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Der andere Tod

Der andere Tod

Titel: Der andere Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Jonuleit
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Nachteiliges von mir zu geben.
    »Und Sie können sich nicht erklären, wer den Notruf gewählt hat?« Die Stimme der Blonden klang sarkastisch.
    »Nein.«
    »War das Haus verschlossen, als Sie kamen?«
    Ich versuchte zurückzudenken. Doch ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern, wie oft es nötig gewesen war, den Schlüssel herumzudrehen.
    »Wer hat alles einen Schlüssel zu Ihrem Haus?«
    »Unsere Haushälterin Frau Meerbaum.«
    Das Schweigen verdichtete sich.
    »Mit der haben wir bereits gesprochen. Sonst noch jemand?«
    Stumm schüttelte ich den Kopf.
    Brandner raschelte mit ein paar Blättern, dann sagte er unvermittelt: »Im Blut Ihrer Frau wurden beträchtliche Mengen von Alkohol und Schlafmitteln gefunden.«
    Ich zuckte zusammen wie unter einem Schlag. Brandner ließ mich nicht aus den Augen. Auch die Blonde beobachtete mich wie ein Insekt auf einem Glasplättchen.
    Durch die Scheibe, die irgendwie getönt sein musste, sah der Himmel noch dunkler, sahen die Wolken noch bedrohlicher aus. Der Regen schien sich einfach nicht entscheiden zu können. Auf einmal war es unglaublich wichtig für mich, den Regen zu sehen. Auf einmal war ich mir sicher, dass alles anders, dass alles besser werden würde, wennnur endlich, endlich der Regen fiele und die Schwüle, die bleierne Bedrückung, das ganze Blut hinwegspülen würde.
    Alkohol und Schlafmittel, das konnte nicht sein! Anouk wusste doch, wie gefährlich so ein Medikamentencocktail mit Alkohol war. Sie hatte doch in Kalifornien äußerst streng darüber gewacht, dass ich keinen Tropfen zu mir nahm. Selbst auf dem Rückflug von L.   A. nach Prag hatte sie nicht zugelassen, dass ich auch nur ein halbes Glas Wein trank. Sie konnte das nie und nimmer geschluckt haben. Es sei denn …
    »Haben Sie verstanden, was ich gerade gesagt habe?« Brandners Worte waren sehr akzentuiert, überdeutlich und an der Grenze zu schneidender Schärfe: »Ist Ihre Frau medikamentenabhängig?«
    »Nein … nein.«
    »Wie erklären Sie dann«, Brandner bückte sich und griff mit einer Hand unter den Tisch, wo ich erst jetzt eine Kiste bemerkte, »wie erklären Sie sich dann das hier?«
    Er hielt mir mehrere Packungen eines Medikaments entgegen, dessen Name mir nichts sagte und das ich bisher noch nie in unserem Haus gesehen hatte. Ich zuckte mit den Achseln, doch die Beamten ließen nicht locker. Sie suggerierten mir, entweder ein Lügner oder ein Ignorant zu sein.
    »Trinkt Ihre Frau?«
    »Nein.«
    »Das wissen Sie also?« Brandner fixierte mich, die Blonde kritzelte erneut etwas in ihr Büchlein.
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    Wieder wechselten die beiden einen Blick, dann war es die Blonde, die den Mund auftat: »Wir gehen dem Verdacht nach, dass Ihre Frau sich die Verletzungen
nicht
selbst beigebracht haben könnte.«
    Ich musste sie fassungslos angestarrt haben, denn sie sagte: »Dieser Gedanke scheint Ihnen weit hergeholt.«
    »Ja.« Wieder nur ein Krächzen, ich räusperte mich. »Ja    … Wer würde denn so etwas tun? Das kann doch nicht sein.«
    »Herr Winther, Tatsache ist, dass die – nennen wir es einmal – ›Waffe‹ nirgends aufzufinden war. Es muss also noch jemand anders zugegen gewesen sein.« Bei den Worten »noch jemand anders« scannten beide erneut mein Gesicht.
    Die Blonde schrieb und schrieb, als müsste sie einen Weltrekord brechen. Brandner sagte: »Entweder jemand, der die Waffe geführt und dann mitgenommen hat. Oder jemand, der Ihre Frau in diesem Zustand aufgefunden hat. Daraufhin rief diese Person die Ambulanz, aber wollte sich nicht zu erkennen geben.«
    Sofort dachte ich an Lewinsky. Womöglich hatte Anouk eine Verabredung mit ihm gehabt, sie war nicht gekommen, er hatte sich Sorgen gemacht und war sie suchen gegangen? Vielleicht besaß er sogar einen Schlüssel zu unserem Haus? Er hätte sie dann in der Wanne vorgefunden und anonym den Notarzt verständigt.
    Blieb allerdings immer noch die Frage: Warum? Warum hätte Anouk so etwas tun sollen?
    Eine lange Pause war entstanden. Vom Gang her erklangen Schritte, zackige, militärische Männerschritte mit scharf knallenden Absätzen. Vor dem Fenster rauschte der Verkehr, aus einem Büro drang das Lachen einer Frau, dann herrschte wieder Stille.
    Die beiden Kriminalbeamten ließen mich nicht aus den Augen. Unter ihren durchdringenden Blicken fühlte ich mich noch immer wie ein Versuchstier, dessen Verhalten und Reaktionen man beobachtete, aufzeichnete und auswertete. Es war eine Qual.
    Zu

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