Der Altman-Code
Fahrt.«
»Sagen Sie ihnen, bis dahin sind wir schon im Golf, und das wäre viel zu riskant. Entweder sie sind in weniger als sechs Stunden hier, oder sie können genauso gut wieder umdrehen und Plätzchen backen.« Dann verkündete er besorgt: »Wenn mich jemand braucht, ich bin auf der Brücke.« Er ging nach oben auf das dunkle Deck und hoch zur Brücke, wo Commander Chervenko vor einer Stunde übernommen hatte.
Als Bienas die Brücke betrat, war Chervenkos Nachtglas auf die fernen Positionslichter der Dowager Empress gerichtet.
»In der letzten Stunde hat sie einen Knoten zugelegt.
Wie ein Hund, der sein Zuhause riecht.«
»Die Shiloh sagt, zehn Stunden«, meldete Bienas.
Chervenko drehte sich weder um noch ließ er das Fernglas sinken. »Brose hat alles versucht. Das Problem ist, die Fünfte Flotte ist zu weit im Süden, und wir entfernen uns von ihnen. Sie erreichen uns auf keinen Fall rechtzeitig.«
»Sie hätten sowieso nicht viel tun können, was wir nicht auch können«, erklärte Bienas. Er klang entschlossen und optimistisch.
»Außer dass die Shiloh doppelt so imposant aussieht.« Der Kapitän sah die Sache realistisch. »Was macht das U-Boot?«
»Bleibt auf Kurs. Hastings sagt, er fängt Geräusche auf, die sich anhören, als würden sie sich auf einen Angriff vorbereiten. Aktivitäten im vorderen Torpedoraum.«
»Sie wissen, dass wir kurz vor dem Showdown stehen, Frank. Wir dürfen die Empress nicht in den Persischen Golf entkommen lassen. Dort wären wir anfällig für landgestützte Luftangriffe, Torpedoboote und was weiß ich noch alles. Schließlich weiß kein Mensch, wer sich plötzlich noch alles einmischen will. Teheran könnte auf die Idee kommen, auch ihre Interessen würden verletzt, und dann ginge es erst richtig los.« Bienas nickte finster. Er stand neben dem Kommandanten des Schiffs und spähte durch die Nacht auf die Positionslichter vor ihnen, während beide Schiffe immer weiter einem Konflikt entgegendampften.
Dazu »Da ist er.« Mahmouts Stimme war leise, aber voll ungewohnter Ehrfurcht.
Er und Smith blieben im Unterholz unter dem dichten Blätterdach der Bäume stehen. Sie hatten eine Lichtung erreicht, die schräg oberhalb des Schlafenden Buddha am Berghang lag. Zwar konnten sie nicht die ganze Anlage überblicken, die sich über mehrere hundert Meter erstreckte und aus Tausenden im Kerzen-und Mondlicht schimmernden Skulpturen bestand, aber der bemalte Schlafende Buddha selbst und die Figuren in seiner unmittelbaren Umgebung lagen in einem atemberaubenden Panorama vor ihnen.
Auch die anderen Uiguren blieben staunend stehen.
Der riesige Schlafende Buddha lag mit dem Rücken zum Felsen in der Mitte der rechten Seite der hufeisenförmigen Wand. Die über dreißig Meter lange und fast sechs Meter hohe Figur stellte Prinz Sakyamuni dar, der beim Eintritt ins Nirvana den Schlaf des Erleuchteten schläft.
Daneben wirkte die Prozession lebensgroßer Statuen von Bodhisattvas und Beamten mit zeitgenössischen Kopfbedeckungen, die direkt vor dem Buddha vorbeizogen, fast winzig. Von der Witterung, wie David Thayer es beschrieben hatte, nur durch einen Felsüberhang geschützt, war der zeitlose Schlafende Buddha in seiner vollen Grö
ße zu sehen.
Die Stelle, an der sie Halt gemacht hatten, war gut geeignet, um sich auf die Lauer zu legen. Nachdem Smith und Mahmout die Uiguren im Unterholz hatten ausschwärmen lassen, bezogen sie selbst dicht beieinander Stellung, um leichter ihre Befehle erteilen zu können.
Unter einem Baum traten sie ihre Wache an, von der sie nicht wussten, ob sie lang oder kurz ausfallen würde.
Smith versuchte, nicht zu viel Aufregung bei sich aufkommen zu lassen. Er hatte schon mehrere Male dicht davor gestanden, das Ladeverzeichniss in seinen Besitz zu bringen, hatte es aber nie ganz geschafft. Jetzt würde er keine weitere Chance mehr bekommen. Er versuchte, ein angespanntes Schaudern zu ignorieren und prägte sich die Anordnung der einzelnen Skulpturen sorgfältig ein.
Schließlich wollte er das Panorama genau im Kopf haben, wenn eine der beiden Parteien eintraf und sich versteckte.
Diesmal durfte er sich keine Fehler erlauben.
Um das steinerne Halbrund zogen sich mehrere Grotten mit aus dem Fels gehauenen Figuren. Die dunklen Öffnungen der Höhlen bewachten Steinstatuen. Die meisten Skulpturen waren durch niedrige lackierte Eisengitter von den Besucherscharen getrennt, die am Morgen eintreffen würden. Aber noch war niemand zu sehen, keine
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