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Der Amboss der Sterne

Der Amboss der Sterne

Titel: Der Amboss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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bemerkte er ohne Überzeugung.
    »Du meinst, sie ist… Wir wollen nicht sagen hysterisch«, sagte Theresa. »Dies Wort hat die falschen sexuellen Nebenbedeutungen. Sagen wir: überanstrengt. Sie hat sich in etwas hineingesteigert. Ist es das, was du meinst? Sei kein Heuchler, Martin! Nicht mit mir.«
    Martin schnitt eine Grimasse. »Wenn ich sagte, was ich denke, könnten wir beide zu falschen Schlußfolgerungen kommen. Es gibt Hinweise, ist aber nicht sicher. Vielleicht hat sie einen Lichteffekt gesehen. Etwas, von dem wir nichts wissen.«
    »Frag die Kriegsmutter!« schlug Theresa vor.
    Das war ein naheliegender erster Schritt. Er sagte: »Rosa sollte fragen. Sie glaubte etwas gesehen zu haben. Sie soll es tun.«
    Theresa drückte ihre beiden Zeigefinger aneinander und bog sie zurück, bis sie senkrecht zum Gelenk standen – eine gelegentliche Geste, die Martin faszinierte. »Eine gute Idee. Glaubst du, daß sie Ruhe bewahren wird?«
    »Sie hat nicht viele gute Freunde.«
    »Armer Martin! Du liegst auch auf der Lauer.«
    Martin nahm die Hände von den unmarkierten Wänden. »Stimmt«, sagte er.
    »Vielleicht Ariel…«, sagte Theresa. »Sie scheint die einzige Freundin zu sein, die Rosa hat.«
    »Wir sind alle Freunde«, sagte Martin.
    »Du weißt, was ich meine. Stell dich nicht so dumm!«
    Theresa wurde, je länger ihre gemeinsame Zeit währte, immer kritischer und kritischer, aber auf eine sanfte Art, die Martin zu gefallen begann.
    Es gab Dinge, die er nicht direkt aussprechen konnte, auch nicht vor Theresa. Eine wachsende Angst. Rosa drückt es auf ihre Weise aus. Ich wünschte fast, ich könnte ebenso direkt sein.
     
    In dem zentralen Licht des Schulzimmers betrachtete die Kriegsmutter Martins Bericht. Sie waren in dem großen Raum allein. Martin stand, und die Mutter schwebte, beide in einem hellen Lichtstrahl. Die Türen waren geschlossen. Niemand sonst konnte sie hören. Rosa hatte sich geweigert, zur Kriegsmutter zu gehen, und schien wegen der diesbezüglichen Bitte gekränkt zu sein. Und unvermeidlicherweise hatte sich die Kunde von ihrem Erlebnis verbreitet.
    Die Kriegsmutter sagte: »In dem Schiff ist kein solches Phänomen bemerkt worden.«
    »Rosa hat also nichts gesehen?«
    »Was sie sah, tritt für unsere Sinne nicht in Erscheinung«, sagte die Kriegsmutter.
    »Ist es möglich, daß wir an Bord des Schiffs etwas sehen könnten, etwas von objektiver Realität, das ihr nicht bemerken würdet?«
    »Die Möglichkeit liegt sehr fern.«
    »Dann ist es ein psychologisches Problem«, sagte Martin. Und daran wollt oder könnt ihr nichts tun.
    »Es ist deine Sache, zu entscheiden.«
    Martin nickte, weniger erregt durch eine solche Haltung, als er es vor ein paar Wochen noch gewesen wäre. Anstelle eine Schnittstelle mit dem Schiff zu liefern, taten die Mütter jetzt wenig. Er konnte direkte Anweisungen erlassen, direkte Antworten fordern; aber kritische Urteile von ihren früheren Lehrern gab es nicht. Das war Unabhängigkeit und Verantwortung.
    »Der Streß ist gewaltig. Wir trainieren tagein, tagaus. Die Übungen gehen gut voran, und jeder tut seinen Job. Niemand fehlt mehr, nicht einmal Rosa. Aber mir gefällt nicht, wie die Kinder auf das reagiert haben, was Rosa… gesehen haben will. Eine Vision. Sie waren fasziniert davon.«
    Die Kriegsmutter sagte nichts.
    »Es hat seither nicht viel Gerede gegeben, aber es macht mir Sorge.«
    Die Kriegsmutter erwiderte nichts. Martin schaute auf die schwarze und die weiße Farbe auf ihrem Nicht-Gesicht. Er wollte hinlangen, wenigstens einmal, tat es aber nicht.
     
    Die zehnte Schiffstrennungs-Übung ging glatt wie der erste. Im Bug projizierte Martin das Schema der Vorbereitungen zur Behandlung der Dämmerungsgleiter. Paola, Hans und Joe rückten näher heran, um es von seinem Handy aus zu beobachten, was irgendwie spezieller war, als es durch ihr eigenes Gerät zu sehen.
    Das Bild der sich verändernden Dämmerungsgleiter ragte im Korridor empor, ein lebendiger Geist in drei Dimensionen. Das Schiff hatte sich zusammengezogen. Die Hälse waren kürzer geworden, Heck und Bug stumpfe Knubbel; Einbuchtungen schnitten in die zweite Heimkugel ein wie bei den Zellteilungen einer Keimblase. Auch die dritte Heimkugel zeigte Vertiefungen. Eine beschriftete Portion des zweiten Halses war mit einer Orangenscheibe der zweiten Heimkugel verbunden.
    Die Triebwerke würden in zwei Einheiten zerlegt werden, deren Größen proportional zu Schildkröte und Hase waren. Die Hase

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