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Der amerikanische Architekt

Der amerikanische Architekt

Titel: Der amerikanische Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Waldman
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bringen.«
    »Ich bin mit einer Frau verabredet, deren Mann seit sieben Monaten ohne Verhandlung in Haft ist, Mo. Soll ich sie versetzen, nur damit wir weiter darüber reden können, dass deine Prinzipien dich daran hindern, etwas zu tun, was wirklich etwas mit Prinzipien zu tun hat?«
    »Laila, das ist unfair. Wenn das, was zwischen uns ist, funktionieren soll, musst du mich so akzeptieren, wie ich bin.«
    »Wie kann ich das, wenn ich nicht sicher bin, wer das ist?« Sie war vor dem Fenster stehengeblieben, als sehe sie die Aussicht zum ersten Mal. Als sie nun herumwirbelte, waren ihre Augen erfüllt von einem zornigen Funkeln, das ganz anders war als das Leuchten, das er bei ihrer ersten Begegnung darin gesehen hatte. »Als du dich vor dem ganzen Land für deinen Entwurf stark gemacht hast, fand ich das unglaublich mutig. Ich hatte noch nie ein derartiges Selbstvertrauen bei einem Mann erlebt. Du hast dich selbst in die Schusslinie gebracht. Aber jetzt sehe ich, dass es dabei nur um dich selbst ging: deinen Entwurf, deinen Ruf, deinen Platz in der Geschichte. Ja, du setzt dich für deine Interessen ein, aber nicht für die von anderen.«
    »Laila, es ist nur eine Kampagne. Mach das, was zwischen uns ist, nicht deswegen kaputt.«
    »Es geht nicht um die Kampagne! Sondern darum, ob uns dieselben Dinge wichtig sind. Ich muss jetzt gehen. Ich muss nachdenken.« Sie griff sich ihren Aktenkoffer und knallte die Tür hinter sich zu.
    Trauer breitete sich in ihm aus, drückte seine Lungen zusammen. Er wusste, dass er sich nicht so verbiegen konnte, dass er in ihre Gussform passte. Aber er hatte keine Ahnung, wie er mit der Leere leben sollte, die ihre Gussform in ihm hinterließ.
    Ein weiteres abgerissenes Kopftuch, das Opfer völlig verschreckt im Krankenhaus, der kleine Sohn der Frau, den sie an der Hand gehalten hatte, mit tränenüberströmtem Gesicht in den Nachrichten. Der Präsident der Vereinigten Staaten, der sich bisher nicht zur Gedenkstätte geäußert hatte, bat im Fernsehen um Höflichkeit und Respekt und sagte, er schäme sich für die Vorgänge in seinem Land. Er nannte das, was Sean ausgelöst hatte, eine »Seuche«.
    »Eine Seuche? Eine Seuche der Vernunft!«, blaffte Debbie den Bildschirm an. Sie korrigierte gerade einen Aufsatz, den Trisha für ihre Collegebewerbung schreiben musste. Er trug den Titel »Meine Mutter, die Unruhestifterin«. Trisha hatte zu Sean gesagt, sie habe Angst, die liberalen Colleges würden sie ablehnen, wenn sie merkten, dass sie Debbies Tochter war. Daher hatte sie beschlossen, ihren Aufsatz darüber zu schreiben, dass sie ihre Mutter einerseits respektierte (»Vor zwei Jahren war sie nur eine Hausfrau, die den größten Teil ihrer Zeit damit verbrachte, vor dem Fernseher zu sitzen. Die Anschläge änderten das alles. Sie hatte das Gefühl, etwas für ihr Land tun zu müssen. Sie informierte sich, machte sich kundig …«), auch wenn sie ihre Einstellung nicht teilte (»Manchmal denke ich, sie bemüht sich zu sehr, provokativ zu sein. Ich selbst glaube an die Macht des Dialogs.«) Debbie war mit Trishas Strategie durchaus einverstanden, hatte aber »vor dem Fernseher zu sitzen« durchgestrichen und durch »für meine Schwestern und mich zu sorgen« ersetzt.
    Schon wieder das weinende Kind: die Kabelsender konnten gar nicht genug von ihm kriegen. Sean drückte die rechte Faust in seine linke Handfläche und beäugte Debbies Hausbar, für die die Mädchen, wie er wusste, einen Ersatzschlüssel besaßen. Seit den Anschlägen hatte er keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken, aber so tugendhaft Nüchternheit auch war, leider konnte man nicht alles darauf schieben. Der Frau das Kopfuch abzureißen hatte nicht dazu beigetragen, die muslimische Gedenkstätte zu verhindern, sondern vielmehr die Aufmerksamkeit von der beachtlichen Menschenmenge abgelenkt, die er zusammengebracht hatte, um dagegen zu protestieren.
    »Sie hat übrigens angerufen«, sagte er zu Debbie, die sich, ganz Aufmerksamkeit, zu ihm umdrehte.
    »Die Frau von der Protestveranstaltung. Zahira Hussain. Das heißt, sie hat nicht selbst angerufen, sondern Issam Malik, von diesem muslimischen Rat. Sie sagen, wenn ich mich mit ihr treffe und mich bei ihr entschuldige, wird sie dafür sorgen, dass die Anklage gegen mich fallen gelassen wird.« Er sagte nicht, dass Malik auch davon gesprochen hatte, dass das Treffen einen »Lerneffekt« haben sollte. Er wusste, wie Debbie darauf reagieren würde.
    »Keine Entschuldigung«,

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