzt sie sogar ein Kleid für den Flug, dachte Mrs. Pollifax. Mit dieser tröstlichen Vorstellung schlief sie ein. Heftiges Herzklopfen schreckte sie aus dem Schlummer.
    Langsam wird das eintönig, dachte sie. An ihrem Bett stand ein Mann. Er war halb von ihr abgewandt. Im trüben Licht des Fensters sah sie, daß er etwas in der Hand hielt. Mit der freien Hand betastete er den Gegenstand. Mrs. Pollifax riß entsetzt die Augen auf. Der
    Fremde hatte ein Messer. Und er prüfte es mit einer Andacht, bei der ihr kalt wurde.
    Er bewegte sich blitzschnell und geschmeidig. Mrs. Pollifax konnte sich nur noch mit
    knapper Not zur Bettkante rollen. Als sie auf den Boden fiel, schlitzte das Messer zischend das Kissen auf, auf dem noch vor einer Sekunde ihr Kopf gelegen hatte. Mit einer zweiten raschen Bewegung wandte

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