Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)
willen wirst du mich wohl oder übel als Partner akzeptieren müssen.«
»Schlechter hättest du es kaum treffen können.« Sie wusste, dass Thorpes Blick auf ihr haftete und fühlte sich absurderweise schuldig. Um dieses unangenehme Gefühl zu überspielen, lächelte sie Greg an und sagte: »Wenn du mir einen Drink mixt, verspreche ich, dein Ass nicht mit einem Trumpf zu überstechen.«
Thorpe trat einen Schritt zur Seite, als die beiden an ihm vorbei durch die Tür gingen.
Er blieb noch einen Moment stehen und sah ihnen hinterher. Eifersucht war ein Gefühl, das ihm bisher fremd gewesen war. Und er beschloss, sich damit auch gar nicht erst anzufreunden. Olivia Carmichael gehörte in die Arme eines Mannes, und er würde dafür sorgen, dass es die seinen waren.
»Zwei Kreuz«, reizte Liv, obgleich sie ein mehr als dürftiges Blatt in der Hand hielt. Als Gegner saßen ihr der Chefarzt der chirurgischen Abteilung einer Klinik in Baltimore und dessen Gemahlin gegenüber, die beinahe jedes Spiel gewannen. Greg und Liv waren wirklich keine großen Bridge-Talente. Nach einer besonders schweren Niederlage forderte Greg den Chirurgen und seine Gattin spaßeshalber zu einem Tennismatch heraus. Er erinnerte sich noch gut an Livs unerschöpfliche Energie auf dem Court. Grinsend schrieb der Chirurg ihre Minuspunkte nieder.
An den drei anderen Spieltischen saßen unter anderem zwei Senatoren, ein Fünf-Sterne-General und die Witwe eines ehemaligen Finanzsekretärs. Liv hielt auch während des Spiels die Ohren offen, filterte Gerüchte und politische Ansichten aus dem allgemeinen Geplauder heraus. Sie erfuhr zwar keine Staatsgeheimnisse, hatte aber zumindest Kontakte geknüpft. Als Reporter konnte man es sich nicht leisten, auch nur die winzigste Information zu ignorieren. Man wusste nie, welches Detail später einmal wichtig sein könnte. Liv fand es irgendwie kurios, dass ein Loch im Kleid und eine abgerissene Schnalle am Schuh sie schlussendlich in den Salon eines Bundesrichters geführt hatten.
»Fünf Pik«, meldete Greg, worauf Liv ihre Karten auf dem Tisch ausbreitete und sich erhob.
»Tut mir Leid«, sagte sie, als Greg ihr Blatt mit einem wehmütigen Seufzer kommentierte.
»Tennis«, murmelte er und spielte sein erstes Ass aus.
»Ich gehe mal kurz an die frische Luft.«
»Feigling«, raunte er ihr zu und grinste.
Lachend verließ Liv den Tisch und ging hinaus auf die Terrasse.
Es war immer noch recht kalt für die Jahreszeit. Der Frühling kämpfte sich nach Washington durch wie ein Außenseiterkandidat ins Parlament. Nach der stickigen Hitze im Salon war die kühle Luft eine willkommene Abwechslung. Und es war still. Die Straßengeräusche und der Verkehrslärm drangen nicht bis in den rückwärtigen Teil des Hauses. Sie hörte Myra, die offenbar ein Spiel gewonnen hatte, ein triumphierendes Lachen anstimmen.
Wie merkwürdig, dachte Liv, dass sie Greg hier zufällig wieder getroffen hatte – und damit diese bittersüßen Jahre ihres Lebens erneut aus der Vergangenheit auferstanden waren. Extreme, schoss es ihr durch den Kopf. Ich habe in Extremen gelebt – himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Aber jetzt verlief ihr Leben ruhiger und weitaus angenehmer ohne diese ständige Achterbahnfahrt der Gefühle. Sicherer. Sie hatte genug Höhen und Tiefen, Risiken und Fehlschläge erlebt. Und daraus gelernt.
Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper und schlenderte ans Ende der Terrasse. Ja, du ersparst dir viel Kummer und Leid, wenn du keine Risiken eingehst.
»Ohne Mantel hier draußen, Liv?«
Sie schnappte hörbar nach Luft und wirbelte herum. Sie hatte weder die Terrassentür aufgehen noch Thorpes Schritte auf den Steinfliesen gehört. Das wenige Licht, das die Wolken durchließen, schien ihr direkt ins Gesicht, während Thorpes im Schatten lag. Sie fühlte sich unsicher.
»Es ist warm genug«, antwortete sie steif. Sie hatte ihm diese peinliche Szene im Studio noch nicht verziehen.
Thorpe ging zu ihr hin und legte die Hände an ihre Arme. »Du bist ja eiskalt. Niemand will eine schniefende Nachrichtensprecherin hören.« Thorpe zog sein Jackett aus und legte es ihr um die Schultern.
»Ich brauche kein …«
Thorpe zog sie an den Revers des Jacketts an sich und brachte sie mit einem stürmischen Kuss zum Schweigen. Ihre Arme klemmten zwischen seinem und ihrem Körper, während er ihren
Mund schnell und gekonnt eroberte. Livs Gedanken schienen zu explodieren und ließen ein leise sirrendes Vakuum
Weitere Kostenlose Bücher