Der Angriff
als normal bezeichnete. Seine Freunde aus der Collegezeit waren alle verheiratet und hatten Kinder – und für ihn war beides nicht in Sicht. Er wusste, dass er, um ein normales Leben zu führen, sein Vorhaben hätte aufgeben müssen. Er konnte nicht in einer Familie sein Glück finden und weiter für die CIA arbeiten. Das vertrug sich einfach nicht miteinander.
Rapp dachte daran, wie schön das Leben vor zehn Jahren noch gewesen war und durch welch seltsame Wendung des Schicksals er diesen Weg eingeschlagen hatte, der ihn hierher auf diesen trostlosen Militärstützpunkt in Deutschland geführt hatte. »Es hat ja nie jemand behauptet, dass das Leben einfach ist«, pflegte sich sein Vater zu äußern. Rapp lachte, als er sich daran erinnerte, wie oft sein Vater zu ihm früher in seiner Jugend gesagt hatte: »Reiß dich am Riemen!«
In der Ferne ertönte das Dröhnen eines Jets, und Rapp trat ein Stück zur Seite, um besser sehen zu können. In einiger Entfernung sah er eine F-16 auf der Rollbahn davonbrausen. Der wendige Jet hob sich in die Luft und zog das Fahrwerk ein. Rapp beobachtete, wie die Maschine an Höhe und Geschwindigkeit gewann. Er sah ihr noch eine Weile nach, bis das Flugzeug nur noch ein Punkt am weiten grauen Himmel war. Ein zweiter Jet jagte über die Rollbahn, stieg kreischend in die Luft und entfernte sich in der gleichen Richtung wie der erste.
Rapp sah den Flugzeugen nach und war sich absolut bewusst, dass er ein Besessener war. Er würde Rafik Aziz weiter verfolgen, egal, wie hoch der Preis dafür war. Es ging ganz einfach darum, ihn noch vor dem Zeitpunkt zu erwischen, ab dem er selbst völlig unfähig wäre, wieder ein normales Leben zu führen.
Rapp beobachtete, wie der Mann beim Flugzeug den Tankschlauch zurückzog und in den Wagen stieg. Während der Tanklaster losfuhr, begannen die Triebwerke des Learjet anzulaufen. Rapp betrachtete noch einmal die trostlose Umgebung und stieg in den Jet. Während er die Tür schloss, dachte er lächelnd an die ermunternden Worte, die sein Vater so oft zu ihm gesagt hatte.
6
WASHINGTON D.C. 8 UHR 05
Der dunkelhäutige, gepflegt aussehende Mann wurde in das eichenholzgetäfelte Büro des Vorsitzenden des Democratic National Committee geführt. Russ Piper, beleibt und gut gelaunt, erhob sich hinter seinem Schreibtisch und trat hervor, um seinen Besucher zu begrüßen. »Prinz Kalib«, sagte er mit ausgestreckter Hand, »es freut mich sehr, Sie endlich kennen zu lernen.«
Rafik Aziz reagierte mit der angemessenen Reserviertheit und schüttelte Piper flüchtig die Hand.
»Wie war Ihr Flug?«, fragte Piper.
Aziz blickte sich in dem Zimmer um und betrachtete die gerahmten Bilder, die an den getäfelten Wänden hingen. »Angenehm.« Aziz beabsichtigte die Konversation auf ein Minimum zu beschränken. Der wirkliche Prinz Kalib lebte sehr zurückgezogen – eine Eigenschaft, die Aziz durchaus entgegenkam.
»Ich habe gehört, dass Sie in die Mayo-Klinik wollen, um Ihren Vater zu besuchen.«
»Das stimmt«, sagte Aziz und nickte.
»Wie geht es dem Sultan?«
»Es geht ihm gut«, antwortete Aziz und holte ein goldenes Zigarettenetui aus seiner Jacketttasche hervor. »Die Ärzte in der Mayo-Klinik sind die besten der Welt.« Aziz zündete sich mit einem goldenen Feuerzeug eine Zigarette an, stieß den Rauch aus und trat ans Fenster.
Piper verfolgte mit offenem Mund, wie sein Gast sich die Zigarette anzündete. Er wollte den Prinzen schon darauf aufmerksam machen, dass Rauchen in diesem Haus strikt verboten war – doch nach kurzem Überlegen ließ er es doch sein. Piper fuhr sich mit der Hand über die Krawatte, um sicherzugehen, dass sie korrekt saß. »Ja, es sind schon viele unserer Präsidenten dort behandelt worden«, sagte er, an das Gespräch anknüpfend.
Aziz blickte auf die leuchtend weiße Kuppel des Kapitols hinaus. Dann drehte er sich langsam um und sagte: »Ich nehme an, Sie hatten keine Schwierigkeiten, unser Treffen zu arrangieren?«
»Das war überhaupt kein Problem«, sagte Piper stolz. »Der Präsident und ich sind gut befreundet.«
»Schön.« Die Zigarette in einer Hand haltend, griff Aziz in seine Jacketttasche und zog einen langen blauen Scheck hervor. »Wie wir vereinbart haben, geht das hier über eine meiner amerikanischen Firmen an Ihre Partei.«
Piper nahm den Scheck mit beiden Händen entgegen und blickte sogleich auf das Feld auf der rechten Seite.
Der Vorsitzende des Democratic National Committee lächelte
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