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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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wir keinen richtigen Trip machen, worunter ich
natürlich einen Fern-Trip verstehe?«
    Braam Ganscerel, Oberster Seher des Sept Tonderon und damit der
ranghöchste Seher überhaupt – und obendrein Fassins
künftiges Familienoberhaupt – war groß und schlank
und hatte eine dichte weiße Mähne. Er sah jünger aus,
als er tatsächlich war, immerhin zählte er nach der
naheliegendsten Art zu rechnen fast siebzehnhundert Jahre. Er hatte
ein scharfes, kantiges Gesicht mit großer Nase, seine Haut war
wachsbleich und fast durchsichtig, und seine Finger und Hände
waren lang und wirkten zerbrechlich. Wenn er ging oder stand, nahm er
den Kopf zurück und drückte die Brust heraus, so als
hätte er sich schon vor langer Zeit gelobt, nicht gebeugt zu
erscheinen, wenn er ein ehrwürdiges Alter erreichte, nur um dann
in die andere Richtung zu übertreiben. Durch diese seltsame
Haltung legte er den Kopf stets so weit in den Nacken, dass ihm gar
nichts anderes übrig blieb, als auf jeden, mit dem er sprach, an
seiner monumentalen Nase entlang herabzuschauen. In den Händen
hielt er zwei lange glänzende Stöcke, als sei er soeben von
einem besonders mondänen Skihang gekommen – oder dorthin
unterwegs.
    Mit seinem langen, weißen Haar, das er zu einem Knoten
aufgesteckt hatte, der hellen Haut und dem schlichten, aber elegant
geschnittenen Seher-Anzug – schwarze Wickelgamaschen,
Pluderhosen und lange Jacke – machte er den Eindruck eines
reizenden, etwas gebrechlichen und sehr sympathischen älteren
Herrn, atemberaubend vornehm und mit fast göttlicher
Autorität ausgestattet.
    Er fegte mit klappernden Stöcken und Stiefelabsätzen in
die Offiziersmesse des schweren Kreuzers Pyralis, begleitet
von einem blassen Gefolge aus einem halben Dutzend Juniorsehern
– die eine Hälfte Männer, die andere Hälfte
Frauen – alle grau und voller Ehrerbietung. Die Nachhut bildete,
schlaksig und stets lächelnd, Paggs Yurnvic, ein Seher, den
Fassin mit ausgebildet hatte, der sich aber anschließend
weniger lange in der Langsamkeit realer Trips aufgehalten hatte und
nun sowohl zeitbereinigt als auch vom Aussehen her älter war als
sein damaliger Lehrer.
    »Oberster Seher«, sagte Fassin, stand auf und nickte so
förmlich, das es fast schon eine Verbeugung war. Der schwere
Kreuzer brachte die ganze Gesellschaft nach Third Fury, den im nahen
Orbit befindlichen Mond von Nasqueron, von dem aus sie auf ihre Trips
gehen sollten – entweder nur virtuell oder, wenn Fassin sich
durchsetzen konnte, in einer Kombination aus virtueller und direkter
Präsenz.
    Braam Ganscerel hatte erklärt, in seinem Alter und seinem
körperlichen Zustand komme ein Flug mit hoher Beschleunigung
– trotz Schutzanzügen, Überlebenskapseln und Schockgel
– zu dem Mond nicht in Frage. Deshalb flog das Schiff nun mit
einer sanften Standard-Ge und erzeugte eine gefühlte
Schwerkraft, die doppelt so hoch war wie auf ’glantine und etwas
geringer als auf Sepekte. Selbst diese Standardschwerkraft erfordere,
so verkündete Braam Ganscerel, dass er sich auf seine beiden
Stöcke stützte. Natürlich sei ein solches Opfer in der
derzeit so ernsten Lage nur recht und billig, es sei sogar seine
Pflicht, es zu erbringen. Fassin fand, er sehe mit den Stöcken
aus wie ein Stelzer, ein Whule vielleicht.
    »Nun?«, fragte der Oberste Seher und blieb vor Fassin
stehen. »Was hast du gegen einen virtuellen Trip, Fassin? Was
ist los mit dir?«
    »Ich habe Angst«, antwortete Fassin.
    »Angst?« Braam Ganscerel beugte seinen Kopf probeweise
noch weiter nach hinten, stellte fest, dass es möglich war, und
ließ ihn dort.
    »Angst, dass Sie mich als lediglich fähigen
›Langsamen‹-Seher vorführen könnten.«
    Braam Ganscerel kniff ein Auge halb zu und sah Fassin eine Weile
an. »Du machst dich über mich lustig, Fassin.«
    Fassin lächelte. »Ich bin real besser, Braam. Das wissen
Sie so gut wie ich.«
    »Stimmt«, sagte Ganscerel. Er drehte sich mit
ruckartiger Eleganz um und ließ sich auf die Liege fallen, auf
der Fassin gesessen und sich die Nachrichten auf dem Bildschirm
angesehen hatte. Auch Fassin nahm wieder Platz. Paggs hockte sich auf
eine Armlehne der nächsten Liege, der Rest von Ganscerels
Gefolge verteilte sich nach irgendeiner geheimen Hackordnung in
unmittelbarer Nähe.
    Fassin nickte Paggs zu. »Seher Yurnvic«, sagte er
lächelnd und hoffte, Paggs würde die Förmlichkeit
nicht wörtlich nehmen.
    Paggs grinste. »Schön, dich zu sehen, Fass.« Das
war also in

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