Der Altman-Code
reiche amerikanische Geschäftsmann Ralph McDermid, der ebenfalls an einem Konflikt interessiert war, obwohl Niu noch nicht abschätzen konnte, warum und wie weit er ihn eskalieren lassen würde. McDermid war bereit, ein kleines Vermögen dafür zu bezahlen, dass das Dokument nicht den falschen Leuten in die Hände fiel. Die Ratte, die zwischen allen dreien hin und her lavierte, war Feng Dun … er gab zwar vor, für McDermid und Yu Yongfu zu arbeiten, aber letztlich fühlte er sich nur Wei Gaofan verpflichtet.
Feng war Abschaum. Ralph McDermid und Wei Gaofan waren schlimmer. Ihnen allen musste das Handwerk gelegt werden, bevor sie den Kalten Krieg neu entfachten oder einen heißen auslösten.
Niu dachte bereits fieberhaft nach, während er sich Major Pans Bericht zu Ende anhörte. Seine Bereitschaft, ihm nichts mehr vorzuenthalten, verriet Niu, dass er nun endgültig auf seiner Seite stand. In ihrer Kultur war das das größte Kompliment und zugleich die größte Verwundbarkeit.
Konnte er weniger tun? »Ich verstehe, Major«, erklärte Niu. »Vielleicht mehr, als Ihnen bewusst ist. Vielen Dank für Ihre erfolgreichen Bemühungen. Sind Sie schon auf dem Weg nach Dazu?«
»Mein Flug geht in zwanzig Minuten.«
»Dann beherzigen Sie bitte Folgendes: Beobachten Sie das Geschehen weiter und greifen Sie erst ein, wenn es zu Problemen kommt.« Er zögerte nur Sekundenbruchteile, um die Ungeheuerlichkeit des Schrittes abzuwägen, den er zu machen vorhatte. »Falls es zu Problemen kommt, ermächtige ich Sie, Li Kuonyi und Colonel Smith zu helfen. Entweder Colonel Smith oder Sie müssen das Dokument in Sicherheit bringen. Das ist von alles entscheidender Bedeutung.« Das Schweigen war wie ein Atemanhalten. »Ist das ein Befehl, Herr?«
»Betrachten Sie es als solchen. Zeigen Sie meine schriftlichen Anweisungen, wenn es nötig wird. Sie arbeiten nur für mich, und Sie genießen meinen vollen Schutz.« Da. Es war getan. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Nun hieß es, er oder Wei Gaofan – vorwärts in eine unbekannte Zukunft oder zurück in eine untragbare Vergangenheit. Und es lag in den Händen anderer. Er unterdrückte ein Frösteln. Aber es war da. Ein weiser Mann wusste, wem er vertrauen sollte. Dazu Smith erwachte mit einem Gefühl extremer Beengung, als wäre er wie eine Sardine zwischen andere Körper gequetscht. Er griff nach seiner Beretta, setzte sich kerzengerade auf und schwenkte die große Waffe im Schummerlicht hin und her. Dann erinnerte er sich wieder, wo er war. Im Keller, bei den Uiguren. Die Luft war durchdrungen von Körperausdünstungen und warmem Atem, obwohl nur noch ein halbes Dutzend Kämpfer da waren, die alle schliefen. Die anderen, unter ihnen Mahmout, waren verschwunden.
Sein Herz schlug noch heftig, als er die Waffe sinken ließ und auf die Uhr sah. Der grüne Schein des Zifferblatts zeigte 14 Uhr 06 an. Er hatte mehr als neun Stunden geschlafen. Das war ungewöhnlich. Sonst schlief er selten mehr als sieben.
Er stand vorsichtig auf und streckte sich. Seine Muskeln protestierten, aber nicht zu vehement. Die Rippen schmerzten. Sein Gesicht fühlte sich ganz passabel an.
Später würde es wieder zu jucken beginnen, vor allem, wenn er schwitzte. Aber das war nicht weiter tragisch.
Er tappte zur Treppe, stieg nach oben, hob die Klappe an und kletterte durch die Öffnung. Am Fenster des Nebenhauses stand ein neuer Wachposten. In der Küche des Haupthauses auf der anderen Seite des Hofs herrschte rege Betriebsamkeit. Smith unterdrückte seine innere Unruhe und seinen Tatendrang und schlenderte ins Freie.
Auch schlendern war etwas, was er selten tat.
Die Sonne war warm, der Himmel strahlend blau, und durch die Weiden und Pappeln strich ein leichter Wind.
Die Pfefferschoten, die auf der gestampften Erde des Hofes auf Matten zum Trocknen ausgelegt waren, bildeten einen scharlachroten runden Teppich. Ihr stechendes Aroma erfüllte die Luft und erinnerte ihn daran, dass er in Sichuan war, das für seine scharfe Küche bekannt war.
Mahmout saß in der Küche und trank eine Tasse Tee mit Milch, nach englischer Art. Er blickte überrascht auf.
»Sind Sie verrückt? Sie sollten doch noch schlafen.«
»Neun Stunden werden ja wohl genügen«, erwiderte Smith.
»Nicht, wenn neun Stunden für fünf Tage reichen müssen.«
»Ich habe zwischendurch immer etwas Zeit für ein kleines Nickerchen gefunden.«
»Entsprechend ausgeruht sehen Sie auch aus. Richtig proper. Schauen Sie sich mal im Spiegel an. Mit
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