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Der Amerikaner - The American

Der Amerikaner - The American

Titel: Der Amerikaner - The American Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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Kealey. Ryan Thomas Kealey.«
    Die Schwester blickte auf ihre Liste und schüttelte den Kopf. »Den Namen sehe ich hier nicht.« Katie spürte, wie ihr Herz sank, doch es gab auch einen Funken Hoffnung. Vielleicht war er gar nicht am Tatort gewesen. Aber wenn es ihm gut ging, warum hatte er dann nicht angerufen? Das alles ergab einfach keinen Sinn … »Moment, ich frage noch mal nach.« Als die Schwester sich umwandte, um einen vorbeieilenden Chirurgen zu fragen, schloss Katie die Augen.
    »Katie?«
    Als sie die Lider öffnete, sah sie ihn in der Tür stehen, mit einem Verband über der linken Gesichtshälfte. Die Lederjacke war zerrissen, Jeans und Handrücken waren blutbefleckt. Er hatte nicht angerufen … Es war egal, denn er stand vor ihr, lebend. Sie hielt die rechte Hand vor den Mund und streckte ihm die andere entgegen, während Tränen über ihre Wangen liefen.
     
    »Dann ist Ihnen und Kharmai also nichts passiert?«, fragte Harper.
    Kealey stand in einer unbequem engen Telefonzelle, den Hörer ans Ohr gepresst. Er hatte das Krankenhaus einfach für eine Weile verlassen müssen. Als er sich an der Wand der Telefonzelle den verwundeten linken Arm stieß, erinnerte ihn der stechende Schmerz daran, dass er noch lebte.
    »Wir werden schon wieder auf die Beine kommen«, antwortete
er. »Von sehr vielen anderen Menschen kann man das nicht behaupten. Kharmais rechter Arm hat ziemlich was abbekommen. Für mich sah das gar nicht gut aus, aber die Röntgenbilder waren beruhigend. Sie haben ihr ein Sedativum gegeben, wahrscheinlich schläft sie jetzt. Die Dreistigkeit dieser Dreckskerle, John … Selbstmordattentäter in Washington! Ich habe keine Ahnung, wie man dagegen ankämpfen kann.«
    »Wir haben gerade die ersten Zahlen bekommen.« Harper schwieg einen Moment, und die Stille war unheildrohend. »Heute Nachmittag um fünf waren vierundsechzig Tote zu beklagen, dazu kommen hunderteinundzwanzig Verletzte. Natürlich werden die Zahlen noch steigen, wenn sie die Trümmer durchsucht haben.«
    Kealey antwortete nicht. Es schien, als gäbe es dazu nicht viel zu sagen.
    »Sie haben einen langen Tag hinter sich. Wenn der Schock Sie noch nicht eingeholt hat, steht Ihnen das bestimmt noch bevor. Wir reden morgen früh.« Wieder eine Pause, diesmal länger.
    Harper klang müde, müde und schwach. Vielleicht musste Kealey bald eine noch schwerere Bürde auf seinen Schultern tragen, wenn Harpers Belastungsfähigkeit ungewiss war. Und er fragte sich, wie lange es dauern würde, bis er selbst unter der Last zusammenbrach.
    »Es ist schön, Ihre Stimme zu hören, Ryan. Ich habe mir Sorgen gemacht. Richten Sie Kharmai meine besten Wünsche aus. Unsere Abteilung hat ihr bereits Blumen geschickt.«
    »Gute Idee, John. Wir sehen uns morgen.«
    Nachdem er eingehängt hatte, lehnte er sich gegen die kalte Backsteinmauer des Krankenhauses und blickte in die schwarze Leere des Nachthimmels. Seine Hände zitterten, er konnte nichts dagegen tun. Er hatte in seinem Leben schon viele schlimme
Dinge gesehen, weitaus mehr als die meisten anderen Menschen, aber ihm war klar, dass er niemals den Anblick vergessen würde, der sich ihm geboten hatte, nachdem er Kharmai aus dem zerquetschten Transporter gezogen hatte.
    Das schreckliche Erlebnis erinnerte ihn an andere, und er versuchte die Gedanken zu verdrängen. Hektisch bemüht, an etwas anderes zu denken, an irgendetwas anderes, fielen ihm Katies Worte ein, die er zufällig mitgehört hatte. Mein Verlobter … Ich suche meinen Verlobten …
    Katie und er hatten nie über eine Heirat gesprochen, und auf den ersten Blick kam ihm die Idee auch völlig abwegig vor. Sie waren gerade ein halbes Jahr zusammen, ihre Familie kannte er überhaupt nicht. Jetzt, wo er darüber nachdachte, fiel ihm auf, dass Katie sie nie erwähnt hatte. Tatsächlich war er aber nur zu bereit, dieses Leben hinter sich zu lassen und selbst eine Familie zu gründen. Natürlich hatte es in der Vergangenheit andere Frauen gegeben, aber keine hatte ihm so viel bedeutet. Wenn man ihn gefragt hätte, wäre er nicht in der Lage gewesen, den Grund dafür genau zu erklären.
    Obwohl sie äußerst intelligent war, wurde Katie von Emotionen beherrscht, was er zugleich faszinierend und etwas beunruhigend fand. Für Katie gab es keine halben Sachen. Ihre Gefühle bestimmten, und sie vertraute ihnen. Manchmal war ihre Leidenschaft in ihrer Intensität fast beängstigend. Wenn sie sich für etwas entschieden hatte, war sie mit ganzem

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