Der Amboss der Sterne
Sache.«
Je eine Saite von Eye on Sky und Silken Parts hatten sich abgetrennt, um Schach zu spielen. Beide, so wie Jennifer, George Dempsey und Donna Emerald Sea sahen ihnen zu.
Jennifers Augen waren groß und ihre Wangen eingefallen. Sie schlief unruhig und niemals mehr als eine Stunde, wie Erin berichtete, bis sie ruckartig und bisweilen mit einem kleinen Schrei erwachte.
»Was haben die Killer euren Leuten angetan, als sie kamen?« fragte Ariel Dry Skin/Norman. Er war bis jetzt der einzige Bruder, der einen menschlichen Namen angenommen hatte, und schien am ehesten bereit zu sein, über die Geschichte der Brüder zu sprechen.
»Wir waren im Weltraum, trieben Handel zwischen den Welten, alle erfuhren es, als unsere Monde erobert und die Planeten injiziert wurden. Der Tod kam schnell. Wir flohen allein. Die Wohltäter fanden uns und lehrten uns das Gesetz.« Norman schlängelte sich etwas und sandte ein Aroma von Mandeln und Terpentin aus – großer Kummer. Darüber sprach kein Bruder gern.
»Soviel wissen wir«, sagte Ariel. »Aber haben sie versucht, sich zu verstecken und mit euch zu… spielen?«
Norman stieß plötzlich mit dem Kopf gegen das projizierte Schachbrett, und die in tiefe Konzentration vertieften Saiten zuckten zusammen, klapperten erregt mit ihren Klauen und fuhren fort. Norman sagte: »Keine Täuschung, kein Falschspiel.«
»Ich möchte wissen, warum?« fragte Ariel.
George Dempsey ergänzte: »Warum sie mit uns Katz und Maus spielten und mit euch nicht?«
»Vielleicht haben sie unsere Art schon früher getroffen und wußten genug über uns«, mutmaßte Norman.
»Ihr wart stärker und weiter entwickelt als wir«, sagte Cham. »Ihr seid tatsächlich von ihnen losgekommen.«
»Aber wir hassen dies ebenso wie ihr«, sagte Norman.
Dies war das erste Mal, daß Martin einen Bruder von Haß sprechen hörte. Sein Gesicht errötete, und sein Herz raste bei diesen Worten. Menschen waren in ihren Leidenschaften nicht allein. »Wir sind Partner und haben die gleichen Empfindungen.«
»Saiten haben keinen Haß vor Abstraktionen«, erklärte Norman. »Wir alle müssen jetzt ihrem Beispiel folgen. Sie spielen besser Schach und kennen weder Wut noch Haß. Vereint sind wir in mancher Hinsicht schwächer.«
»Haß ist Stärke«, versicherte Cham. »Das ist es, was wir fühlen. Ohne dies zu hassen… ohne sie zu hassen…« Er fletschte die Zähne wie ein Wolf vor dem Bild auf dem Schirm. »Laßt uns Haß nicht unterschätzen!«
Norman schwankte vor und zurück und verbreitete einen Geruch wie brennender Zucker und gemähtes Gras. »Ich glaube, in euch ist eine Stärke, über die wir nicht verfügen. Ich sage diese Gedanken nie anderen, weiß aber, daß sie uns bekümmern.«
Paola fragte ihn in grober akustischer Brudersprache. Sie strengte ihre Stimme an, um die kratzigen Geräusche und Pfiffe hervorzubringen.
»Norman sagt, er denkt, wir hätten uns in ihrer Lage besser verhalten. Unsere Literatur führt ihn zu der Annahme, daß wir im Zorn besser sind. Besser beim Töten.«
»Ich hoffe, daß wir von euch lernen können«, sagte Norman.
»Ich denke, daß unser aller Aggression ausreicht«, sagte Eye on Sky und sah zu, wie seine Saite einen holographischen Läufer diagonal über drei Felder zog.
»Wie wäre es mit Namen für diese… diese Kreaturen oder Wesen oder was auch immer?« fragte Donna und brach die unbehagliche Stille, die eingetreten war. »Ich habe einen dafür.«
»Welchen?« fragte Paola.
»Bischofsgeier«, sagte Donna. »Ein scheinheiliger Diplomat und Aasfresser. Von der Farbe übler Kotze.«
»Hoppla!« sagte George Dempsey.
Nach einer Abwesenheit von ein paar Stunden kam Jennifer auf die Brücke, blickte auf das laufende Schachspiel, wandte sich zu Martin und projizierte mit ihrem Handy eine Reihe von Tabellen.
»Sie können falsche Lichtwege projizieren«, sagte sie. »Sie können auf Milliarden Kilometer Materie in Antimaterie umwandeln – vielleicht bis zu unserer Mofixgrenze und noch weiter –, und sie können Neutroniumbomben entschärfen. Das haben sie alles oder wünschen, wir sollten denken, daß sie das alles hätten.«
»Hast du das mit Giacomo erarbeitet?«
»Und mit den Gehirnen der Schiffe.«
»Dann können wir nichts gegen sie ausrichten.«
Menschen und Brüder verstummten.
Jennifer drehte sich mit steifen Schultern um und sah ihre Mannschaftskameraden mit um Entschuldigung bittender Miene an. Sie sagte: »Es tut mir leid. Vor dem Blackout ist dies
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