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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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gut ergangen – sie hatte im Grunde die Rolle
seiner Gemahlin gespielt –, doch dann war sie zu anspruchsvoll
geworden und hatte ebenfalls ein vorzeitiges Ende gefunden.
Lusiferus’ Vater hatte seinem Sohn nie verraten, ob er sie hatte
töten lassen.
    Der Sohn wiederum hatte seinem Vater nie verraten, dass die Frau
kurz vorher auch seine Geliebte geworden war.
    Vom Apparitor stieg sein Vater zum Peregal auf. Als solcher
herrschte er zunächst über einen Fab/Hab-Komplex im Orbit,
dann über einen Kontinent und schließlich über einen
größeren Mond. Die äußeren Zeichen von Macht,
Reichtum und Prunk, die in einem aufstrebenden Verbund von Systemen
wie Leseum mit einer solchen Stellung verbunden waren, fehlten
natürlich nicht. An diesem Punkt hatte sein Vater zum ersten Mal
in seinem Leben den Anschein erweckt, mit dem Erreichten zufrieden zu
sein. Er hatte sich entspannt und angefangen, das Leben zu
genießen.
    Das war das Ende. Als Lusiferus’ Vater endlich zum
nächsten Sprung ansetzte, um Hierchon zu werden, hatte er, der
einst mit dem Verkauf von Charter- und anderen Verträgen an die
Händler und Fabrikanten der vielen Systeme ein großes
Vermögen gemacht hatte, sich eines Apparitors erbarmt, der
gerade vom Glück verlassen war, und ihn ohne Not an einem
Schmiergeldgeschäft beteiligt. Binnen eines Monats wurde er
wegen schwerer Korruption angeklagt, verurteilt und geköpft. Der
junge Apparitor wurde sein Nachfolger.
    Lusiferus hatte schon sehr früh eingesehen, dass er seinem
Vater auf dessen eigenem Gebiet niemals das Wasser würde reichen
können, und da Religion und Glaube schon immer eine gewisse
Anziehung auf ihn ausgeübt hatten, war er einige Jahre zuvor zur
Cessoria gegangen. Als sein Vater vor Gericht stand, war er Piteer
gewesen, ein Jungpriester. Man hatte ihn zu einem der
Beichtväter bestimmt, und er hatte den Verurteilten zur
Hinrichtung begleitet. Zunächst war sein Vater sehr tapfer
gewesen, doch irgendwann war er zusammengebrochen. Er hatte zu weinen
angefangen, er hatte um Gnade gefleht und das Blaue vom Himmel
versprochen (obwohl er bereits alles verloren hatte). Er hatte sich
laut heulend an Lusiferus geklammert und sein Gesicht in der
Priesterrobe seines Sohnes vergraben. Lusiferus hatte gewusst, dass
man ihn beobachtete, und dass dieser Augenblick für seine
Zukunft wichtig war. Und er hatte seinen Vater von sich
gestoßen.
    Sein Aufstieg durch die Cessoria war rasant. Er würde nie so
mächtig werden wie sein Vater, aber er war klug und
tüchtig, man achtete ihn, und er befand sich in einer wichtigen,
aber nicht allzu gefährdeten Region einer der größten
Metazivilisationen, die die Galaxis je erlebt hatte, auf dem Weg nach
oben. Damit hätte er zufrieden sein können. Solange er sich
keine Blöße gab wie einst sein Vater, konnte ihm nichts
geschehen.
    Dann kam es zur Separation. Die Zeit des Arteria-Zusammenbruchs
hatte eine wahre Schneise von Portalzerstörungen durch den von
Millionen Sternen bevölkerten Raum um Leseum geschlagen. Nur die
dicht beieinander liegenden Leseum-Systeme waren in diesem
ausgedehnten Hinterland vernetzt geblieben. Das System Leseum9 war
wichtig und wohl auch lebensfähig gewesen und hatte sich sicher
gefühlt, bis es Jahrtausende später seine eigene Separation
erlebte. Ausgelöst wurde sie durch einen kleinlichen Streit
innerhalb der immer noch anhaltenden Wirren der Streuungskriege, eine
an sich belanglose Meinungsverschiedenheit zwischen drei Parteien,
die bis dahin so gut wie unbekannt gewesen waren und die auch
hinterher außer im Geschichtsunterricht keine Rolle mehr
spielten. Aber der Schaden war angerichtet; das Portal bei Leseum9
war zerstört, und der riesige Raumsektor war vom Rest der
zivilisierten Galaxis abgeschnitten.
    Damit wurde alles anders. Die alten Strategien, um an der Macht zu
bleiben, galten nicht mehr, und neue Bewerber kämpften um die
höchsten Positionen.
    Trotz allem verdankte Lusiferus seinem Vater auf die eine oder
andere Weise alles, was er wusste, und eine der wichtigsten Lehren
war: es gab keinen Stillstand. Man war im Leben entweder auf dem Weg
nach oben oder auf dem Weg nach unten, der Weg nach oben war immer
der bessere, und am sichersten war es, andere als Trittsteine, als
Plattformen, als Gerüst zu benutzen. Der alte Spruch, man solle
sich auf dem Weg nach oben Freunde machen, damit man welche
hätte, wenn es wieder abwärts ginge, hatte zwar seine
Gültigkeit, aber es war der Spruch eines Miesmachers, die

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