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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Rosenberger«, sagte er stattdessen, da Markéta immer noch zum Fenster schaute, »nur dem Pinselknecht zuliebe sind die Vorhänge aufgeblieben.« Mit dem ebenso berühmten Habsburger-Kinn deutete er auf da Biondo, ohne die Baderstochter aus dem Blick zu lassen. »Wenn du mich erst besser kennst, wirst du wissen, dass ich schöne Aussichten genauso hasse wie Sonnenschein, ob nun vom Himmel brennend oder in Öl gebannt.«
     »Ich glaub, das ahnte ich schon, als ich Euch vorgestern das erste Mal zu sehen bekam«, antwortete sie mit einem kleinen Lächeln, das jedoch gleich darauf erstarb: Ihr Blick war von seinem Antlitz abwärts geglitten, an der schillernden Fläche des Prunkmantels hinunter bis zum Boden, wo die schamlosen Zwillinge ineinander verklammert lagen.
    In seinem Gefolge, dachte Julius, wurden seit Wochen immer waghalsigere Wetten veranstaltet, wer die kleine Helena als Erstes schwängern würde, und die höchsten Einsätze galten ihrem Bruder Fabrio. Voller Verblüffung musterte er die Baderstochter, in deren Wangen wahrhaftig Röte aufstieg, wie in einem Kelch, den der Mundschenk mit Tokaier füllte. Sein Erstaunen wich der Rührung. Sie ist tatsächlich so unschuldig, wie ich’s vermutet hatte.
    Noch immer ohne seinen Blick von ihrem Gesicht zu lösen, das nun bis zur Stirn hinauf entflammt war, stieß er mit beiden Füßen blindlings nach den Syrakusern: »Lenka, Fabrio – ab mit euch, ihr belästigt Madame durch eure Lutscherei.«
    Die Zwillinge rappelten sich auf und waren im Nu durch eine Tapetentür verschwunden. Auf Julius’ Wink hin ließ auch da Biondo den Pinsel sinken, klemmte seine Staffelei unter den Arm und machte sich rückwärts buckelnd auf zitrusgelben Schnabelschuhen davon. Schon waren sie allein im Fürstensalon, dessen prachtvolle Einrichtung – scharlachrote Seidentapeten und schwere Sofas von der gleichen Farbe – die Baderstochter nun erst wahrzunehmen schien. Ihr Blick schweifte umher, doch die plötzliche Stille und ihre Zweisamkeit mochten ihr Unbehagen bereiten – ihre Wangen, eben noch von feuriger Röte, wurden mit einem Mal fahl.
    »Ich hatte befohlen, dir das venezianische Kleid mit dem eckigen Dekollete umzuschnüren«, sagte Julius. Er beugte sich vor und machte Anstalten, mit der Rechten nach ihrem Kleid zu haschen. Markéta wich zurück und geriet auf ihren Stelzschuhen ins Schwanken. »Nimm Platz, wo du willst«, fuhr er in gleichmütigem Ton fort, »oder bleib auf diesen albernen Schuhen stehen, wenn’s dir lieber ist. Du machst sowieso, was du willst, das hab ich gleich gespürt, als du auf der Brücke vor mir standest. Und was mich betrifft: Momentan hab ich andres im Sinn als dein Kleid und was es vorläufig vor mir verbirgt.«
    Er unterbrach sich und krauste die Stirn, seine Unterlippe zuckte.
    »Was wisst Ihr von dem Nabellosen, den Ihr mir heute gebracht habt – von diesem Flor? Lasst hören, Madame.«
    »Mit Vergnügen, Exzellenz«, gab sie zurück, »wenn Ihr mir gelobt, dass ihm in Eurer Burg kein Leid geschieht.«
    Julius wollte schon aufbrausen, was erlaubte sie sich, ihm, ihrem Herrn, Bedingungen zu stellen? Doch auf einmal kitzelte ihn ein Lachreiz in der Kehle. Er erhob sich von seinem Sessel und warf abermals den albernen Prunkmantel ab, nahm die Ottonenkrone von seinem Kopf und ließ sie zum Umhang auf den Sessel gleiten. Unter dem Scharlachtuch trug er schwarze Strumpfhosen nach spanischer Mode, dazu Stulpenstiefel und schwarze Weste, eng anliegend in der Manier der väterlichen Majestät. Nur zu dem hohen Stehkragen, dessen Krause andauernd an Hals und Ohren kratzte, hatte er sich nie verstehen können. »Ich gelob’s, Madame«, sagte er und musste noch stärker grinsen, als er ihren argwöhnischen Blick sah. »Euer Nabelloser und Ihr selbst steht unter meiner persönlichen Obhut.«

  18
     
     
    »Den Kaiser zum Vater zu haben, das ist fast wie Gottes Sohn zu sein, verstehst du? Aber ein verstoßener Sohn, soweit es mich betrifft: eher Satan als Jesus Christus.«
    Eigentlich hatte er doch sie zum Sprechen bringen wollen, wunderte sich Julius, für einen Moment innehaltend. Aber sie hatte nur die Schultern gehoben und einen halblauten Halbsatz gemurmelt, und seither redete er mit immer hitzigerer Inbrunst auf sie ein.
    »Durch mein väterliches Erbteil bin ich von den Himmelsmächten zum Kaiser des Heiligen Römischen Reichs bestimmt, von der Mutterseite dagegen zum Kunsthändler wie Großvater Jacopo – begreifst du, was das heißt?

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