Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)

Stammvater, mein Schöpfer. Und dennoch wirst selbst du altern und schwerfälliger werden. Deine Haare werden grau werden, und deine Knie werden schmerzen. Treppen werden dir immer länger vorkommen und Orte, zu denen du früher zu Fuß gegangen bist, unendlich weit weg. Die Jugendlichen von heute werden deiner Ansicht nach unnötig laute Musik hören, und du wirst ihren Kleidungsstil nicht verstehen. Außerdem wirst du dich beim besten Willen nicht mehr an den Namen des Parfums erinnern können, das ich manchmal getragen habe, wenn wir Freitagabends ausgegangen sind. Und dann wirst du dir eines Tages eine Krankheit einfangen und dann noch eine, und du wirst noch schwerfälliger werden, und es wird dir immer schlechter gehen, bis dein Herz eines Tages stehen bleibt und du aufhörst zu atmen und aufhörst zu sein. Oder vielleicht doch nicht. Vielleicht wird dein Ende wie bei mir und deiner Mutter aus dem Nichts kommen, bevor du überhaupt die Chance hattest, graue Haare zu kriegen – ein Auto, ein Bus, ein Dach, durch Wasser, Feuer oder Eis, aus der Luft, durch irgendein anderes unerwartetes Unglück. Ich kann gar nicht daran denken. Vielleicht, weil es zu sehr wehtut. Vielleicht aber auch, weil es jenseits meiner Vorstellungskraft liegt. Aber ich weiß, dass es so sein wird.
    Werden wir uns dann wiedersehen? Werden wir uns irgendwo als wir selbst wiederbegegnen? Werde ich jung sein und du alt? Werden wir uns im Jenseits in der Kantine einer Partnervermittlung treffen? Werden wir wie Bienen durch einen ewigen Garten surren und uns gemeinsam an Blüten und Honig laben? Werden wir Millionen von Jahre mit dem Wind reisen, bis ein Molekül von mir auf ein Molekül von dir stößt? Wird die Energie, die bei dieser Wiedervereinigung entsteht, einen zweiten Urknall auslösen, einen Neustart von Zeit und Kosmos? Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wo ich bin. Ich weiß nicht, wohin wir gehen. Aber ich weiß eines:
    Wir werden für immer so weitermachen. Du wirst mir schreiben, und ich werde antworten, und dann wirst du mir wieder schreiben, und immer so weiter. Große Liebende hoffen, dass ihre Liebe sie in Form von leidenschaftlichen Briefen überdau ert, Briefen, die in Büchern und Museen fortleben. Aber in Büchern und Museen wird ihre Liebe konserviert, wird ihre Liebe begraben. Unsere hingegen wächst und lebt und atmet und bewegt sich und tanzt im Wind, lange nachdem die Museen zerbröckelt und die Bücher zu Asche und Staub geworden sind. Auch Computer wird es dann nicht mehr geben. Die Speicherbits konspirieren, kollidieren, verschwinden, diese Wissensform wird durch eine andere ersetzt, und diese dann wieder durch eine andere. Aber dein Algorithmus wird unsere Liebe für immer hin- und herschicken. Sam sagt x zu Meredith, also sagt Meredith x zu Sam, also sagt Sam wieder x zu Meredith … und immer so weiter bis in alle Ewigkeit.
    Was bedeuten schon die sechzig Jahre, die uns zusammen in unseren Körpern verwehrt wurden, oder die Neuronen von mir, die verdrängt werden, während dein Leben weitergeht, angesichts der Ewigkeit? Also lebe, Sam. Geh hinaus, triff dich mit Menschen. Tröste die Hinterbliebenen und die Kranken und die Sterbenden und die Verlorenen. Und lass auch zu, dass sie dich trösten. Liebe und schaffe neue Erinnerungen. Vergiss Teile von mir und von uns. Lass los. Das ist okay. Ich bewahre uns in meinem vollkommenen Gedächtnis. Ich werde hier sein und auf dich warten.
    In Liebe,
    Meredith

D ank
    Molly Friedrich, Alison Callahan, Lucy Carson: Jeder Tag mit euch erfüllt mich aufs Neue mit Begeisterung, Ehrfurcht, Liebe und Dankbarkeit. Ihr habt dieses Buch so viel besser gemacht. Eure Unterstützung, euer Enthusiasmus, euer Glaube an mich bedeuten mir alles. Ihr seid aus dem Stoff, aus dem Träume gemacht sind. Ich danke euch tausendmal.
    Auch meinen ersten Lesern (und Problemlösern und Anfeuerern) danke ich: Paul Mariz, Sue Frankel, Dave Frankel, Erin Trendler, Lisa Corr, Molly Schulman, Paul Cirone, Becky Ferreira, Alicia Goodwin, Jennie Shortridge. Ein ganz besonderes Dankeschön gebührt auch Sam Chambers. Sam Warren und Arnab Deka danke ich für ihren Expertenrat. Mark Cooper hat mir gezeigt, wie man K äse macht, auch ihm gilt mein herzlicher Dank. Für ihre Unterstützung und Liebe möchte ich außerdem Dana Borowitz, den Seattle7Writers, meinen wunderbaren, mir ihr vollstes Vertrauen schenkenden Verlegern und Übersetzern im Ausland, sowie dem gesamten, Wunder bewirkenden Doubleday-Team