Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)
abgefertigt hatte. »Ja, das habe ich tatsächlich. Ich sagte ihm, er solle sich selbst die Hacken ablaufen, oder man würde ihn im Keller des Rayburn Building an seinem Schlips baumelnd
auffinden.« Sie machte eine kleine Pause. »Ich glaube, er hat mich beim Wort genommen.«
Thorpe blickte ihr tief in die eisblauen Augen. »Ja, das würde ich auch tun. Warum hast du nicht einfach deinen Kameramann auf ihn gehetzt?«
Liv grinste und spießte genüsslich die letzte Nudel auf. »Ich wollte unserem Bürgermeister eine unappetitliche Szene ersparen.«
»Möchtest du noch einen Nachschlag?«, fragte er, auf ihren leeren Teller deutend.
Liv lehnte sich stöhnend zurück. »Du beliebst wohl zu scherzen, wie?«
»Dessert?«
Ihre Augen weiteten sich. »Du willst doch nicht im Ernst sagen, dass du noch ein Dessert vorbereitet hast.«
Thorpe beugte sich vor und schenkte ihr noch von dem Burgunder nach. »Trink deinen Wein«, sagte er. »Ich bin gleich zurück.«
Im Hinausgehen nahm er die leeren Teller mit. Liv überlegte kurz, ob sie ihm beim Abräumen helfen sollte, lehnte sich dann aber in ihrem Stuhl zurück. Sie war viel zu satt, um sich zu bewegen. Ja, sie musste sich eingestehen, dass sie Thorpes Gesellschaft wirklich genoss. Sie unterhielt sich gern mit ihm und stritt sich auch gern mit ihm. Sie hatte ganz vergessen, wie anregend ein Streitgespräch sein konnte. Sie fühlte sich zwar in seiner Gegenwart nicht ganz sicher, aber selbst das war aufregend.
Liv sah hoch, als sie ihn aus der Küche kommen hörte. Beim Anblick der großen Schale mit frischen Erdbeeren und Schlagsahne entfuhr ihr ein zufriedener Seufzer.
»Mein Gott, die sehen herrlich aus! Wo hast du um diese Jahreszeit nur so riesige Erdbeeren aufgetrieben?«
»Ein Reporter gibt niemals seine Quellen preis.«
Sie seufzte noch einmal, als er die Schale auf den Tisch stellte. »Mir läuft das Wasser im Mund zusammen, Thorpe, aber ich glaube, ich bringe keinen Bissen mehr runter.«
»Probier wenigstens einmal«, verlangte er und tauchte eine Beere in die frisch geschlagene Sahne.
»Nur eine«, meinte sie und öffnete bereitwillig den Mund, als er die Beere lockend vor ihren Lippen hin und her schwenkte. Dabei schmierte er ihr Sahne an die Wange. »Thorpe!«, lachte sie und griff nach ihrer Serviette.
»Verzeihung.« Er legte ihr die Hand auf den Arm, um sie daran zu hindern, von der Serviette Gebrauch zu machen. »Ich mach das schon.« Er legte die Hand an ihren Hinterkopf und leckte zärtlich die Sahne von ihrer Wange.
Livs Lachen verstummte. Sie bewegte sich nicht. Wehrte sich nicht. Körper und Verstand waren wie gelähmt vom Schock ihrer Empfindungen. Nur ihre Haut reagierte und auch nur an der Stelle, die er mit seiner Zungenspitze berührt hatte.
»Gut?«, murmelte er, einen Kuss auf ihre Lippen hauchend.
Liv antwortete nicht, starrte ihn nur völlig perplex an. Thorpe seinerseits studierte fasziniert die sprachlose Leidenschaft in ihren Augen.
Ganz langsam tunkte er eine zweite Erdbeere in die Sahne. »Noch eine?«
Liv schüttelte den Kopf und schluckte, als sie sah, wie seine Zähne wie in Zeitlupe die Beere zerteilten. Wortlos stand sie auf und ging die zwei Stufen hinunter ins Wohnzimmer. Sie musste auf ihren Beinen stehen, um ein wenig klarer denken zu können. Gleich würde sie sich wieder unter Kontrolle haben. Dieses Zittern würde aufhören – diese innere Glut abkühlen. Sie japste erschrocken nach Luft, als Thorpe von hinten die Arme um sie legte und sie herumdrehte.
»Ich dachte, vielleicht möchtest du gerne tanzen«, raunte er an ihr Ohr.
»Tanzen.« Sie schmiegte sich in seine Umarmung. »Ohne Musik?« Aber sie ließ sich von ihm führen, ihr Kopf ruhte bereits an seiner Schulter.
»Hörst du sie denn nicht?« Ihr Duft betörte seine Sinne. Ihre Brüste drückten sanft gegen seine Brust.
Liv schloss seufzend die Augen. Das Kerzenlicht flackerte vor ihren Lidern. Ihre Arme und Beine fühlten sich schwer an, so angenehm schwer. Sie lehnte sich gegen ihn und versuchte
sich einzureden, dass sie nur zu viel Wein getrunken hatte. Deshalb fühlte sie sich so trunken. Aber sie wusste, dass es eine Lüge war. Als seine Lippen über ihr Ohr strichen, seufzte sie abermals und erschauderte.
Ich sollte gehen, beschwor sie sich. Ich sollte auf der Stelle seine Wohnung verlassen. Seine Finger spielten mit ihrem Haar. Es wäre Wahnsinn zu bleiben. Sie spürte seinen Körper, der sich an dem ihren bewegte und eine Sehnsucht
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