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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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Galaxien waren noch da, wo sie
hingehörten. Wenn er nicht wirklich am Rand des interstellaren
Raumes war, dann war die Simulation brillant. Er verbrauchte etwas
von seiner Reaktionsmasse – im Grunde Wasser – um einige
Kilometer von der Velpin wegzufliegen, traf aber weder auf
eine Wand, noch auf einen Riesenbildschirm. Entweder hatte man eine
Virtuelle Realität von beispiellosen Dimensionen erzeugt, oder
man manipulierte ihn direkt durch sein Gehirn oder hatte den Kragen
des Gasschiffs irgendwie auf hundertprozentige Immersion
aufgerüstet und seiner Kontrolle entzogen.
    Ein Ausspruch von Valseir fiel ihm ein: Eine Theorie, die den
Solipsismus als einleuchtende Erklärung der Phänomene
darstellt, die sie zu beschreiben sucht, macht sich hochgradig
verdächtig.
    Valseir hatte über die ›Wahrheit‹ und andere
Religionen gesprochen, aber Fassin fand, der Satz ließe sich
auch auf seine Situation anwenden. Er hatte kaum eine Wahl, er musste
so tun, als sei das alles echt. Zugleich musste er, nur für alle
Fälle, im Hinterkopf behalten, dass dem vielleicht nicht so war.
Denn wenn das alles Wirklichkeit war, dann befand er sich vielleicht
an der Schwelle zur spektakulärsten Entdeckung in der Geschichte
der Menschheit, einer Erkenntnis, die jeder nur denkbaren Kombination
aus der Merkatoria, ihren Gegnern und so etwa jeder anderen
raumfahrenden Spezies der Galaxis unermesslichen Schaden zufügen
oder unschätzbare Vorteile bringen könnte. Er fühlte
sich wie bei dem Gespräch mit der Abgesandten-Projektion, das
vor einer ganzen Ewigkeit im Herbsthaus stattgefunden hatte.
Erörtern Sie, was wahrscheinlicher ist: das, was Sie zu sehen
glauben, oder dass alles eine Lüge ist, ein abgekartetes Spiel,
ein unverständlicher und viel zu weit getriebener Scherz.
    Er setzte alle vorhandenen Mittel ein, um sich Gewissheit zu
verschaffen. Er war im Weltraum. Alles passte zusammen. Oder die
Simulation war so perfekt, dass es keine Schande war, darauf
hereinzufallen. Damit wäre er wieder bei der
›Wahrheit‹. Hatherence hätte sein Dilemma zu
würdigen gewusst.
    Wenn er wirklich wollte, könnte er vermutlich einfach
davonfliegen. Das Gasschiff würde ihn auf unbegrenzte Zeit am
Leben erhalten, es war fähig, selbständig in eine
Planetenatmosphäre einzutreten, und wenn er fast seine ganze
Reaktionsmasse verbrauchte, könnte er in wenigen Jahren das
innere System dieser Sonne Aopoleyin erreichen. Er bräuchte von
der Reise kaum etwas mitzubekommen, könnte den
größten Teil verschlafen. Aber was dann? Er hatte von
diesem Stern noch nie gehört. Nach dem rudimentären
Sternenatlas des Gasschiffs befand sich das System irgendwo im Oberen
Khredell (was immer das sein mochte), aber es wurde nicht von
Menschen oder Merkatoria-Angehörigen bewohnt. Es war
überhaupt nicht als bewohnt gekennzeichnet. Das musste nicht
heißen, dass dort niemand wäre – es gab offenbar
keinen Fleck im Universum, den nicht irgendjemand seine Heimat nannte
–, aber es hieß, dass er der Rückkehr nach Hause
wahrscheinlich keinen Schritt näher käme.
    Als Quercer & Janath aufgeregt signalisierten, sie hätten
etwas gefunden, kehrte er zum Schiff zurück. Es war nicht
Leisicrofes Schiff, sondern das Bewusstsein des Wölkers –
ein zarter Ball aus Gas und Chemikalien, zusammengehalten von einem
Hauch von Schwerkraft.
     
    … Sucht nach…?
    - Einem Dweller. Einem Gasriesen-Dweller mit Namen
Leisicrofe.
    …Bild…
    - Bild?
    … Bild versprochen… bestimmtes Bild…
    - Ach so. Ich habe ein Bild bei mir. Wie…? Wo, ich meine,
wem zeige ich es, damit du es sehen kannst?
    … Nein… beschreiben…
    - Schön. Es ist ein Bild von weißen Wolken an einem
blauen Himmel.
    … Passt…
    - Dann kannst du es mir sagen? Wo Leisicrofe ist?
    …Fort…
    - Wann ist er fortgegangen?
    … Zeit messen wie… ?
    - Standardsystem?
    … Bekannt… Wesen Leisicrofe ging vor 7,35 x
10 8 Sekunden…
    Fassin rechnete nach. Etwa zwanzig Jahre.
    Er war in die Randzonen des Wölker-Bewusstseins eingebettet.
Das Gasschiffchen ruhte sanft zwischen zwei breiten Gassträngen,
die ein klein wenig wärmer waren als das Weltall mit seinen
eisigen Temperaturen. Im Grunde befand er sich auf einem Trip und
hatte angehalten, um mit einem Wesen zu sprechen, neben dem ein stark
zeitverlangsamter Dweller ein Geschwindigkeitsfreak gewesen
wäre. Wölker dachten überdurchschnittlich langsam.
    Ein Signal von außen, von der Velpin. Er sendete dem
Wölker:
    - Wo ist Leisicrofe

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