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Der Altman-Code

Der Altman-Code

Titel: Der Altman-Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum , Gayle Lynds
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zurückversetzen könnte. Insgeheim war Wei ein unverbesserlicher Ideologe, ein Kommunist der alten Schule, der nie über Mao, Chu Teh oder den Tiananmen Platz hinausgekommen war. Diese Zeiten wiedererstehen zu lassen, war sein Traum. Das bewies die Entsendung des U-Boots Zhou Enlai , um die Crowe zu bedrohen. Eine gewaltsame Eskalation des Konflikts käme seinen Plänen sehr entgegen. Um seine Ideen durchzusetzen, würde er vielleicht nicht einmal vor einem Krieg zurückschrecken.
    Niu musste an Konfuzius’ zwei Definitionen von Unglück denken: Die eine war ›Katastrophe‹, die andere ›Gelegenheit‹. Für Wei war das Bekanntwerden der wahren Fracht der Empress keine Katastrophe, sondern eine Gelegenheit, etwas zu erreichen, was ihm wesentlich wichtiger war als Geld.
    »Der Präsident lässt fragen«, unterbrach Botschafter Wu Nius Gedankenfluss, »ob dir ein konkreter Beweis, zum Beispiel in Form des echten Ladeverzeichnisses, genügen würde, um im Ständigen Ausschuss zu einer Entschärfung der Lage beizutragen. Würde der Ausschuss gestatten, dass die Amerikaner, eventuell zusammen mit der U-Bootbesatzung, an Bord der Empress gehen, oder – eine andere Möglichkeit – würde der Ständige Ausschuss den Konflikt beenden, indem er die Ladung auf eine Art und Weise vernichten lässt, dass für die Amerikaner keinerlei Zweifel mehr an ihrer Zerstörung bestünde? Kurzum, wärst du bereit, so mit unseren Leuten zu arbeiten, wie Präsident Castilla mit seinen daran arbeitet, dieses gefährliche Problem aus der Welt zu schaffen?« Niu zog nachdenklich an seiner Zigarette. Während Wei in der Vergangenheit die Zukunft sah, konnte Niu sehr wohl mit dem Unbekannten leben, mit einer Zukunft, die auf Idealen wie Demokratie und Transparenz basierte. Seine Alternativen waren extrem: Wenn er nicht alles riskierte, würde Wei gewinnen. Riskierte er dagegen alles und gewann, käme Wei, der Wortführer der Falken im Ständigen Ausschuss, durch seine eigenen Machenschaften zu Fall.
    »Hochverehrter?« Der Botschafter machte angesichts von Nius langem Schweigen ein besorgtes Gesicht.
    »Möchtest du eine Zigarette, Botschafter?«
»Ja, bitte. Ich hätte sehr gern eine.« Ein Moment der Dankbarkeit entspannte die besorgte Miene des Botschafters.
    Die zwei Männer rauchten in vertrautem Schweigen.
    Wichtige Entscheidungen durften nicht überstürzt werden.
    »Danke, dass du mir diese Nachrichten überbracht hast«, sagte die Eule schließlich. »Ich habe mit meinem Botschafter eine gute Wahl getroffen. Du kehrst jetzt unverzüglich nach Washington zurück und bestellst Präsident Castilla, dass ich mich für einen vernünftigen Menschen halte, obwohl ich ihn selbstverständlich weiterhin vor den schwer wiegenden Konsequenzen warne, sollte ein Amerikaner versuchen, an Bord der Empress zu gelangen.« Wu drückte seine Zigarette aus und stand auf. »Das wird er verstehen. Ich werde ihm deine Botschaft wortgetreu übermitteln.« Sie tauschten einen entschlossenen Blick. Mit einem leisen Rascheln seines langen Mantels verließ Wu das Zimmer.
    Niu sprang heftig paffend auf und begann wieder auf und ab zu gehen. Die Amerikaner hatten eindeutig noch keine konkreten Beweise für die wahre Natur der Ladung.
    Das war höchst beunruhigend. Ein solcher Beweis war von entscheidender Bedeutung. Niu blieb mitten im Zimmer stehen, machte auf dem Absatz kehrt und ging zum Telefon.
    Er stellte sich an den Schreibtisch und wählte.
    Sobald sich Major Pan meldete, sagte er: »Was haben Sie alles herausgefunden?« Ohne dass man ihn dazu drängen musste, berichtete Pan von dem aufgezeichneten Telefongespräch zwischen Feng Dun und Wei Gaofan. »Nur noch eines der Dokumente mit der wahren Fracht der Empress existiert – es befindet sich in den Händen Yu Yongfus und Li Kuonyis.« Mit angehaltenem Atem drückte Niu seine Zigarette aus. »Aha. Was sonst noch?«
»Ralph McDermid will ihnen zwei Millionen Dollar dafür zahlen.« Er schilderte das bevorstehende Treffen am Schlafenden Buddha.
    Die Eule hörte aufmerksam zu. Sein Verstand arbeitete immer schneller, je mehr sich der Nebel lichtete, der die Situation verhüllte: Das war, was der amerikanische Präsident wollte und was er wollte … ein konkreter Beweis.
    Das wusste Wei Gaofan, und deshalb wollte er das Ladeverzeichnis vernichten. Yu und Li dagegen, das Ehepaar aus Shanghai, waren nur Schachfiguren in diesem Spiel, die verzweifelt um ihr Überleben kämpften. Und schließlich war da noch der

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