Der Amerikaner - The American
und die Skyline von Washington verschwand hinter ihm in der Dämmerung. Seine Entscheidung war gefallen, er würde nicht abspringen. Er hatte schon zu viel harte Arbeit investiert, um jetzt alles hinzuschmeißen. Man musste viel guten Willen aufbringen, um daran zu glauben, dass die Frau sich tatsächlich
umgebracht hatte, bevor sie etwas ausplaudern konnte, aber ihm blieb nichts anderes übrig, da er zu viel zu verlieren hatte.
Hinter ihm lag ein erfolgreicher Tag. Einmal mehr würde er über Leben und Tod entscheiden, diesmal über das Schicksal eines Mannes, der eigentlich schon vor Jahren auf einem syrischen Hügel hatte sterben sollen.
Nach Katies hastigem nächtlichen Aufbruch aus dem Hay-Adams hatte Kealey sich diesmal für ein sehr viel bescheideneres Hotel am Stadtrand von Alexandria entschieden und bar im Voraus bezahlt. Dann hatte er erfahren, dass der Fall Elgin praktisch schon erledigt war, auch wenn die Reporter noch eine Story aus ihm herausholen konnten, wenn sie ihn fanden. Er war körperlich und seelisch erschöpft. Der permanente Stress und die Auseinandersetzung mit Harper, die noch nicht ausgestanden war, hatten ihn schwer mitgenommen.
Was seine weitere Laufbahn bei der CIA anging, machte er sich keine Illusionen, aber er respektierte Harper und zählte ihn zu seinen Freunden. Deshalb störte es ihn, dass er Langley verlassen hatte, ohne den Riss zu kitten, der sich zwischen ihnen aufgetan hatte.
Nachdem er den BMW im letzten Tageslicht vor dem Hotel geparkt hatte, blieb er noch einen Augenblick sitzen. Er atmete tief durch, schloss die Augen und dachte darüber nach, wie sein Leben wohl aussehen würde, wenn diese Geschichte ausgestanden war. Der Job an der Universität in Orono war nicht übel, vielleicht etwas langweilig, doch damit konnte er leben. Vielleicht würde er sich stärker engagieren und zusätzliche Veranstaltungen anbieten. Möglicherweise würden sie auch umziehen, in die Nähe von Washington, wie Katie es kürzlich vorgeschlagen hatte, aber er wusste nicht, wie ernst es ihr damit gewesen war.
Sie waren frei und konnten überall hinziehen. Er besaß ein ansehnliches Vermögen, das er zum überwiegenden Teil von seinem Großvater mütterlicherseits geerbt hatte. Er versuchte, nicht damit zu protzen … Da waren der dicke BMW und die kostspieligen Hotels, doch das Haus auf Cape Elizabeth, in dem er sich vielleicht einst zur Ruhe setzen würde, war zwar komfortabel, aber keineswegs extravagant. Der Verlobungsring für Katie war bei weitem die teuerste Anschaffung des letzten Jahres gewesen.
Er war nicht geizig, und es gab so viele Orte, die er mit ihr besuchen konnte.
Er stieg aus dem Wagen, betrat das Hotel und ging zu ihrem Zimmer. Vielleicht wäre es gut, zumindest für eine Weile zu verschwinden. Er fragte sich, wie sie über eine Heirat an einem Strand am Mittelmeer denken würde, und ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er sich ihre Reaktion auf diesen Vorschlag vorstellte. Plötzlich konnte er es gar nicht abwarten, sie zu fragen.
Als er das Zimmer betrat, empfing ihn Stille. »Katie?« Keine Antwort.
Sein Blick fiel auf das Bett, auf dem ihre gepackten Sachen lagen. Da trat sie aus dem Badezimmer und blieb wie angewurzelt stehen, als sie ihn sah. Ihre Miene sagte alles.
Es ist deine Schuld, flüsterte eine Stimme in seinem Inneren. Du hast ihr wochenlang zu wenig Zeit geschenkt und hättest damit rechnen müssen.
Trotzdem musste er sie fragen. »Was hast du vor? Stimmt was nicht?«
Sie antwortete nicht sofort, da sie erst Mut sammeln musste, doch dann trafen ihn ihre Worte wie eine Ohrfeige. »Ich reise ab, Ryan. Ich kehre nach Maine zurück.«
Er hatte es kommen sehen, natürlich, doch das machte es nicht leichter. »Warum?«
Statt einer Antwort zwängte sie die letzten Kleidungsstücke in ihre Reisetasche.
»Bitte, Katie, warte noch einen Augenblick …«
Sie hielt inne und blickte ihn an. Obwohl sie ein Stück entfernt stand, sah er, dass sie sich Mühe geben musste, nicht in Tränen auszubrechen.
»Warum willst du abreisen?«
»Warum?«, fragte sie mit ungläubiger Miene, in der sich zugleich auch Zorn, Enttäuschung und Verletzung spiegelten. »Ist die Frage wirklich ernst gemeint, Ryan? In den letzten paar Tagen habe ich dich kaum gesehen, und ich muss immer daran denken, ob du dich in Gefahr begibst und ob es dir gut geht. Hast du eine Ahnung, wie schwer das ist? Erinnerst du dich überhaupt noch, warum ich ursprünglich hergekommen
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