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Der Alchimist von Krumau

Der Alchimist von Krumau

Titel: Der Alchimist von Krumau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Künstler und ihr lärmendes Gefolge, die syrakusischen Zwillinge wie immer mittendrin. Die einen musizierten mit Harfen und Flöten, andere brüteten mit wichtigen Mienen über ihren halbfertigen Bildern oder warfen mit fliegenden Fingern Kohlerisse auf Papierbögen, die sich im leichten Wind bauschten. So häupterreich sein Gefolge auch sein mochte, dachte Julius, in dieser Riesenburg war es doch nur ein kümmerliches Häuflein, das sich in den labyrinthischen Gemäuern fast verlor. Aber das würde sich ändern, wie Mariandls Astrolog vorausgesehen hatte. Sehr bald schon.
    Ohne die Zurufe, Demutsgesten seiner Schranzen und Schmarotzer zu beachten, schritt Julius weiter abwärts, hinein in den finsteren Gewölbegang, der in steilem Gefalle hinunter zum ersten Burghof führte. Als sie den grabeskalten Tunnel hinter sich ließen, ragte vor ihnen, auf der andern Seite des lang gestreckten Platzes, auf dem Pferde, Kutschen und Kaleschen in buntem Durcheinander standen, der Hungerturm empor, himmelhoch und von Wilhelms Meistern mit venezianischen Lügen bemalt.
     
    »Die Alchemie ist die wahre Mutter aller Künste und Wissenschaften«, sagte Julius, während sie an dem salutierenden Wächterduo vorbei in den Hungerturm traten, »und bald schon wird sie auch die neue Mutter und Amme der Menschheit sein: durch mich.«
    Einer der beiden Wächter, ein fuchsroter Schlacks in der Uniform der gräflichen Salvaguardia, sah ihnen mit entgeisterter Miene hinterher. Er mochte Markéta aus früheren Tagen kennen, wie Julius sich sagte, vielleicht hatte sich der Tölpel gar in die wohlgestalte Baderstochter vergafft? Von dieser Vorstellung angeregt, entzog er Markéta seinen Arm und legte ihn stattdessen um ihre Taille. Schlank und fest fühlte sie sich an unter dem schlichten, hellbraunen Kleid. Und starr wie eine Steinsäule, als sie seine Umschlingung spürte, aber er lachte ihr nur leise ins Ohr und schob sie die enge Wendeltreppe hinauf.
    »Wenns erst so weit ist«, sagte er, »habt ihr Weiber als Gebärerinnen ausgedient, was aber nicht heißen will, dass eure Brüstchen und Fötzchen nicht mehr gebraucht würden.« Er blieb unvermittelt stehen, zog sie an sich und drückte seine Lippen auf die ihren. Mit der Zunge zwängte er ihren Mund auf. Überraschend leicht gab sie nach, aber nur für einen Moment der Überrumpelung, dann stieß sie ihn mit beiden Händen von sich.
    »Dankt Eurem Namen und Rang, durchlauchtigster Herr«, sagte sie so betont, wie ihr keuchender Atem es zuließ, »dankt dem Respekt, den ich vor Euch als dem Grafen von Krumau empfinde, oder meinetwegen auch nur meiner Angst, wie der arme Flor in diesen Kerkerturm geworfen zu werden. Einem andern hätt ich das Knie zwischen die Schenkel gestoßen, Euch ruf ich nur zu: Schande dem Mann, der einem Weib Gewalt antut!«
    Ihre grünen Augen blitzten ihn an. So nah vor ihm schwebte noch immer ihr Antlitz, dass er an sich halten musste, um sie nicht abermals auf ihren kirschroten Mund zu küssen.
    »Gewalt?«, wiederholte er in ehrlichem Erstaunen. »Ich räum ja ein, dass ich mir schon manche Frucht gepflückt hab, ohne den Baum lang um Erlaubnis zu fragen. Aber da ging’s ein wenig anders zu, Madame.« Aufmerksam sah er sie an. Wie töricht sie sich verhielt, dachte er, und wie seltsam, dass es bei ihr gar nicht lachhaft wirkte, eher wie ein Ausfluss natürlicher Würde.
    Sein Blick glitt an ihr hinab, von den blitzenden Augen über den störrisch zusammengekniffenen Mund bis zu ihrem Busen, der unter dem hochgeschlossenen Kleid vor Aufregung bebte. Was ihn selbst anging, seine Ekstase war fürs Erste perdu. Er richtete seine Beinkleider, bot ihr aufs Neue den Arm und zog sie weiter die Treppe hinauf.
    Auf der ersten Plattform zweigte ein Gang ab, schmal und düster. Weiter hinten waren Seufzer zu hören. »Der Komet«, sagte Julius, tief in Gedanken, »hatte nicht die Gestalt irgendeines Drachen. Es war Ouroboros, verstehst du: der Drache der geheimen Künste, der sich in den eignen Schwanz beißt.«
    Markéta warf ihm von der Seite einen Blick zu, als wollte sie sagen: Das solltet Ihr auch erwägen, Exzellenz, aber Julius nahm es allenfalls am Rande wahr. Eilends zog er die Baderstochter in den Gang hinein, der nur von einigen Wandfackeln erleuchtet wurde und nach einem Dutzend Schritten vor einem rostigen Gitter endete.
    Dahinter hockte der schmale Bursche am Boden, in bunter Lumpenhose, vom Gürtel aufwärts noch immer entblößt. Sein verworrenes Haar

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