Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der amerikanische Architekt

Der amerikanische Architekt

Titel: Der amerikanische Architekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Waldman
Vom Netzwerk:
ist er selbst das Anliegen. Wenn man ihm seinen Sieg nimmt, was offensichtlich die Absicht ist, oder wenn seine Gegner die Entscheidungsträger so lange unter Druck setzen, bis sie ihm den Sieg aberkennen, lautet die Botschaft, dass wir alle keine vollwertigen Amerikaner sind.«
    »Wir sind keine vollwertigen Amerikaner«, kam es von einem Mann in Djellaba. »Das Opferfest ist nicht einmal ein schulfreier Tag.«
    Malik fuhr zu ihm herum. »Musst du das wirklich bei jedem Treffen auf den Tisch bringen?«
    »Ja, muss ich, solange es nicht geändert wird. Aber wahrscheinlich will Mohammad sich auch zu diesem Thema nicht äußern?«
    »Ich bin kein sehr religiöser Mensch«, sagte Mo.
    Eine Frau in einem straff gebundenen beigen Kopftuch sah ihn prüfend an und hob die Hand. Sie hieß Jamilah Maqboul und war die stellvertretende Vorsitzende des Rats. »Ich frage mich gerade, ob wir schon darüber nachgedacht haben, ob der Kampf, den Mr Khan führen will, für die muslimische Gemeinschaft produktiv – oder konstruktiv – ist. Er hat, zumindest hier, keinerlei Interesse daran gezeigt, Themen aufzugreifen, die für Muslime insgesamt von Bedeutung sind. Vielmehr hat er uns nur darauf hingewiesen, dass er sich nicht sonderlich für den Islam interessiert und dass er weder ein politischer noch ein religiöser Mensch ist.«
    »Richtig«, kam es von Ansar. »Wollen wir unsere begrenzten Mittel wirklich dafür verwenden, für sein Recht zu kämpfen, eine Gedenkstätte zu bauen, die die weitaus höhere Zahl der Todesopfer in der muslimischen Welt, die amerikanische Einsätze gefordert haben, völlig unerwähnt lässt und damit auch verschweigt, dass Amerika mit zu seiner eigenen Tragödie beigetragen hat?«
    »Und dazu noch würden wir uns auf unnötige Auseinandersetzungen mit den Angehörigen der Opfer einlassen. Wollen wir es wirklich riskieren, es uns mit ihnen zu verscherzen?«, fügte Jamilah hinzu.
    »Ihr seht das alles völlig falsch«, protestierte Malik. »Dieser Fall könnte uns sehr nützlich sein. Die Polarisierung der Gesellschaft fängt gerade erst an, sich abzuzeichnen, und um es offen auszudrücken, ist dies der Augenblick, in dem wir an unsere Basis appellieren, zu Spenden aufrufen, die unpolitische Mehrheit unserer Brüder und Schwestern zu der Einsicht bringen müssen, dass auch ihre Rechte auf dem Spiel stehen, dass sie sich organisieren müssen und dass sie uns brauchen, um diese Rechte zu verteidigen. Die Aufmerksamkeit der Medien wird es uns ermöglichen, auch andere Themen anzusprechen, die für uns von Interesse sind. Dazu kommt, dass wir die Islamfeindlichkeit, die diese Geschichte ausgelöst hat, nicht einfach ignorieren können.«
    »Außerdem hat er nun mal gewonnen«, ergriff Laila Fathi erneut das Wort. »Wenn diese Organisation sich einfach zurücklehnt und zulässt, dass er zum Sündenbock gemacht wird, auf den jeder eindreschen kann, dann ist das nicht mehr meine Organisation.«
    Mo sah, wie einige der Männer Blicke tauschten.
    »Übrigens funktioniert Geschichte genau so«, setzte Malik noch einmal an. »Anliegen, Kämpfe tauchen in völlig unerwarteten Zusammenhängen auf. Rosa Parks war müde. Mohammad Khan hatte eine Eingebung.« Er hielt kurz inne. »Klingt doch gut, oder? Kein schlechter Slogan.«
    »Aber es stimmt nicht, dass Rosa Parks einfach nur müde war. Sie wurde als Gesicht der Bewegung auserwählt.« Das kam von Aisha, einer Afro-Amerikanerin, die ebenfalls ein Kopftuch trug.
    »Ihr könnt euch gern später mit den historischen Wahrheiten beschäftigen«, sagte Malik, der einen Blick auf seine Uhr und sein BlackBerry geworfen hatte und endlich zu einer Entscheidung kommen wollte. »Wie Sie sehen, Mohammad, sind wir große Befürworter offener Debatten. Ich bitte alle, die dafür sind, dass wir Mohammads Fall übernehmen, um Handzeichen.«
    Sieben der zwölf Hände hoben sich. Nach kurzem Zögern hob Jamilah ihre ebenfalls.
    »Ausgezeichnet«, sagte Malik. »Damit hätten wir eine Zweidrittelmehrheit. Jetzt brauchen wir nur noch eine Strategie. Laila, könnten Sie kurz umreißen, welche juristischen Schritte uns zur Verfügung stehen?«
    Das tat sie, kurz und knapp. Der beste Ansatz wäre, die Androhung eines Rechtsstreits in den Raum zu stellen, ohne es tatsächlich dazu kommen zu lassen, sagte sie. Mo solle sich öffentlich als Gewinner outen, was die Jury unter Zugzwang setzen würde. »Sie halten eine Pressekonferenz ab und stellen mich gleich zu Anfang als Ihre Anwältin

Weitere Kostenlose Bücher