Der Amerikaner - The American
Frau? Sie musste doch wissen, dass er ihr nie erlauben würde, das Telefon in die Finger zu bekommen.
Sie war sehr viel stärker als erwartet, aber schließlich konnten keine Zweifel mehr bestehen, dass sie aufgegeben hatte. Vor zehn Minuten hatte sie nur noch Mitleid erregende Schluchzer von sich gegeben, jetzt hörte man sie praktisch gar nicht mehr. Das Licht in ihren sanften braunen Augen begann bereits zu erlöschen.
Nachdem die NSSE-Klassifizierung des Staatsbesuchs vom Nationalen Sicherheitsrat abgesegnet worden war, wurde in der Gegend um die Water Street umgehend mit der Arbeit begonnen.
Um den Jachthafen herum wurde ein Zaun errichtet, von einer Firma, deren fünfundzwanzig Vollzeitbeschäftigte gründlich vom Vorausteam des Secret Service überprüft worden waren, das auch sonst schon sehr aktiv war. Die Sequoia wurde von oben bis unten nach Waffen und Sprengstoff durchsucht, außerdem wurde eine Überprüfung aller Anwohner angeordnet, die in den Häusern am Wasser lebten.
Nach einer hitzigen Debatte wurde beschlossen, dass sich das Weiße Haus um die Verteilung von Besucher- und Presseausweisen für das Ereignis kümmern sollte. Zugang zur Präsidentenjacht sollten nur wenige ausgewählte Berater der Staatsgäste haben, deren Fotos, Fingerabdrücke und Lebensläufe per Diplomatenpost von Paris und Rom aus an die Chefin des Vorausteams geschickt worden waren. Sie studierte die Fotos und sorgte dafür, dass auch ihre Leute sie sahen, die danach sofort wieder an ihre Arbeit gingen.
Seine Konstruktion war auf dem Betonboden ausgebreitet, denn Vanderveen hielt einen Test für absolut unumgänglich. Durch die Schiebetür fiel das Licht der spätnachmittäglichen Sonne, und er studierte das Ergebnis der Arbeit, die ihn fast den ganzen Vormittag gekostet hatte.
Von der Batterie gingen zwei Stränge blanken Kupferdrahts aus, die an den Anschlüssen des Schalters wieder zusammenliefen. Ein Kabelführungsrohr würde sie gegen das Metall des Lieferwagens isolieren; hier war das nicht nötig, da der Beton den gleichen Zweck erfüllte. Hinter dem Schalter verlief der Draht wieder in zwei Strängen bis zu dem etwa drei Meter entfernten Handy, dessen Gehäuse geöffnet war. Von da an erinnerte das Ganze an eine Leiter, und auf jeder der vier Sprossen lag ein zweieinhalb Kilo schwerer Sandsack, in dem sich je ein Zünder vom
Typ Nr. 6 verbarg. Eigentlich hatte er Modell Nr. 8 haben wollen - diese seismischen Zündkapseln waren mit ihren acht Gramm PETN effektiver als die vom Typ 6 und würden zudem auch in feuchter Umgebung sicherer funktionieren. Aber er war mit seinem Material zufrieden und sicher, dass auch diese Zünder ihren Zweck erfüllen würden.
Trotzdem war er keinerlei Risiko eingegangen. Am Morgen hatte er mit dem digitalen Amperemeter zunächst den Widerstand jedes einzelnen Zünders bestimmt. Es waren etwa 1,9 Ohm pro Zündkapsel und knapp über zwei Ohm für den Schalter.
Die Berechnung dazu war in seinem Kopf aufgetaucht wie eine plötzliche Windbö an einem ruhigen Sommertag. Der Kehrwert von der Summe der reziproken Einzelwiderstände ergab den Gesamtwiderstand der Schaltung von 0,384 Ohm. In einem Parallelschaltkreis ist der Gesamtwiderstand immer kleiner als der Widerstand der einzelnen Komponenten. Zwölf Volt, geteilt durch diesen Wert, errechnete den durch die Schaltung fließenden Gesamtstrom: 31,26 Ampere. Das ergab einen Strom von ein bisschen über 6,31 Ampere, der über jeden Zünder floss. Als er mit dem Amperemeter die Berechnung überprüfte, gestattete er sich ein kleines Lächeln über die auf dem LCD-Display erscheinenden Zahlen. Alles war perfekt.
Ihm war klar, wie gefährlich eine Testzündung sein konnte. Selbst jetzt, da nichts Brisanteres im Spiel war als die vier Zündkapseln, ergriff er die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen.
Schließlich musste er nicht die Detonation, sondern nur ihre Auswirkungen sehen.
Er stand hinter dem Econoline-Lieferwagen und zog das zweite Handy aus der Tasche, in dessen Schnellwahlspeicher die Nummer des ersten Mobiltelefons abgelegt war. Obwohl nichts Wichtiges passieren würde, ging sein Atem etwas schneller als
gewöhnlich. Sein Finger lag bereits auf dem Knopf. Staubpartikel trieben im Licht der letzten Sonnenstrahlen.
Nicole Milbery gab keinen Laut mehr von sich. Warum nicht? Als er um die Ecke des Lieferwagens spähte, fiel ihm auf, dass er seit mindestens zwanzig Minuten keine Bewegung mehr gehört hatte. Sie musste gestorben
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