Der Angriff
diesen Schwachsinn abkaufen?«
»Der Durchschnittsbürger. Selbst wenn das, was Flood sagt, stimmen sollte, was ich bezweifle, heißt das noch lange nicht, dass wir wirklich stürmen müssen. Abgesehen von der Sache mit Marge hat sich dieser Aziz doch bis jetzt ziemlich vernünftig verhalten. Er hat auch noch nichts gefordert, was sich nicht hinterher wieder korrigieren ließe. Und das amerikanische Volk wünscht sich – vielleicht abgesehen von einer Handvoll Rechtsradikaler –, dass der Konflikt friedlich gelöst wird. Unser Job ist es, weiter diesem schmalen Grat zu folgen, Sherman. Wenn man Ihnen keinen eindeutigen Beweis liefern kann, dass der Präsident in Gefahr ist, dann würde ich mich keinen Zentimeter bewegen. Wir werden bis heute Abend die Aufhebung der UNO-Sanktionen erreichen, und Aziz wird morgen früh die nächste Gruppe von Geiseln freilassen. Dann hätten Sie schon zwei Drittel gerettet.«
King hielt inne und sah aus dem Fenster. Ihm war gerade ein Gedanke gekommen. Vielleicht wäre ein ganz anderer Verlauf der Dinge für ihn günstiger. Waren die Terroristen tot, dann wäre er die meisten seiner Probleme los.
»Dallas, woran denken Sie gerade?«, wollte Baxter wissen.
»Ach, nichts Wichtiges«, sagte King ausweichend.
Jack Warch war gerade mit seinen Crunches fertig, der modernen Version der verhassten Sit-ups, die er auch hier im Bunker regelmäßig machte, weil er nichts Besseres zu tun hatte, als sein Blick wieder einmal auf die Waffen fiel, die nutzlos auf einem der Tische lagen. Da hatten sie all diese Waffen und dazu noch eine Handvoll der bestausgebildeten Leibwächter der Welt – und der Präsident wollte, dass sie sich kampflos ergaben. Es entsprach gar nicht Warchs Naturell, sich zu ergeben, ohne sich zu wehren. Er war überzeugt, dass es eine bessere Alternative geben musste, als kampflos die Waffen zu strecken.
Und wie er so die Waffen anstarrte, die da vor ihm auf dem Tisch lagen, kam ihm plötzlich die Idee. In diesem Bunker befanden sich einige der modernsten Waffen ihrer Art und dazu neun bestens ausgebildete Secret-Service-Leute. Warch sah plötzlich einen Hoffnungsschimmer. Er sprang auf und hätte seine Idee fast hinausgeschrien, konnte sich aber gerade noch zurückhalten. Stattdessen setzte er sich auf seine Koje und dachte gründlich über die Sache nach. Er musste einen handfesten Plan ausarbeiten – nur so würde er alle Einwände abwehren und den Präsidenten überzeugen können.
38
General Flood ging wütend auf und ab und stieß wüste Flüche hervor, während Stansfield nur hin und wieder als Zeichen seiner Zustimmung nickte. Der CIA-Direktor hatte gleich gewusst, dass Baxter ihnen niemals grünes Licht für einen Einsatz geben würde, und so beschäftigte er sich längst nicht mehr mit diesem Problem, sondern dachte bereits drei Schritte voraus. Er wusste, dass es nun galt, Entscheidungen zu treffen.
Der Vizepräsident versuchte einfach nur, Zeit zu gewinnen, was nach Stansfields Ansicht in einer Krise dieses Ausmaßes grob fahrlässig war. Umso leichter fiel ihm sein Entschluss, eine Maßnahme zu ergreifen, die er in den über fünfzig Jahren seiner Laufbahn nur ein einziges Mal ergriffen hatte. Er hatte vor, etwas zu tun, das ihn zum Buhmann der Nation machen konnte, doch dieses Risiko würde er eingehen. Er hatte noch ein Ass im Ärmel, und jetzt war der Moment gekommen, um es auszuspielen.
Allmählich schien General Floods Zorn zumindest ein wenig nachzulassen. »Ich wollte, ich könnte das auch so gelassen aufnehmen wie Sie«, sagte er, zu Stansfield gewandt. »Als ob die Lage nicht schon schlimm genug gewesen wäre! Jetzt stellt sich auch noch heraus, dass der Präsident gar nicht in Sicherheit ist.«
»Ja, aber was können wir schon tun? Wenn Baxter nicht will, bleibt uns nichts übrig, als zuzusehen und ab zuwarten.«
»Ja, und die Lage wird immer schlimmer, solange sich dieser Idiot nicht davon überzeugen lässt, dass wir etwas unternehmen müssen.«
Stansfield hielt Flood für einen guten Soldaten. Und als solcher wäre es dem General nie in den Sinn gekommen, seinen Truppen den Befehl zum Angriff zu geben, solange Baxter ihm nicht grünes Licht dafür gab. Stansfield war da in einer etwas anderen Position. Für Geheimagenten galten andere Richtlinien; sie waren es gewohnt, Probleme auch auf unkonventionelle Weise zu lösen. Stansfield konnte natürlich auch nicht tun, was er wollte, aber er hatte doch einen deutlich
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