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Der Altman-Code

Der Altman-Code

Titel: Der Altman-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum , Gayle Lynds
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Weltkrieg gab es immer wieder Leute, denen das passiert ist. Wahrscheinlich sind es wesentlich mehr, als wir tatsächlich wissen oder ahnen konnten. Trotzdem ist es unerhört und vollkommen inakzeptabel, dass so jemand heute noch festgehalten wird. Es ist einer der Gründe, warum in das Menschenrechtsabkommen unbedingt auch aufgenommen werden sollte, dass ausländische Inspektoren Zugang zu Kriegsgefangenenlagern erhalten. Wie dem auch sei, wenn das wahr ist und uns eine zuverlässige Bestätigung vorliegt, werden wir deswegen unverzüglich etwas unternehmen müssen. Hat dieser Amerikaner auch einen Namen?« Klein beobachtete das Mienenspiel des Präsidenten.
    »David Thayer.« Der Präsident zeigte keine Reaktion. Überhaupt keine Reaktion. Als ob er nichts gehört hätte. Als ob er immer noch darauf wartete, dass Klein den Namen des Mannes sagte. Dann blinzelte er, drehte sich auf seinem Stuhl, stand abrupt auf, ging zu dem Fenster hinter seinem Schreibtisch und schaute, die Hände hinter dem Rücken zu einem weißen Knoten verschränkt, nach draußen.
    »Sam?« Samuel Castillas Rücken war verkrümmt, als wäre er gerade geschlagen worden. »Nach so vielen Jahren? Wie ist das möglich? Es schien doch völlig ausgeschlossen, dass er noch am Leben sein könnte …«
»Was ist passiert …?«, begann Klein, verstummte aber sofort wieder. Begleitet von einem flauen Gefühl im Magen, kam ihm die Antwort auf seine Frage von selbst.
    Der Präsident drehte sich um, setzte sich wieder und lehnte sich zurück. Sein Blick war auf etwas, zeitlich wie räumlich, weit Entferntes gerichtet. »Er verschwand spurlos, als ich noch in den Windeln lag. Das Außenministerium, das Militär, sogar Trumans persönlicher Stab – alle versuchten ihn zu finden; aber wie du weißt, haben wir Maos Kommunisten massiv bekämpft und stießen auf entsprechend wenig Gegenliebe bei ihnen. Immerhin gelang es uns, einige Geheiminformationen von den Sowjets und mehrere Hinweise von amerikanischen und britischen Quellen in China zu bekommen, die allesamt darauf hindeuteten, dass Thayer tot war. Entweder war er im Kampf gefallen, von den Kommunisten gefangen genommen und exekutiert oder von Chiangs eigenen Leuten beseitigt worden, weil er mit den Roten zu verhandeln versucht hatte. Bevor er verschwand, hatte er nämlich meiner Mutter erzählt, dass er genau das vorhätte.« Er atmete tief durch und bedachte Klein mit einem verhaltenen Lächeln. »Serge Castilla arbeitete ebenfalls für das Außenministerium. Er war eng mit Thayer befreundet und leitete die Bemühungen des Außenministeriums, ihn zu finden, wodurch er fast wöchentlich mit meiner Mutter zu tun hatte. Weil ich noch so klein war, konnte sie mir nicht erklären, was eigentlich los war. Als ich vier wurde, hatten sich schließlich alle damit abgefunden, dass Thayer tot sein musste. Bei Serge und meiner Mutter führte schließlich eins zum anderen. Sie heirateten noch im selben Jahr, und er adoptierte mich. Damals war für mich Serge mein Vater, David Thayer war lediglich ein Name.
    Mit siebzehn, achtzehn erzählte mir meine Mutter schließlich alles, was sie über seine Zeit in China wusste; es war herzlich wenig. Ich sah keine Veranlassung, allen davon zu erzählen, denn für mich war Serge mein Vater.
    Er hatte mich großgezogen, bei Windpocken an meinem Bett gesessen und mir bei Schulaufsätzen geholfen, und ich habe ihn geliebt. Da wir den gleichen Nachnamen hatten, kam nie jemand auf die Idee, sich zu erkundigen, ob er auch mein leiblicher Vater wäre.« Der Präsident schüttelte den Kopf, als wollte er sich auf diese Weise wieder in die Gegenwart zurückholen. Er hielt Kleins besorgtem Blick unverwandt stand. »David Thayer ist Teil meiner Geschichte, aber zugleich habe ich keinerlei Erinnerungen an ihn.«
»Die Chancen stehen tausend zu eins, dass der Mann ein Schwindler ist, wahrscheinlich ein gewöhnlicher Krimineller, vermutlich nicht einmal Amerikaner. Er könnte Thayer begegnet sein, bevor dieser verschwand. Und jetzt, wo er sich in einem relativ offenen Straflager befindet, hat er von dir und deinen Bemühungen gehört, von China eine stärkere Einhaltung der Menschenrechte zu fordern, und sieht darin eine Möglichkeit, freizukommen.«
»Aber wie sollte er, wenn dem tatsächlich so wäre, herausgefunden haben, dass Thayer einen Sohn hatte, der irgendwann Präsident von Amerika geworden ist – wo dieser noch dazu den Nachnamen Castilla trägt?« Klein runzelte die Stirn.

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