Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)
ob er an den Schultern richtig sitzt«, meinte er besorgt und ließ die Arme kreisen. »Der erste Anruf kam von Mrs. Ditmyers Sekretärin. Irgendwas von wegen einer Einladung zum Lunch. Der zweite von einem Typ namens Dutch Siedel. Meinte, er habe einen Tipp für dich.«
»Dutch, wirklich?« Liv zog nachdenklich die Stirn kraus. Dutch war die einzige verlässliche Quelle, die sie in Capitol Hill besaß. Er war ein Hotelpage, der von einer steilen Polit-Karriere träumte.
»Wer ist dieser Dutch?«
»Mein Buchmacher«, raunte sie mit einem unschuldigen Lächeln und wollte weitergehen.
»Du steckst voller Überraschungen«, kommentierte Brian. »Sag mal, und wer ist dieser Kerl, der dir ständig Blumen schickt?«
Liv blieb abrupt stehen. »Was?«
Brian grinste viel sagend und inspizierte seine Fingernägel. »Auf deinem Schreibtisch steht schon wieder eine weiße Rose. Genau wie letzte Woche. Die kleine Studentin mit dem Wuschelkopf meinte, die käme von oben.« Er warf ihr einen spöttischen Blick zu. »Thorpes Besuch in unserem Studio letzte Woche hat für einige Gerüchte gesorgt. Heckt ihr gemeinsam eine große Story aus?«
»Wir hecken überhaupt nichts gemeinsam aus«, beschied ihm Liv, drehte sich auf dem Absatz um und marschierte zu ihrem Schreibtisch.
Dort stand sie – weiß und unschuldig, die Blüte sanft geschlossen. Liv hätte sie am liebsten in der Faust zerquetscht.
»Mir schickt nie jemand Blumen.«
Liv drehte sich um und sah die Frau an dem Schreibtisch hinter dem ihren finster an.
»Sie haben sich wohl einen Romantiker geangelt, wie?« Sie seufzte. »Sie Glückliche.«
»Glückliche«, murmelte Liv. Was hatte dieser Kerl vor?,
fragte sie sich und merkte, dass es im Raum auf einmal verdächtig ruhig geworden war. Sie sah sich kurz um, gewahrte einige argwöhnische Blicke und zu viele grinsende Gesichter. Wutentbrannt packte sie die Rose samt Vase und knallte sie der anderen Reporterin auf den Schreibtisch.
»Hier, bitte«, erklärte sie mit einer ausholenden Geste. »Sie können sie haben.« Damit stürmte sie aus der Redaktion. Es war höchste Zeit, entschied sie, als sie das unterdrückte Kichern hinter ihrem Rücken hörte, mit Thorpe Tacheles zu reden.
Kaum hatten sich die Aufzugtüren in Thorpes Etage geöffnet, stürmte Liv hinaus in den Korridor und baute sich dann zornentbrannt vor dem Schreibtisch der Empfangsdame auf.
»Ist er da?«
»Wer?«
»Thorpe.«
»Ja, aber er hat in zwanzig Minuten eine Besprechung mit dem Personalchef, Ms. Carmichael!«, rief sie Liv hinterher, die bereits auf Thorpes Bürotür zurannte. »Ach, was soll’s«, murmelte sie und wandte sich wieder ihrer Schreibmaschine zu.
»Thorpe«, begann Liv, noch ehe die Tür hinter ihr krachend ins Schloss fiel. »Das muss ein Ende haben.«
Thorpe hob eine Braue und legte den Kugelschreiber zur Seite, mit dem er gerade geschrieben hatte. »Einverstanden«, erwiderte er liebenswürdig.
Livs Zähne schlugen hörbar aufeinander. Diese Antwort hatte sie nicht erwartet. »Du weißt, was ich meine.«
»Nein.« Er bedeutete ihr, Platz zu nehmen. »Aber ich bin sicher, dass du es mir gleich erklären wirst. Setz dich doch.«
»Diese Rosengeschichte«, fuhr sie fort, seine Aufforderung ignorierend. »Es ist peinlich, Thorpe. Du machst das absichtlich.«
»Rosen sind dir peinlich?« Er lächelte sie aufreizend an. »Und wie ist es mit Nelken?«
»Hör jetzt bitte auf damit!« Sie stützte sich mit der flachen Hand auf seinen Schreibtisch, wie damals, als sie zum ersten Mal in sein Büro gestürmt kam. »Du kannst mit deinem überheblichen Lächeln und dem Chorknabengesicht vielleicht irgendwelchen
Politikern imponieren, aber nicht mir. Du weißt genau, dass deine Art mich auf die Palme bringt!« Sie unterbrach sich kurz, um Luft zu holen; Thorpe lehnte sich entspannt zurück. »Und du weißt genau, was das hier für eine Gerüchteküche ist. Noch vor der Mittagspause wird die ganze Nachrichtenbelegschaft davon überzeugt sein, dass wir beide etwas miteinander haben.«
»Und?«
»Ich habe nichts mit dir – hatte es nie und werde es auch nie haben. Und ich will nicht, dass meine Kollegen etwas anderes glauben.«
Thorpe nahm seinen Kugelschreiber und klopfte damit auf den Schreibtisch. »Glaubst du, dass es deinem Ruf abträglich ist, mit mir in Verbindung gebracht zu werden?«
»Das hat überhaupt nichts damit zu tun!« Sie riss ihm den Kugelschreiber aus der Hand und schleuderte ihn quer durch sein Büro.
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