Der Angriff
jungen Palästinenser als Kanonenfutter rekrutiert hat.«
Irene Kennedy blickte nachdenklich auf Floods Schreibtisch hinunter. »Wissen Sie, wo er sich aufhält?«, fragte sie schließlich.
»Meine Leute überprüfen alle drei Yassins. Bis jetzt wissen wir nur, wo sich der jordanische Offizier aufhält.«
»Ich dachte, Sie überwachen solche Verdächtigen immer ziemlich genau?«
»Tun wir auch«, sagte Fine, »aber in letzter Zeit ist die Lage hier ziemlich unruhig geworden. Wir haben es wieder mal mit einer Intifada zu tun. Aziz scheint alle Palästinenser zwischen zwei und siebzig Jahren motiviert zu haben, Steine zu werfen und zu protestieren.«
Irene Kennedy hatte sich bisher so auf die Suche nach einer Lösung des aktuellen Konflikts konzentriert, dass ihr noch gar nicht in den Sinn gekommen war, wie sich der Konflikt im Ausland auswirkte. Was Fine ihr mitteilte, klang logisch – und wenn sie nicht entschlossen handelten, würde die Sache nur noch schlimmer werden.
»Ben, uns wäre sehr geholfen, wenn Sie diesen Mann so schnell wie möglich aufspüren könnten.«
»Meine besten Leute arbeiten daran, Irene.«
»Danke, Ben. Gibt es sonst noch etwas?«
»Na ja … «, begann er und hielt kurz inne. »Es geht das Gerücht, dass ihr vor zwei Tagen Scheich Harut gefasst habt.«
»Von wem haben Sie das gehört?«
»Aus verschiedenen Quellen. Die Araber glauben, dass Sie oder wir es getan haben. Nachdem ich sicher weiß, dass wir es nicht waren, müsst ihr es gewesen sein.«
»Ich kann darüber im Moment nicht mit Ihnen sprechen, aber ich versichere Ihnen, dass ich Ihnen Bescheid gebe, wenn ich etwas Genaues weiß.«
Fine schwieg einige Augenblicke und sagte schließlich: »Irene, es fällt mir nicht leicht, das zu sagen – aber es gibt einige hier bei uns in der Regierung, die gar nicht erfreut darüber sind, wie Sie mit diesem Konflikt umgehen. Wir befürchten, dass Sie eine kurzfristige Entscheidung treffen könnten, die verheerende Auswirkungen auf Israels Interessen hätte.«
Irene Kennedy konnte sich sehr gut vorstellen, welche Lösung des Problems man sich in Israel wünschte. Sie ließ sich normalerweise nicht auf solche Diskussionen ein – doch in der momentanen Situation hielt sie es für angebracht, ein paar beruhigende Worte zu sagen. Wobei sie sich bewusst war, dass alles, was sie jetzt sagte, bis zur israelischen Regierungsspitze gelangen würde.
»Ben, Leute wie wir machen nicht Politik – wir können nur Ratschläge geben. Ich kann Ihnen aber versichern, dass es viele hier gibt, denen Israels Sicherheit sehr am Herzen liegt und die diese Haltung auch mit Nachdruck vertreten.«
»Hier bei uns gibt es trotzdem viele, die ziemlich beunruhigt sind, weil Sie mit Aziz verhandeln. Immerhin haben die USA noch nie mit Terroristen diskutiert.«
Irene Kennedy überlegte gut, bevor sie antwortete. »Auch in unseren Kreisen gefällt diese neue Strategie vielen nicht, aber die Situation ist sehr schwierig.«
»Wer hat diese Entscheidung getroffen, dass mit Aziz verhandelt wird?«
»Ben, wir kommen da in einen Bereich, den ich nicht mit Ihnen diskutieren kann.«
»Na gut, dann lassen Sie mich noch eines sagen: Wir können uns schon vorstellen, worauf das alles hinauslaufen wird, und wir werden alles tun, was nötig ist, um unsere Sicherheit zu gewährleisten.«
»Ich verstehe«, antwortete Irene Kennedy. Der Oberst hätte sich nicht klarer ausdrücken können. Sie wusste, dass man ihm von höherer Stelle vorgegeben hatte, was er sagen sollte. »Darf ich das als offizielle oder inoffizielle Position Ihres Landes weitergeben?«
»Es war immer schon unsere Position, uns zu verteidigen.«
»Warum haben Sie mich dann ausdrücklich daran erinnert?«, fragte Dr. Kennedy.
»Weil das eine ganz besondere Situation ist. Und wir wollen nicht, dass irgendjemand im Unklaren darüber bleibt, welche Haltung Israel vertritt.«
»Das verstehe ich, Ben. Ich werde dafür sorgen, dass niemand hier Ihren Standpunkt vergisst.« Sie strich sich mit der Hand durchs Haar und fügte hinzu: »Und könnten Sie mich bitte benachrichtigen, wenn Sie den achtzehnjährigen Palästinenser gefunden haben?«
»Selbstverständlich. Wann kann ich erwarten, dass ich etwas über Scheich Harut erfahre?«
Irene Kennedy wusste, dass sie ihm zumindest etwas in Aussicht stellen musste. »Ich werde Ihnen einen vollen Bericht liefern, sobald ich wieder zum Durchatmen komme.« Sie stieß einen müden Seufzer aus, um ihre Worte zu
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