Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)
auf den Ausgang des Kampfes verwettet. Der Barkeeper polierte unterdessen unbeeindruckt seine Gläser. Die beiden Streithähne stürzten aufeinander zu und gingen ineinander verkeilt zu Boden.
Thorpe und Liv beobachteten fasziniert, wie die beiden über den Boden kugelten. Ein Stuhl fiel krachend um. Ein Mann stellte ihn wieder auf, schob ihn ein Stück beiseite und setzte sich dann mit seinem Ale in der Hand nieder, um den Kampf aus nächster Nähe zu verfolgen. Anfeuerungsrufe und gute Ratschläge schallten durch die verräucherte Kneipe.
Wie sich herausstellte, sollte sich Livs Vorhersage bewahrheiten. Der kleine Mann mit Hut war schnell und wendig wie ein Aal. Er hielt den Kopf seines bulligen Gegners im Schwitzkasten und forderte ihn auf, sich zu ergeben. Mit hochrotem Gesicht japste der Bulle wütend sein Einverständnis.
»Willst du noch ein Glas Wein?«, fragte Thorpe, nachdem sich der Aufruhr gelegt hatte.
»Hmmm?« Sie drehte sich wieder zu Thorpe um und musste grinsen, als sie seinen trockenen Gesichtsausdruck sah. »Glaubst du nicht, dass sich daraus eine gute Story machen ließe?«
»Wenn du über einen Preiskampf berichten willst, warum nicht?«, stimmte er zu. »Du überraschst mich, Olivia.«
»Warum? Weil ich nicht hysterisch geschrien und mir die Augen zugehalten habe?« Lachend bestellte sie bei der Kellnerin mittels zweier erhobener Finger die zweite Runde. »Thorpe, die beiden haben sich doch nur ein paar blaue Flecken geholt und die nächsten Stunden für angeregten Gesprächsstoff gesorgt. Im News-Raum geht es jeden Tag vor Redaktionsschluss sehr viel grausamer zu.«
»Du bist hart im Nehmen, Lady«, stellte er fest und prostete Liv zu.
Liv stieß mit ihm an. »Danke, Thorpe.«
Es war schon spät, als sie das Pub verließen und zum Hotel zurückspazierten. Liv hörte eine Turmuhr eins schlagen. Es regnete immer noch. Lichter spiegelten sich in flachen Pfützen und schimmerten durch den nieselnden Regenvorhang. Die Luft war recht kühl, doch der Wein hatte Liv so aufgewärmt, dass sie innerlich glühte und sich putzmunter fühlte.
»Weißt du«, begann sie, während sie gemütlich durch Soho schlenderten, »als ich das erste Mal in London war, da habe ich nur Bauwerke, Museen und Theater gesehen und mich auf Teegesellschaften gelangweilt. Heute Abend habe ich mehr erlebt als damals in einer ganzen Woche.« Als Thorpe ihre Hand nahm, wehrte sie sich nicht dagegen. Irgendwie erschien es ihr als das Normalste von der Welt, Hand in Hand mit Thorpe in den frühen Morgenstunden durch den Regen zu spazieren. »Als ich heute Abend das Hotel verließ, war ich müde und irgendwie deprimiert.« Sie zuckte die Schultern. »Richtig rastlos. Ich bin froh, dass du mich gefunden hast.«
»Ich wollte mit dir zusammen sein«, antwortete er schlicht.
Vorsichtig umschiffte Liv seine Erklärung. »Ach, wie gut, dass wir zum Wochenende nach Hause kommen«, fuhr sie fort. »So ein Auftrag ist immer furchtbar anstrengend, besonders wenn er noch zusätzlich solche Überraschungen parat hält.«
»Richtig überraschend kam das eigentlich nicht«, orakelte Thorpe.
Liv sah ihn scharf an. »Willst du damit sagen, dass du etwas in der Art erwartet hast?«
»Sagen wir, ich hatte so eine Ahnung.«
»Aha. Und warum hast du uns nicht über deine Ahnungen informiert?«, wollte sie von ihm wissen. »Schließlich warst du unser Pressereporter.«
»Richtig. Und als solcher ist es meine Aufgabe, Informationen und Fakten weiterzuleiten, nicht Ahnungen.« Er erwiderte
ihren wütenden Blick mit einem Grinsen. »Zumal du selbst zwei und zwei hättest zusammenzählen können, Carmichael. An deinen Wimpern hängen Regentropfen.«
»Lenk nicht vom Thema ab.«
»Und dein Make-up ist in Auflösung begriffen.«
»Thorpe …«
»Deine Haare sind klitschnass.«
Liv seufzte und gab auf.
»Müde?«, erkundigte er sich, als sie die Hotelhalle betraten.
»Nein«, lachte sie. »Dabei müsste ich eigentlich fix und fertig sein.«
»Sollen wir noch an der Hotelbar einen Schlummertrunk nehmen?«
»Nein, ich will morgen früh keinen schweren Kopf haben«, lehnte sie ab und steuerte den Fahrstuhl an. »Ich muss mich noch vor unserem Abflug mit Scotland Yard in Verbindung setzen. Hast du irgendwelche Beziehungen, an denen du mich teilhaben lassen willst, Thorpe?«
Grinsend drückte Thorpe den Knopf für ihre Etage. »Die musst du wohl oder übel alleine knüpfen.«
»Ich dachte, Washington sei deine Privatdomäne.«
»Ja, wenn
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