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Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Der Allesforscher: Roman (German Edition)

Titel: Der Allesforscher: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Schwein.
    Würde Simon je so schwer werden? So untergewichtig, wie er war? Allerdings »normal untergewichtig«, wie der Kinderarzt gemeint und dabei auf die unklaren Verhältnisse in Simons vergangenen Lebensjahren angespielt hatte. Wie auch auf den Umstand, daß der Junge wohl kaum verhungern würde. In der Tat war ich bemüht, ihn aufzupäppeln. Doch seine Veranlagung schien die jener Menschen zu sein, die auch große Mengen verdrücken können, ohne ihre hühnchenhafte Gestalt zu verlieren. Klar, das mochte sich später noch als Glück herausstellen. Vielleicht würde Simon niemals gezwungen sein, der geliebten Schokolade zu entsagen.
    Er befand sich jetzt am höchsten Punkt der Höhlendecke, während Mick unter ihm stand, die Hände nach oben gestreckt, und die Aufgabe des »Spotters« innehatte. Was nicht bedeutete, sich über Simons Haltung lustig zu machen, sondern entsprechend dem englischen Wortes spot  – also erspähen – einen möglichen Absturz Simons zu mildern. Nicht ihn vollständig aufzufangen, sondern seinen Sturz gewissermaßen zu begleiten, ihm zu helfen, auf den Beinen aufzukommen. Sich vom Faultier in eine Katze zu verwandeln.
    Und genau das geschah nun auch. Indem nämlich Simon versuchte, in dieser höchst schwierigen Situation sein linkes Bein von einem rosafarbenen Element zu einem anderen zu schwingen, verlor er den Halt, rutschte von den Griffen und fiel.
    Während Mick die schmalen Hüften umfaßt hielt, kam Simon federnd auf der Matte auf, jedoch einen Fluch ausstoßend, der seinem Scheitern galt.
    »Okay, schau mir jetzt zu«, sagte Mick, wobei er mit Zeige- und Mittelfinger ein V bildete, dieses an Simons Augenpaar heranführte, so daß dieser ein wenig schielte, und in der Folge das V in Richtung Kletterwand führte. Solcherart den Blick des Jungen dirigierend.
    Nun stieg Mick in dieselbe Wand ein, sich knapp über dem Boden an vier Haltepunkten fixierend. Als hänge er gemütlich in Seil und Gurt. Welche freilich fehlten.
    Soeben hatte ich gelernt, daß man das Klettern an derartigen Installationen »Bouldern« nannte, ein Klettern an Wänden und Blöcken, die man ohne Sicherung beging, wobei man immer nur so tief fallen konnte, daß man heil blieb. Beziehungsweise von einem Spotter in eine sanfte Landung eingewiesen wurde.
    »Wollen Sie spotten?« fragte Mick und bog sich weit nach hinten, um mir mit auf dem Kopf stehendem Gesicht einen fragenden Blick zuzuwerfen.
    Mir war klar, daß Mick angesichts der Matte, der geringen Höhe und seiner famosen Technik eine solche Absicherung nicht nötig hatte. Offensichtlich war es ein Versuch, mich aus meiner Passivität zu locken. Schließlich stand ich inmitten dieser Halle wie eingefroren.
    Ich kam also näher, hob meine Arme etwas an und sagte: »Erschlagen Sie mich bloß nicht.«
    Mick lachte, dann begann er, in einer insgesamt schwingenden Weise – gleich einem Turner, der von Gerät zu Gerät wirbelt – an den »bunten Beulen« hochzusteigen, und überwand schließlich auch die Stelle, an der Simon gescheitert war. Er tat dies mit der Leichtigkeit einer Fortpflanzung: eine Bewegung aus der vorherigen schöpfend.
    Ich dachte: »Wie bei Astri.« Und dachte auch: »Der Mensch als muskulöser Windhauch. Nicht schlecht.«
    Pathetisch geprochen, aber es stimmte.
    Sodann ließ sich Mick mit den Händen an zweien der Griffe senkrecht nach unten hängen und offenbarte auf diese Weise die Tätowierungen an den Innenseiten seiner Arme. Die Zeichen waren so dicht gedrängt, als hätte er versucht, auf den beiden schmalen Flächen die gesamte Maorikultur unterzubringen (während er die Außenseiten seiner Arme vollkommen frei gelassen hatte). Ganz langsam löste er sich aus seiner Verankerung und kam butterweich auf der Matte auf.
    In meinen Spotterhänden verfing sich ein kühler Luftzug.
    Wir blieben noch eine Weile im Boulderbereich und wechselten dann zu den hohen Wänden, die es hier in großer Vielzahl und unterschiedlicher Schwierigkeit gab. Allerdings ebenso eine Menge aktiver Menschen. Es dröhnte von den Stimmen wie auch von den Regentropfen, die unaufhörlich aufs Dach schlugen.
    Ich setzte mich auf eine zweistufige Tribüne und sah Mick und Simon zu, wie sie eine Route besprachen. Genauer gesagt: Mick zeigte auf die Farbe, die den Weg vorgab, und wies dann mit dem Finger eine imaginäre, leicht geschlängelte Linie hoch, die er kommentierte. Auch Simon redete. Es war allerdings viel zu laut in der Halle und ich selbst zu weit

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