Der Altman-Code
argwöhnisch.
»Die Lagerinsassen müssen die Skulpturen in regelmä
ßigen Abständen reinigen und reparieren. Weil ich mich für sie interessierte, durfte ich manchmal mitkommen.
Einfach nur aus dem Grund, dass sie es geschafft haben, lange am Leben zu bleiben, behandelt man alte Menschen in der chinesischen Kultur mit besonderer Hochachtung, selbst wenn sie Gefangene sind.« Endlich hielten die drei Fahrzeuge unter einer Baumgruppe an. Die Uiguren sprangen sofort nach draußen und machten sich daran, die Autos mit Zweigen zu tarnen. Thayer ging herum und vertrat sich die Beine. Chiavelli begleitete ihn und behielt ihn scharf im Auge.
»Wir müssen weiter«, sagte Smith schließlich zu den beiden und gab Chiavelli die Schlüssel des Lincoln.
»Mahmout hat den Weg zum Versteck aufgeschrieben.
Wenn wir bis Tagesanbruch nicht zurück sind, müssen Sie Dr. Thayer allein dort hinbringen.«
»Kein Problem. Und wie soll es dann weitergehen?«
»Mahmouts Schwester Alani wird Sie beide zur Grenze befördern.«
»Verstehe. Viel Glück.« Nachdem sich die beiden Männer in stillschweigendem Einverständnis kurz angesehen hatten, führte Chiavelli Thayer zum Auto.
Als sie einstiegen, bekam Thayers Stimme plötzlich etwas Unsicheres. »Kennen Sie meinen Sohn eigentlich, Dennis? Was können Sie mir über ihn sagen?« Chiavellis Antwort ging im Schlagen der Türen unter.
Die Uiguren waren mit dem Tarnen der Limousine fertig. Ausgerüstet mit Waffen, Taschenlampen und Landkarten zogen sie unter Mahmouts Führung auf einem dunklen, halb zugewucherten Pfad los. Der fruchtbare Geruch wildwuchernder Vegetation war allgegenwärtig. Einer der Uiguren war bereits bei der Grotte gewesen und berichtete, was er dort gesehen hatte. Mahmout dolmetschte für Smith. Während sie schließlich, die üblichen Zugangswege meidend, im Gänsemarsch den Berg hinaufstiegen, passten alle auf, dass sie nicht auf lose Steine traten und stolperten oder gegen Felsen im Gestrüpp stießen.
Als das Gelände wieder flacher wurde, sagte Smith zu Mahmout: »Wenn wir zum Schlafenden Buddha kommen, machen wir unter den Bäumen schräg über der Figur Halt.«
»Von jetzt an bestimmen Sie, Jon.«
»Wir postieren uns so, dass wir jeden sehen können, der die Treppe vom Eingang herunterkommt oder sich vor dem Buddha aufhält. Meine Informationen stimmen mit Dr. Thayers Angaben überein – zwischen den Skulpturen und Statuen gibt es zahlreiche Versteckmöglichkeiten. Das erschwert uns die Sache. Verteilen Sie Ihre Männer so, dass wir möglichst viel von der Grotte im Auge haben.«
»Hört sich nicht ganz einfach an«, bemerkte Mahmout trocken. »Wie viel Zeit haben wir?«
»Das lässt sich nicht sagen. Das ›Treffen‹ könnte erst bei Tagesanbruch stattfinden.«
»Das Tageslicht käme uns nicht entgegen. Wenn Sie das Dokument aus China rausschaffen wollen, sollten wir bei Sonnenaufgang möglichst schon auf halbem Weg zur Grenze sein.«
»Ich rechne damit, dass die Bombe lange zuvor hochgeht. Auch für die anderen ist das Tageslicht nicht gerade von Vorteil.« Sie gingen schweigend weiter. Inzwischen führte der Weg nach unten. Wie Thayer angekündigt hatte, waren sie plötzlich von üppiger Vegetation umgeben. Der drei Viertel volle Mond schien auf die Spitzen der Bäume und Büsche und bildete darunter undurchdringliche schwarze Schatten. Vor ihnen wartete der Schlafende Buddha. Bei ihm sollte Smith noch einmal auf Feng Dun und Li Kuonyi treffen. Dort sollte die Mission, so oder so, ihr Ende finden. Arabisches Meer Der Kommunikationsoperator wandte sich von der Funkanlage ab. »Es ist die Shiloh , Sir. Sie wollen unsere genaue gegenwärtige Position und unsere voraussichtliche Position in zehn Stunden.« Lt. Commander Frank Bienas beugte sich über den Funker. »Schicken Sie ihnen die jetzigen Koordinaten. Inzwischen werde ich die voraussichtlichen berechnen. Aber sagen Sie ihnen, zehn Stunden genügen nicht.« Bienas setzte sich und machte sich mit der Karte an die Arbeit. Der Funker schickte die Nachricht des Ersten Offiziers an den Kreuzer ab und lehnte sich zurück, um auf die Antwort zu warten. Seine Wache ging zu Ende, und er streckte seine schmerzenden Glieder. Bienas wurde mit der Berechnung des voraussichtlichen Kurses fertig und schüttelte besorgt den Kopf.
Der Funker lauschte in seine Kopfhörer. Dann rief er über die Schulter: »Die Shiloh meint, schneller als in zehn Stunden schaffen sie es auf keinen Fall. Sie machen sowieso schon volle
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