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Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)

Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Frankel
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gestorben. Du bist tot. Was soll ich denn ohne dich tun? Wie kann ich weiterleben, wenn du nicht mehr da bist? Oh , Merde, es tut so unendlich weh. Oh, Süße, du bist tot. Du bist tot.«
    Regel Nummer eins. Die einzige Regel. Scheiße. Bevor sie reagieren konnte, fuhr er den Computer herunter. Fuhr sie herunter. Führte einen Löschvorgang durch. Ging wieder nach unten. Er war eindeutig noch nicht bereit. Er hatte geglaubt, dass niemand seine Abwesenheit bemerkt hatte, aber Dash entging nichts.
    »Wo warst du?«
    »Oben.«
    »Alleine?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Jetzt schon?«
    »Nein.«
    »Aber bald?«, fra gte Dash, der sie ebenfalls schrecklich vermisste.
    »Bald«, versprach Sam, der sie so vermisste , wie man ein Flugzeug vermisst, nachdem man aus ihm herausgeschleudert wurde und sich im freien Fall auf die Erde befindet. Was bestimmt besser ausgegangen wäre als sein heutiger Abend, das stand fest.
    Sams Vater blieb das ganze Wochenende und überredete seinen Sohn, etwas zu essen, und schleifte ihn ins Kino und kochte Suppe und fror sie ein für den Fall, dass er nach seiner Abreise Hunger bekäme. Sams Vater machte eine sehr gute Suppe, was eigenartig war, weil er sonst eigentlich nicht kochen konnte. Früher hatten Sam und sein Vater einmal die Woche auswärts gegessen, einmal die Woche etwas bestellt, einmal die Woche ein Tiefkühlgericht aufgetaut und sich ansonsten von Suppe ernährt – eisgekühlt im Sommer, heiß im Winter, süß als Nachspeise. Aus Salatschüsseln, wenn sie besonders großen Hunger hatten. Alle Arten von Suppen, die man sich vorstellen konnte.
    »Wie kommt es eigentlich, dass Suppe das Einzige ist, was du kochen kannst?«, fragte Sam seinen Vater am Sonntagabend. Es war das Erste, was er an diesem Tag sagte.
    »Das weißt du doch. Weil deine Mutter es mir beigebracht hat. Sie war eine tolle Köchin. Bevor ich sie kennenlernte, konnte ich überhaupt nichts kochen, auch keine Suppe. Nicht mal Tütensuppe.«
    »Schon, aber warum hat sie dir nie etwas anderes beigebracht?«
    Sams Vater zuckte mit den Schultern. »Weil man immer irgendwie denkt, man hätte alle Zeit der Welt. Man denkt, es gäbe ein Später. Aber manchmal gibt es plötzlich keins mehr.«
    Sam schluckte. Er versuchte das Gespräch von dieser Lebensweisheit, von dieser schrecklichen Parallele zu ihm selbst wegzusteuern und kam wieder auf praktische Dinge zu sprechen. »Sie hat dir also Abend für Abend einfach nur verschiedene Suppen beigebracht?«
    »Nein, nur eine einzige«, antwortete Sams Vater leise. »Muschelsuppe. Aus New England.«
    Sam setzte sich aufrecht hin und sah seinen Vater an. »Was meinst du mit sie hat dir nur eine beigebracht? Du kochst achttausend verschiedene Suppen! Sonst kannst du nichts, aber Suppen machst du in allen Variationen.«
    »Weil sie mir gezeigt hat, wie es geht.« Sams Vater fuhr sich mit der Hand durch die dichten Haare, die genau aussahen wie die seines Sohnes. »An einem Abend im Winter. Es hatte geschneit, und wir waren draußen spazieren – ich glaube, das war so eine romantische Idee von mir – und sind müde und nass und durchgefroren zurückgekommen. Wir haben dann beschlossen, schnell eine Pizza zu bestellen, aber alle Lieferdienste hatten zu wegen der starken Schneefälle. Pech gehabt. Also habe ich vorgeschlagen, dass wir einfach nur ein Erdnussbutterbrot essen und dann ins Bett gehen. Aber deine Mutter hat geantwortet: ›Für ein Brot ist es eindeutig zu kalt, wir kochen eine Suppe.‹ Daraufhin habe ich angemerkt, dass wir doch gar nichts im Haus hätten und es viel zu kalt sei, um noch mal zum Supermarkt zu gehen, aber sie hat nur gesagt: ›Für Suppe ist immer genug im Haus. Ich hätte Lust auf eine Muschelsuppe.‹ Also hat sie ihr Rezeptbuch hervorgeholt. Im Rezept stand Sahne, aber wir hatten nur Magermilch, es stand Sellerie drin, aber wir hatten nur Karotten. Statt Kartoffeln hatten wir Reis, und es gehörten natürlich eigentlich Muscheln hinein, aber wir hatten nur eine Packung Tiefkühllachs. Das Einzige, was wir rezeptgemäß vorweisen konnten, war eine Zwiebel, woraufhin deine Mutter mir erklärt hat, dass die einzige unabdingbare Zutat für eine Suppe eine Zwiebel ist. Alles andere ist austauschbar: die Zutaten, die Mengen, das Mischverhältnis. Alles außer der Zwiebel bleibt jedem selbst überlassen. ›Man wirft einfach Sachen in einen Topf, bis es schmeckt‹, hat sie gesagt. Wir haben also eine Muschelsuppe gegessen, die in Wirklichkeit ein Fischeintopf

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