Der Angriff
erreichen wollte, dass man sein Kommando nach seinen eigenen Vorstellungen führen konnte, musste man sich irgendwie mit den Admirälen arrangieren, die das Sagen hatten. Lt. Commander Dan Harris hatte einen Weg gefunden, mit den hohen Herren klarzukommen, und deshalb konnte er heute diese Mission durchführen, während seine Kollegen irgendwo in Little Creek oder Coronado an einem Schreibtisch saßen.
Das kleine Schlauchboot krachte in einen Wellenkamm hinein, und eine Woge von kaltem salzigem Wasser schwappte über den Bug und schlug den fünf bärtigen Männern entgegen, die allesamt zu SEAL Team 6, der streng geheimen Anti-Terror-Einheit der US Navy gehörten. Harris schüttelte sich das Wasser aus dem Gesicht, sodass sein Pferdeschwanz im Nacken hin und her baumelte. Die fünf Männer, die in dieser stürmischen Nacht über die raue See brausten, waren als »langhaarige SEALs« bekannt. Für Einsätze dieser Art durften sie die Vorschriften, was Haare und Bart betraf, überschreiten. Sie waren die besten Schützen, die für solche Operationen zur Verfügung standen, und wurden deshalb stets mit den schwierigsten Missionen betraut.
Die Männer hatten manches gemeinsam – doch auf den ersten Blick fiel vor allem ihre dunkle Hautfarbe auf. Lt. Commander Harris hatte die Truppe persönlich zusammengestellt und nur die absolut Besten ausgewählt. Heute durfte nicht der kleinste Fehler passieren.
BANDAR ABBAS, IRAN
Eine riesige Welle brach sich mit lautem Getöse am Strand und schickte einen salzigen Sprühregen in die Luft. Mitch Rapp rückte seinen Turban zurecht und wischte sich das Salzwasser aus dem Gesicht. Er blickte sich an der Küste um, um sicherzugehen, dass er allein war. Dann machte er sich auf den Weg zum nördlichen Pier und hielt dabei kurz inne, um sich nach einer Getränkedose zu bücken und sie in seine Tasche zu werfen. Tief gebückt schlurfte er zum hölzernen Pier hinüber und ging darunter hindurch zur anderen Seite. Dann kehrte er um, wanderte den Strand entlang und überprüfte die Stellen, an denen der hölzerne Pier in seinem Betonfundament verankert war. In den folgenden zehn Minuten untersuchte Rapp genauestens die gesamte Anlage, um sicherzugehen, dass niemand hier war. Er hatte diese Stelle für die Landung der SEALs ausgesucht und war deshalb dafür verantwortlich, dass es keine unliebsamen Überraschungen gab.
Rapp blickte auf seine Uhr, während der Wind zwischen den Holzpfeilern hindurchpfiff, die den Pier stützten. Alles verlief genau nach Plan. Rapp hatte fast zehn Jahre seines Lebens für diesen Augenblick geopfert, und er würde sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.
PERSISCHER GOLF
Der Flugzeugträger USS Independence bahnte sich seinen Weg durch die raue See. Zusammen mit seinem aus zwölf Schiffen und zwei Unterseebooten bestehenden Kampfverband war der Träger die vergangenen dreiundzwanzig Tage im nördlichen Teil des Golfs auf Patrouille gewesen. Am Abend zuvor hatte der Verband schließlich die Anweisung erhalten, auch den Süden und Osten zu durchstreifen und zur Straße von Hormus zurückzukehren.
Vor drei Stunden hatte der große graue Träger im Schutze der Dunkelheit zwei Helikopter der US Air Force aufgenommen. Der Anstrich beider Helikopter war hellbraun mit etwas dunkleren Streifen. Sie gehörten zum 1 st Special Operations Wing – also zu jener Einheit, deren Aufgabe es war, amerikanische Kommandos in die brisantesten Krisengebiete der Erde zu bringen und sie dort auch wieder herauszuholen. Der erste und größere der beiden Hubschrauber war ein MH-53J Pave Low. Dieses fast vierzig Millionen Dollar teure Fluggerät galt als der modernste Militärhubschrauber der Welt. Es brauchte eine Crew von sechs Mann, um ihn zu fliegen, und sein Navigationssystem war mit dem der modernsten amerikanischen Jagdbomber zu vergleichen. Der Pave Low war mit dem Enhanced Navigation System (ENS) der Air Force ausgerüstet. Das ENS beruhte auf zwanzig verschiedenen Systemen, wie z. B. Doppler-Navigation, automatische Funkpeilung, Global Positioning System sowie einer Reihe von Kompassen und Gyroskopen. Dank dieses umfassenden Systems wusste der Pilot zu jeder Zeit genau, wo er sich befand.
Mit Hilfe des ENS vermochten die bestens ausgebildeten Piloten des 1 st Special Operations Wing selbst bei widrigsten Wetterbedingungen hunderte von Meilen knapp über den Baumwipfeln dahinzufliegen und mit höchstens einigen Sekunden Zeitabweichung pünktlich
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