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Der Algebraist

Der Algebraist

Titel: Der Algebraist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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mehr als einen
Lidschlag – und die lästigen Gäste waren kein Problem
mehr.
    Seit sechzehnhundert Jahren – kaum ein halber Lidschlag
für einen Dweller – wurden die Menschen von den Dwellern
von Nasqueron als ihre Ansprechpartner im Ulubis-System akzeptiert.
Ihre Besuche wurden zumeist geduldet, sie waren nicht ungern gesehen,
ihre Sicherheit war fast immer gewährleistet, und ihre
Bemühungen, mit den Gasriesenbewohnern ins Gespräch zu
kommen und ihre gewaltigen, aber herausfordernd phantasievoll
organisierten und indizierten Datenschichten auszubeuten,
stießen nur auf sehr formalen Widerstand, gelinden Spott und
wenig entschlossene Verschleierungsstrategien.
    Dass diese koketten Spielchen, die kaum noch messbare
Zurückhaltung und die sanften Hindernisse, die diesen Namen kaum
verdienten, den betroffenen Menschen als monumentale Barrieren von
unübersehbarer Komplexität und Früchte eines boshaften
und schier unerschöpflichen Erfindungsreichtums erschienen,
zeigte nur wieder einmal, wer so etwas schon fast so lange trieb, wie
das Universum existierte, und wer erst seit knapp zweitausend
Jahren.
    Natürlich hatte man es auch mit anderen Ansätzen
versucht.
    Selbst ein noch so begabter und engagierter Arbitrageur tat sich
schwer damit, Wesen zu bestechen, für die Geld nur ein Witz war.
Die Dweller hielten unerschütterlich an einem System fest, in
dem die Macht, nun, mehr oder weniger willkürlich verteilt
wurde, so schien es jedenfalls manchmal, und Autorität und
Einfluss fast ausschließlich vom Alter abhängig waren. Da
gab es wenig Hebelpunkte, an denen man ansetzen konnte.
    Hin und wieder versuchte alternativ dazu eine Spezies, mit
Waffengewalt an sich zu bringen, was die Dweller-Forscher ihren
Studienobjekten mit höflichen aber hartnäckigen Fragen zu
entlocken suchten. Doch Gewalt, so hatte man – erstaunlich oft
und unabhängig voneinander – entdecken müssen,
funktionierte bei den Dwellern nicht so recht. Sie spürten
keinen Schmerz, maßen ihrem eigenen (und bei der leisesten
Provokation auch dem Leben anderer) relativ geringe Bedeutung bei und
schienen offenbar bis in die letzten Fasern davon überzeugt zu
sein, das Einzige, was wirklich zähle, sei ein Ehrbegriff, der
nur für sie existierte, und den sie als besondere Art von Kudos
definierten. Dabei war einer der zentralen Grundsätze, dass
jeder Versuch, von außen Einfluss zu nehmen, von allen
Betroffenen bis zum letzten Atemzug und ohne Rücksicht auf
Verluste abgewehrt werden müsse.
    Dweller waren fast überall, und das beinahe von Anfang an.
Sie hatten im Lauf der Zeit eine gewisse Erfahrung in der
Kriegführung erworben, und obwohl ihre Kriegsmaschinen als
ebenso unzuverlässig – und ausgefallen im Entwurf, im Bau
und in der Wartung – galten wie jede andere Technik, mit der sie
sich jemals zu beschäftigen geruht hatten, hieß das noch
lange nicht, dass sie nicht tödlich sein konnten.
Gewöhnlich bekamen das alle Beteiligten in einem erschreckend
weiten Umkreis zu spüren.
    Gelegentlich hatte eine andere Spezies gegen die Dweller gesiegt.
Ganze Planetenpopulationen waren ausgelöscht und ganze Gasriesen
zerlegt worden, um Rohstoffe für eines der monströsen
Megaprojekte zu liefern, die besonders ›schnelle‹ Spezies
mit solchem Eifer offenbar nur deshalb in Angriff nahmen, weil sie
zeigen wollten, dass sie dazu imstande waren. Doch auf lange Sicht
waren die Folgen dieser Siege bisher ausnahmslos unerfreulich
gewesen.
    Wer mit einer Spezies, die so weit verbreitet, so langlebig, so
reizbar und – wenn sie wollte – so zielstrebig war wie die
Dweller, einen Streit vom Zaun brach, erlebte nur allzu oft, dass
gerade dann, wenn – oder auch ganze geologische Epochen
später – er glaubte, der Staub hätte sich gelegt, das
Vergangene sei vergessen und alle unseligen Meinungsverschiedenheiten
seien Geschichte, unversehens ein kleiner Planet in seinem
Heimatsystem auftauchte. Der Planet wurde begleitet von einer Flotte
von Monden, die ihrerseits von Scharen asteroidengroßer Brocken
umgeben waren. Jeder dieser Brocken bewegte sich in einer flauschigen
Schale aus unzähligen Felsen von beachtlicher Größe,
die wiederum in eine Lawine noch kleinere Steine gepackt waren. Der
ganze Albtraum flog so knapp unter Lichtgeschwindigkeit, dass selbst
eine besonders wachsame und misstrauische Spezies gerade so viel
Vorwarnung erhielt, um die regionale Entsprechung von ›Was zur
Höl…?‹ zu japsen, bevor sie in einem

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