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Der Amerikaner - The American

Der Amerikaner - The American

Titel: Der Amerikaner - The American Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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Herzen dabei, und sie liebte ihn bedingungslos, das war jetzt klar. Und für eine Frau, die sich ins Flugzeug setzte und hunderte von Kilometern zurücklegte, um an seiner Seite zu sein, konnte man alles geben.
    Über das Pflaster fielen lange Schatten, und er ging wieder ins Krankenhaus, zurück zu der Frau, die er gerettet hatte. Und zu der Frau, die vielleicht ihn retten würde.

9
    Iran
    Die enge Seitenstraße nördlich des Niyavaran-Parks war von Zypressen und Eichen gesäumt, deren oberste Zweige vor Natriumdampflampen schaukelten, die gelbliches Licht auf das vom Nieselregen feuchte Pflaster warfen. Dieses Licht war nur schwach, und fast schien es, als wollte es die dunkelsten Ecken der Stadt gar nicht ausleuchten.
    Außer dem monotonen Geräusch des Regens war fast nichts zu hören; zu dieser vorgerückten nächtlichen Stunde lagen die Straßen von Teheran verwaist da.
    Ali Ahmedi, achtundzwanzig Jahre alt und seit sechs Jahren in Diensten der Komiteh , einer iranischen Geheimpolizei, wartete vor dem Eingang eines trübe beleuchteten Restaurants. Er hatte die Kapuze seines Anoraks über den Kopf gezogen, und vor seinem Mund bildeten sich Atemwölkchen. In den Händen hielt er eine Kalaschnikow, wie man sie für weniger als dreißig Dollar auf den Märkten der Innenstadt kaufen konnte, aber im Gegensatz zu vielen anderen Waffen war seine rostfrei und gut ge ölt. Sobald man es ihm gestattete, würde er sich an ein warmes, behagliches Plätzchen zurückziehen und die Waffe erneut reinigen. Ahmedi nahm seine Arbeit ernst, so ernst, dass kaum Zeit für seine Frau und das kleine Kind blieb. Und sein gegenwärtiger Auftrag erfüllte ihn trotz des schlechten Wetters mit besonderer Genugtuung. Auf der anderen Straßenseite, in einer finsteren Gasse, versteckte sich ein weiterer Geheimpolizist, der
mittlerweile völlig durchnässt sein musste, weil es dort kein Laubdach gab, das einen zumindest notdürftig vor dem Regen schützte.
    Hinter den schmutzigen Fensterscheiben in Ahmedis Rücken, im rückwärtigen Teil des Restaurants, saßen zwei Männer an einem Eichenholztisch und aßen ein schlichtes Mahl, Kebab mit gekochtem Reis.
    Ein dritter Geheimpolizist mit einer Uzi-Maschinenpistole schlenderte im vorderen Teil des Restaurants zwischen den Tischen hin und her, aufmerksam in alle Ecken blickend. Sein besonderes Interesse galt der Schwingtür, die in die hinten gelegene Küche führte. Abgesehen von diesen drei Männern war das Restaurant leer.
    Saif al-Adel schob seinen Teller zur Seite und lehnte sich zufrieden zurück. Sein schmales Gesicht wirkte mit den vollen Lippen, der langen, geraden Nase und der makellos weißen Haut fast feminin. Wie immer ließ er sich Zeit, bevor er sprach; in seinem gefährlichen Geschäft konnten einem vorschnelle Kommentare oder überhastete Entscheidungen zum Verhängnis werden.
    Hamza betrachtete sein Gegenüber eingehend, denn er kannte die unberechenbaren Stimmungsumschwünge seiner ägyptischen Landsleute. Es war schwer zu entscheiden, ob sich bei al-Adel ein solcher ankündigte; manchmal geschah es durch ein kaum merkliches Senken des Kopfes oder die Verengung der Pupillen. Und Saif al-Adel konnte unberechenbar sein; Hamza selbst hatte miterlebt, wozu sein im Stillen gärender Zorn führen konnte. Und jetzt sah er vor seinem geistigen Auge einen Vorfall, der sich vor fast zwei Jahren ereignet hatte …
     
    Die endlose Wüste südlich von Kabul, gegen Ende Juni 2002: Um diese Zeit war die Moral innerhalb der Organisation auf einem
Tiefpunkt angelangt. Die Nerven lagen blank, und nicht nur wegen der gnadenlosen Hitze. Die Afghanen hatten Angst und versuchten sie durch Aggressivität und Prahlerei zu kaschieren. Die Angst war auf die Amerikaner und ihre nachts tief über der Wüste fliegenden MH-60-Helikopter zurückzuführen, aus denen sich blitzschnell Elitesoldaten der Special Forces abseilten. Die Disziplin ließ zu wünschen übrig, und junge Mitglieder der Organisation lungerten in großen Gruppen vor den Höhlen herum, wo sie wild in die Luft feuerten, ohne auch nur einen Gedanken an die westlichen Aufklärungssatelliten zu verschwenden. Hassan Hamza, der gerade in der kühlen Höhle eine Bestandsaufnahme der Stinger-Raketen machte, wurde neugierig, weil er von draußen erregte Stimmen hörte.
    Saif al-Adel, der kürzlich ernannte Befehlshaber des militärischen Flügels von Al Kaida, kam gerade an einer kleinen Gruppe von lautstarken jugendlichen Freiwilligen vorbei und

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