Der Amerikaner - The American
Sandwiches und Kaffee holen, während der Gast Wände, Decken und Türrahmen untersuchte. Besonders eingehend überprüfte er, mittels welcher Konstruktion der Balkon an dem Gebäude angebracht war.
Nach mehrstündiger Inspektion hatte sich der Besucher auf eine Säule mit einem Durchmesser von einem Meter zwanzig konzentriert, die halb in die Wand eingelassen war. Bisher nicht gerade begeistert von der Vorwölbung in seinem Wohnzimmer, lauschte Shakib dem Besucher, der ihm die tragende Funktion der Säule aus Marmor und Stein und ihre Bedeutung für die drei Stockwerke darüber erklärte. Dann erläuterte er die Eigenschaften von Semtex H, dem erforderlichen Sprengstoff.
Shakib hatte die Informationen aufmerksam aufgenommen und den Besucher nur selten unterbrochen. Obwohl der Amerikaner keine Ahnung vom Islam hatte, nötigte ihm sein technisches Wissen ein gewisses Maß an Respekt ab. Shakib bewunderte Professionalität, und die monatelangen Vorbereitungen waren auf diesen Augenblick hinausgelaufen.
Die Zeit war gekommen.
Vor dem Gebäude beschimpften Reporter die Polizisten, als diese die Absperrung zurückverlegten. Die aggressiven Stimmen heizten die ohnehin gespannte Atmosphäre zusätzlich an. Weitere Barrieren wurden errichtet, weitere Sicherheitskräfte davor postiert. Luke Hendricks hielt in beiden Händen ein Mobiltelefon und gab Befehle an seine Untergebenen durch.
Auch Kealey und Kharmai waren von den Beamten zurückgedrängt worden, sodass sie sich jetzt vor der Absperrung befanden,
fast so weit entfernt wie die Journalisten. Kealey ging alles viel zu schnell. Er würde erst erleichtert aufatmen, wenn Shakib mit Handschellen am Boden lag. Instinktiv sah er sich nach einer Stelle um, wo er notfalls in Deckung gehen konnte, und sein Blick fiel auf den großen Transporter, der nur ein paar Schritte entfernt stand.
Hoch über ihm sprach ein Scharfschütze vom Hostage Rescue Team des FBI in sein Headset. »Hier Sierra Three. Die Balkontür steht offen, over .«
Die Blicke der Sicherheitskräfte am Boden richteten sich umgehend nach oben. Hendricks griff nach seinem Funkgerät und trat ein paar Schritte zur Seite. »Hier Einsatzleitung. Haben Sie ihn im Visier?«
»Ja.«
»Okay, halten Sie sich bereit. Wir müssen …«
»Moment«, unterbrach der Scharfschütze. »Er hält irgendwas in der Hand. Ich kann nicht erkennen, was …«
Während Hendricks sich fragte, was es sein könnte, spulten sich vor seinem geistigen Auge mehrere Szenarios ab, und als er beim schlimmsten angelangt war, brüllte er in sein Funkgerät: »Sierra Three, abdrücken. Wiederhole, sofort abdrücken !«
Special Agent Mark Silverstein schaute durch das auf seinem Remington-700P-LTR-Gewehr montierte Leopold-Vari-X-Zielfernrohr. Der über das Dach fegende kalte Wind zerrte an seinen Nerven, aber er hatte das Zielfernrohr schon richtig eingestellt. Jetzt konnte er sich nur noch auf seine gute Ausbildung verlassen. Auf diese kurze Distanz hatte er sich für einen Kopfschuss entschieden. Er war überrascht, dass Shakib in seine Richtung lächelte, als sich sein Finger um den Abzug legte.
Als die Kugel in Michael Shakibs Kopf schlug, betätigten seine im Todeskampf zuckenden Finger den elektrischen Zünder in seiner rechten Hand. Vielleicht hätte es anders kommen können, aber seine Faust war fest zusammengedrückt. Der Stromkreis, den sein Besucher vor weniger als zwei Wochen umsichtig erdacht hatte, war endlich geschlossen.
Noch bevor Hendricks den Feuerbefehl gab, drängte sich Ryan Kealey, Kharmai hinter sich herziehend, schon durch die Menge von Agenten und Polizisten, die alle zum siebten Stock des Gebäudes emporblickten. Er rief Hendricks zu, die Gegend evakuieren zu lassen, und brüllte in Richtung der Journalisten und Schaulustigen, sie sollten sich sofort zu Boden werfen. Doch da war ihm schon klar, dass sich nichts mehr ändern ließ. Er schleifte Kharmai weiter in Richtung des Transporters, den Blick auf die offene Hecktür gerichtet.
Weit über den Köpfen der Umstehenden schlug ein greller Blitz aus dem Gebäude, unmittelbar gefolgt von einer ohrenbetäubenden Explosion, die die Marmorsäule in Stücke sprengte. Da die Menge durch den Blitz geblendet war, blieb es den meisten glücklicherweise erspart, den Anblick der kollabierenden Hauswand ertragen zu müssen.
Luke Hendricks war zum Zeitpunkt der Explosion abgelenkt, denn sein Blick folgte einer Gestalt, die sich einen Weg durch die Menge
Weitere Kostenlose Bücher