Der Angriff
er ist kaum noch ansprechbar.«
»Okay. Wenn sich doch noch etwas ergeben sollte, rufen Sie mich bitte an.« Irene beendete das Gespräch und wählte eine Auslandsnummer. Wenig später meldete sich die vertraute Stimme von Oberst Fine. »Hallo, Ben, hier ist Irene. Haben Sie schon irgendetwas über Yassin herausgefunden?«
»Nichts Sicheres. Ein paar Gerüchte hier und dort, aber keine handfesten Fakten.«
»Von welchem Yassin sprechen Sie jetzt – von dem Iraker oder dem Palästinenser?«
»Über den Iraker habe ich nichts erfahren, aber dafür ist der Palästinenser in den vergangenen Tagen angeblich des Öfteren gesehen worden.«
»Hmm«, murmelte Irene nachdenklich.
»Ich muss aber anfügen, dass meine Kontakte in den Irak nicht so ausgeprägt sind, Irene. Der Mann könnte dort sein, aber ich brauche mehr Zeit, um es herauszufinden.«
Irene Kennedy blickte zu Thomas Stansfield hinüber und gab ihm mit einem Handzeichen zu verstehen, dass sie mit ihm sprechen musste. »Ben«, sagte sie ins Telefon, »ich muss schnell weg. Danke für die Information, und rufen Sie mich bitte an, sobald Sie etwas herausfinden.«
»Ach, noch etwas«, sagte Fine mit fester Stimme. »Es gibt einige in unserer Regierung, die damit drohen, dass wir das Friedensabkommen aufkündigen, wenn Ihr Land seine Strategie zur Bewältigung der Krise nicht ändert. Wir können uns gut vorstellen, was Aziz’ letzte Forderung sein wird – und wenn man sie erfüllt, dann werden wir unsere Truppen in den besetzten Gebieten aufmarschieren lassen.«
Irene Kennedy wusste genau, was diese Worte zu bedeuten hatten. Israel bereitete sich auf einen Krieg vor. »Ben«, sagte sie, »ich weiß, dass für Direktor Stansfield die Interessen Israels große Bedeutung haben, aber sein Einfluss ist auch nur begrenzt. Ich würde vorschlagen, dass Ihre Regierung ihr Anliegen laut ausspricht. Wir hier in Langley stehen jedenfalls auf Ihrer Seite, und daran wird sich auch nichts ändern.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen, bevor der Oberst sagte: »Gut, ich werde das weitergeben.«
»Und ich weiß es zu schätzen, was Sie mir mitgeteilt haben, Ben. Bitte, lassen Sie es mich wissen, wenn Sie noch etwas in Erfahrung bringen.«
Dr. Kennedy legte den Hörer auf und ging zu Direktor Stansfield, der an seinem Platz saß.
»Was gibt’s?«, fragte der CIA-Direktor.
General Flood beugte sich ebenfalls vor; er spürte, dass Irene Kennedy eine wertvolle Information weitergeben wollte.
»Ich habe gerade mit Oberst Fine gesprochen. Er hat nichts über den Yassin aus dem Irak herausgefunden, aber dafür gibt es einige Kontakte, die behaupten, den jungen Palästinenser in den vergangenen Tagen gesehen zu haben.«
Flood schüttelte den Kopf und sagte: »Damit ist alles klar, Thomas. Wir müssen es dem Vizepräsident sagen.«
Stansfields Gesicht blieb ausdruckslos, und Flood fügte hinzu: »Es ist unsere Pflicht. Iron Man hat zwar nichts Handfestes gefunden, aber wie es aussieht, ist da im Keller irgendetwas im Gange. Wir hätten es ihm schon heute früh sagen müssen.«
Stansfield sah den General schweigend an. Er wusste, dass Flood Recht hatte, aber er wusste auch, wie Vizepräsident Baxter reagieren würde. Er würde sich winden wie ein Aal und ihre Schlussfolgerung in Zweifel ziehen. Er würde eine Entscheidung hinauszögern, so lange er nur konnte. Dennoch hatte Flood absolut Recht. Sie mussten es ihm sagen.
Dallas King saß seinem Chef gegenüber und sah ihm zu, wie er telefonierte. Das Arbeitszimmer des Vizepräsidenten war von der Nachmittagssonne hell erleuchtet. Kings Gedanken kreisten immer noch hauptsächlich um die Frage, was er tun sollte, nachdem er den Terroristen unfreiwillig bei ihrem Anschlag geholfen hatte. Bisher hatte er nur eines beschlossen – dass er niemandem ein Wort davon sagen würde. Was hätte es schon genützt, sich an das FBI zu wenden? Man konnte die Zeit nicht zurückdrehen. Jetzt ging es vor allem um Schadensbegrenzung. Die Frage war: Wer wusste noch von der nächtlichen Besichtigungstour im Weißen Haus? Da waren einmal die beiden Frauen – aber die waren schwere Alkoholikerinnen, sodass ihnen wahrscheinlich nichts auffallen würde. Dann natürlich Joe, der Sicherheitsbeamte, der sie hineingelassen hatte. King überlegte, ob er sich vielleicht mit Joe unterhalten sollte, doch dann würde es wohl noch schlechter für ihn aussehen, wenn das Ganze aufflog. Nein. Fürs Erste wollte er einfach nur abwarten und hoffen,
Weitere Kostenlose Bücher