Der Algorithmus der Liebe: Roman (German Edition)
Sam an.
»Mach es noch mal«, forderte ihn Meredith auf.
D och ein wenig heilsam?
Sam wollte darüber sprechen, Meredith nicht. Sam wollte über die Auswirkungen diskutieren. Angesichts ihrer Reaktion hielt er eine Diskussion für durchaus angebracht, bevor sie damit fortfuhren.
»Zerstör die Magie nicht«, bat Meredith.
Nach dem Abendessen und einer ordentlichen Menge Scotch, nach langem Tippen und Löschen und Überlegen, was sie schreiben sollte, schickte Meredith eine Antwort an ihre Großmutter:
Kalt ist es schon, aber wenigstens hat es kurzzeitig aufgehört zu regnen. Freut mich, dass das Wetter bei Dir besser ist und Du wieder mit dem Bridge angefangen hast. Richte den Mädels schöne Grüße von mir aus. Strand klingt natürlich besser als Büro, aber es kann schließlich nicht jeder im Ruhestand sein.
Sam und ich haben letzte Woche eine Suppe gekocht, die Dir bestimmt geschmeckt hätte. Linseneintopf mit Grünkohl. Ich optimiere sie noch ein bisschen und schicke Dir dann das Rezept. Sam ist nicht nur ein guter Souschef, sondern auch, ich gebe es zu, ein Computernerd und Fan der Baltimore Orioles (auch wenn er, seit er hier lebt, natürlich die Mariners anfeuert).
Hab dich lieb!
M.
Dann vergingen neun Stunden, in denen Meredith nichts anderes tat, als mit ihrem Laptop auf dem Schoß dazusitzen und auf »Aktualisieren« zu klicken. Nachdem Sam sie angefleht hatte, ins Bett zu kommen, nahm sie den Computer einfach mit und saß die ganze Nacht ans Kopfende gelehnt da.
»Die E-Mail erscheint automatisch auf dem Bildschirm, wenn sie reinkommt. Du kannst den Laptop so einstellen, dass sie dabei ein kleines Geräusch macht, von dem du aufwachst«, stöhnte er.
»Kannst du nicht dafür sorgen, dass die E-Mail schneller kommt?«
»Ist deine Großmutter zu Lebzeiten etwa nachts aufgeblieben, um E-Mails zu schreiben?« In Florida war es vier Uhr morgens.
»Nein.«
»Dann kann ich es nicht ändern.«
Sie blieb trotzdem die ganze Nacht wach. Um 7.35 Uhr war die E-Mail endlich da:
Du solltest Dir ein paar Wochen freinehmen und mich besuchen kommen – ein bisschen Sonne tanken. Du arbeitest zu viel!! Die werden wohl mal ohne Dich zurechtkommen. Schick mir unbedingt das Suppenrezept. Du hast mir immer noch nicht geschrieben, wie Sam aussieht!
Ich umarme und küsse Dich, mein Schatz,
Oma
Meredith rüttelte Sam wach.
»Sie will unser Suppenrezept!«
»Das mit der Suppe haben wir doch erfunden«, murmelte Sam unter seinem Kissen hervor.
» Das hat ganz schön lang gedauert«, murrte Meredith. »Und ihre Antwort ist so kurz. Ich will mehr! «
»Das Programm schreibt, wann und wie sie geschrieben hätte. Es ist quasi Livvie. Sie hat morgens E-Mails geschrieben, also schreibt das Programm auch morgens E-Mails. Ihre E-Mails waren relativ kurz und pointiert, also schreibt das Programm auch kurz und pointiert. «
»Ich habe stundenlang gewartet. Ich will mehr als nur einen Absatz! Vermisst sie mich denn gar nicht?«
»Was willst du, sie ist in Florida.«
»Kannst du das Programm nicht beschleunigen? Kannst du nicht dafür sorgen, dass es mehr schreibt?«
»Das Programm ist deine Großmutter, Merde. Es simu liert deine Großmutter auf logische, wissenschaftlich brillante, analytische Weise. Ich mache gar nichts. Das musst du mit ihr aushandeln.«
Nach mehreren Entwürfen geriet Merediths nächste E-Mail schließlich zu einem sechsseitigen Erguss über Liebe und Familie, Kindheit und Gro ßeltern, Erinnerungen, Leben und das Verstreichen der Zeit. Er endete mit der Bitte: »Ich vermisse Dich so! Schreib doch bitte ein bisschen ausführlicher! Ich will alles wissen!«
Livvies muntere Antwort lautete:
Wow, da hat wohl jemand zu viel Zeit gehabt diese Woche! Ihr scheint ja richtig mieses Wetter zu haben – hier ist es so herrlich, dass ich eine ausführlichere Antwort auf später verschieben muss! Und jetzt ab zum Strand!! Hab Dich lieb!!
PS: Komm mich besuchen!!!!!!!!!!!!!!
PPS: Ist er so hässlich, oder warum erzählst Du mir nicht, wie der Junge aussieht???
Sam war schwer beeindruckt, vor allem davon, dass das Programm nachhakte, weil es gemerkt hatte, dass Meredith immer noch nicht sein Aussehen beschrieben hatte. Meredith hingegen war ziemlich mit den Nerven runter. Ihr war es egal, dass ihre Großmutter zu Lebzeiten niemals lange, rührselige E-Mails geschickt hatte und sie bei solchen Mails bestimmt den Verdacht gehabt hätte, dass sie überhaupt nicht von Livvie stammten. Und zu allem
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