Der Altman-Code
einem anderen Tisch saßen und ihr Essen hinunterschlangen, während mehrere Frauen damit beschäftigt waren, zu kochen und Schüsseln mit Essen aufzutragen. Unter ihnen waren auch die zwei kichernden Schminkexpertinnen aus dem Shanghaier longtang , die sofort wieder zu kichern begannen, als sie Smiths Gesicht sahen. Sie deuteten auf die Spüle, wo er sich mit kühlem Wasser und selbst gemachter, nach Talg riechender Seife die schwarze Tarnfarbe abwusch.
Danach fühlte er sich besser. Er setzte sich zu dem alten Mann an den Tisch, der von seinem Essen aufsah, als wollte er sagen: »Wer bist du denn?«, bevor er achselzuckend weiteraß.
Mahmout folgte ihm mit einer Schüssel Reis mit Hammelstückchen, Karotten, Zwiebeln und Bohnen, das Ganze gebunden mit dem ausgelassenen Schafschwanzfett, das sie im longtang gegessen hatten. Er stellte die Schüssel zu den anderen auf den Tisch und setzte sich. Von der langen Nacht und der ständigen Anspannung ausgehungert, bediente sich Smith aus allen Schüsseln. Die Teigtaschen mit der dünnen Umhüllung und der dicken Füllung waren köstlich. Die Hammelkebabs waren außen knusprig, innen zart und ohne den typischen Beigeschmack, den im Westen viele als unangenehm empfinden.
Mahmout beobachtete Smith beim Essen und langte auch selbst kräftig zu. Der Moment schien nostalgische Gefühle in Mahmout zu wecken. Versonnen sagte er:
»Bevor sie sesshafte Ackerbauern wurden, waren die Uiguren ein nomadisches Hirtenvolk. Für uns ist Hammel das, was für Japan Seafood, für Argentinien und die Staaten Rindfleisch und für die Engländer Rindfleisch und Hammel ist. Das war übrigens eins der Dinge, die ich an England mochte. Man bekam dort hervorragendes Hammelfleisch, und wenn man das Glück hatte, einen der raren, in England gezogenen Southdowns zu kriegen, ahhh … das war der beste Hammel, den ich gegessen hatte, seit ich meine Heimat verlassen musste.« Smith wischte mit dem Brot seinen Teller sauber.
»Nicht viele Leute schätzen das englische Essen so wie Sie.«
»Ich fand es Spitze. Richtiges englisches Essen. Jede Menge Nierenfett in den Puddings und Dumplings, und dazu diese fantastischen Braten mit den kräftigen Soßen, die Innereien und das Hammelfleisch. Vielleicht ist das der Grund, warum uns die Engländer, von denen früher so viele hierher kamen, wesentlich besser zu verstehen schienen, als das Chinesen und Russen je getan haben oder auch tun werden.« Als sie fertig gegessen hatten, nahm ihn Mahmout nach draußen mit. Sie gingen über die gestampfte Erde des Hofs zu einem kleinen Haus an der linken Umfassungsmauer. Hinter einem Fenster, von dem aus man den ganzen Hof überblicken konnte, hielt ein Uigure Wache.
Sein Sturmgewehr ruhte auf der Fensterbank.
»Auch auf den Mauern haben wir Wachposten aufgestellt«, sagte Mahmout im Vorbeigehen.
»Was passiert, wenn wir von den chinesischen Behörden Besuch kriegen?«
»Dieses Anwesen wird von einer großen uigurischen Sippe bewohnt und bewirtschaftet. Wir verstecken uns, und die Bewohner begrüßen die Polizei. Jeder kennt diese Leute.« Smith folgte Mahmout über eine geschickt getarnte schmale Treppe in einen mit nackten Glühbirnen beleuchteten Keller. Auf mehreren Pritschenreihen schliefen Männer und Frauen. Mahmout deutete auf die leere Pritsche neben seiner, legte sich nieder und begann sofort zu schnarchen.
Nachdem sich auch Smith ausgestreckt hatte, spannte und entspannte er seine Muskeln. Er redete sich ein, dass es ihm besser ginge. Auf jeden Fall war er sicher, dass er sich besser fühlen würde, wenn er aufwachte. Als er einzuschlafen versuchte, kehrten seine Gedanken immer wieder zu den Schwierigkeiten von David Thayers Befreiung zurück. Die Möglichkeit, dass in weniger als vierundzwanzig Stunden die Operation am Schlafenden Buddha scheiterte, war bedenklich genug. Der kleinste Fehler bei dem Versuch, Thayer zu befreien, konnte die ganze Mission vereiteln. Er drehte sich auf die Seite, versuchte es erst auf der einen, dann auf der anderen. Schließlich sank er in unruhigen Schlaf.
Beijing Es war später Vormittag, und normalerweise wäre die Eule schon seit mehreren Stunden in seinem Büro in Zhongnanhai gewesen. Stattdessen arbeitete er zu Hause am Schreibtisch seines Arbeitszimmers. Er rauchte eine seiner Players-Zigaretten und drückte gerade seinen Stempel auf ein Geheimdienstdokument, als seine Frau Botschafter Wu Bangtiao hereinführte. Die Eule stand sofort auf und legte seine Zigarette
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