Der Altman-Code
Langfristige Strategien.« Ouray schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Vielleicht haben wir irgendwo einen ausländischen Maulwurf sitzen, so tief drinnen, dass ihn die Sicherheitsleute nicht finden können. Vielleicht sollten wir sie auffordern, tiefer zu graben? Nach einem professionellen Spion zu suchen, der sich hinter einem von uns versteckt?«
»Bitten Sie sie meinetwegen, dieser Möglichkeit nachzugehen. Aber ich glaube nicht, dass es ein Spion ist, egal, ob Amerikaner oder Ausländer. Dem Betreffenden geht es nicht darum, Geheimnisse zu stehlen. Vielmehr will er die öffentliche Meinung – und damit unsere Entscheidungen – beeinflussen. Es muss jemand sein, der einen Vorteil daraus zieht, wenn sich unsere Politik ändert.«
»Genau«, stimmte ihm Ouray unbehaglich zu.
Der Präsident wandte sich wieder den Papieren auf seinem Schreibtisch zu. »Finden Sie die undichte Stelle, Charlie. Ich brauche Antworten, bevor mich diese Situation vollends lähmt.«
Donnerstag, 14. September - Kaohsiung, Taiwan
Die Fenster von Jon Smiths Zimmer im zwanzigsten Stock des Grand Hotel Hi-Lai boten einen atemberaubenden Blick auf die flimmernde Nacht von Kaohsiung, von den sich über den ganzen Horizont erstreckenden Lichtern bis hinauf zum schwarzen, sternenbesetzten Himmel. Aber an diesem Abend hatte Smith keine Augen dafür.
Zurück in seinem Zimmer, sah er zum dritten Mal Mondragons Brieftasche und Notizbuch durch. Er hatte dort einen Hinweis zu finden gehofft, wie der ermordete Covert-One-Agent an das Verzeichnis gekommen war.
Der einzige Gegenstand, für den es keine Erklärung gab, war eine zerknitterte kleine Serviette aus einem Starbucks-Café, auf die mit Tinte ein Name geschrieben war – Zhao Yanji.
Smiths Handy meldete sich. Es war Fred Klein.
Kleins Begrüßung war eine Frage. »Haben Sie den Artikel am Flughafen abgegeben?«
»Nein«, antwortete Smith. »Ich habe schlechte Nachrichten. Mondragon wurde getötet.« Die Stille am anderen Ende der Leitung kam einem Seufzen gleich.
»Das ist ja furchtbar. Ich habe lange mit ihm gearbeitet. Er war ein hervorragender Agent, und er wird mir fehlen. Ich werde seine Eltern verständigen. Es wird ein fürchterlicher Schock für sie sein.« Smith atmete tief durch. Einmal. Zweimal. »Das tut mir aufrichtig Leid, Fred. Muss ganz schön hart für Sie sein.«
»Erzählen Sie, Jon. Was ist passiert?« Smith berichtete ihm von dem Umschlag, dem Angriff und Mondragons Tod. »Die Killer waren Chinesen, aus Shanghai. Das Verzeichnis muss echt gewesen sein. Ich habe einen Anhaltspunkt, aber er ist ziemlich vage.« Er erzählte Klein von der Starbucks-Serviette.
»Sind Sie sicher, dass die Serviette aus Shanghai ist?«
»War Mondragon in den letzten Monaten irgendwo anders als in Shanghai?«
»Nicht, dass ich wüsste.«
»Dann ist es eine Chance. Abgesehen davon ist es die einzige, die ich habe.«
»Glauben Sie, Sie kommen schnell nach Shanghai?«
»Ich denke schon. Am Kongress nimmt ein chinesischer Wissenschaftler teil, ein Dr. Liang, den ich sicher dazu überreden kann, mir sein Institut in Shanghai zu zeigen.« Er erzählte Klein von dem chinesischen Mikrobiologen, der unbedingt mit ihm sprechen wollte. »Es gibt nur drei Probleme. Ich spreche kein Wort Chinesisch, und ich habe keine Ahnung, wo in Shanghai die Starbucks-Cafés sind. Und schließlich wäre da noch meine Beretta. Ich habe keine Möglichkeit, sie nach China mitzunehmen.«
»Die Starbucks-Adressen lasse ich Ihnen nach Taipei faxen. Außerdem werde ich veranlassen, dass in Shanghai ein Dolmetscher für Sie bereit steht, der Ihnen auch eine Waffe besorgt. Kennwort: ›Latte macchiato.‹«
»Noch etwas.« Smith erzählte Klein von dem alten Mann in einem chinesischen Straflager, der behauptete, David Thayer zu heißen. Er wiederholte die Einzelheiten, die Mondragon ihm übermittelt hatte.
»Thayer? Mir ist nie etwas von einem Zusammenhang zwischen einem Thayer und dem Präsidenten zu Ohren gekommen. Hört sich nach einer Ente an.«
»Mondragons Informant behauptet, der alte Mann wäre eindeutig Amerikaner.«
»Ist der Informant zuverlässig?«
»Soweit sich das feststellen lässt, ja«, sagte Smith.
»Zumindest nach Meinung Mondragons.«
»Ich werde es an den Präsidenten weiterleiten. Wenn der Mann Amerikaner ist, egal, um wen es sich tatsächlich handelt, wird Castilla Genaueres wissen wollen.«
»Dann werde ich versuchen, dieses Ladeverzeichnis in Shanghai aufzuspüren. Was ist mit den anderen
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