Der Angstmacher
weiß ich nicht. Irgendein Instrumentenbauer. Mehr kann ich Ihnen auch nicht sagen.«
»Was sehr wichtig ist. Um mehr über die Harfe zu wissen, müßten wir diesen Mann fragen.«
»Dann fahren Sie nach Kairo.«
»Diese Dienstreise wird man mir wohl kaum genehmigen, Mr. Archer. Wie dem auch sei, beschränken wir uns auf die Tatsachen. Sie haben also den bösen Einfluß gespürt.« Ich beugte mich vor. »Wo kam er her? Hat er sich auf eine bestimmte Stelle des Musikinstrumentes konzentriert?«
»Ja, auf die Saiten.«
»Dann steckt das Böse in ihnen?«
»So sehe ich es.«
Er räusperte sich. »Ich weiß überhaupt nicht, was Sie wollen, Mr. Sinclair. Ihre Freundin Sarah Goldwyn hat nicht so mißtrauisch reagiert wie Sie. Die habe ich sofort überzeugen können. Sie hat Ihnen auch Bescheid gegeben.«
»Klar, Lady Sarah ist für so etwas empfänglich. Damit ich Sie beide beruhige, werde ich den Salers einen Besuch abstatten.«
»Gut. Und wann?«
»Keine Ahnung, Mr. Archer. Vielleicht noch heute, mal sehen, wie ich Zeit finde.« Ich stand auf, und auch Archer erhob sich schwerfällig.
»Tun Sie das, Mr. Sinclair. Und geben Sie mir bitte Bescheid, wenn Sie Erfolg gehabt haben.«
»Das mache ich, keine Sorge.«
Er wollte mich noch zur Tür bringen, ich erklärte ihm, daß ich den Weg allein finden würde. Kopfschüttelnd verließ ich den Laden. Eine Harfe, die das Böse abstrahlte, gab es das?
Noch lächelte ich darüber, das aber sollte mir sehr bald vergehen, und zwar gründlich…
***
Es war noch schwüler geworden, als die Sonne sank. Im Hause der Salers hatte man die Fenster geöffnet. Es herrschte Durchzug. Das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter war gespannt. Ellen ärgerte sich darüber, Sally dieses Musikinstrument geschenkt zu haben. Gleichzeitig überlegte sie, ob sie tatsächlich ihre Tochter zwingen sollte, die Harfe wieder abzugeben. Sie hing an ihr. Das Geschenk hatte ihr eine wahnsinnige Freude bereitet. Konnte man es ihr überhaupt wieder wegnehmen?
Ellen lag in ihrem Zimmer und dachte darüber nach. Eine Etage unter ihr befand sich Sally. Sie hatte das Wohnzimmer nicht verlassen und wollte mit der Harfe allein sein. Allerdings hatte sie sich auch an die Regeln gehalten und nicht mehr gespielt.
Über das Verhalten ihrer Tochter konnte sich Ellen nur wundem. Klar kam sie damit nicht. Das Mädchen war seit dem Besitz der Harfe verändert, als hätte etwas Merkwürdiges von ihm Besitz ergriffen. Vielleicht das Gesicht, das Ellen aufgefallen war?
Sie dachte darüber nach und wunderte sich, wie so ein Gesicht zwischen den sich bewegenden Saiten überhaupt erscheinen konnte. Sie fragte sich allerdings auch, ob sie es sich nicht eingebildet hatte. Vielleicht war sie überreizt gewesen. Man mußte ja mit allem rechnen. Wer heutzutage keine Psychose halte, war nicht normal.
Je mehr Ellen Saler über die Dinge nachdachte, um so weniger konnte sie sich selbst eine Antwort geben. Doch das schlechte Gewissen plagte sie. Möglicherweise hatte es an ihr gelegen, war sie übernervös gewesen und hatte auch schlecht reagiert. Ja, sie hätte sich doch anders verhalten sollen, das wäre besser gewesen. Der Tochter und ihrem Hobby mehr Verständnis entgegenbringen, so aber war es zu einem Riß zwischen ihr und Sally gekommen.
Das Schlafzimmerfenster stand offen. Ellen lag auf dem Bett. Sie hatte ihr Kleid abgelegt und trug über der Unterwäsche jetzt einen dünnen Morgenmantel.
Wenn sie sich nach links drehte, konnte sie auf das rechteckige Loch in der Fensterwand schauen. Liegenbleiben wollte sie auch nicht mehr, also wälzte sie sich herum, stand auf und ging zum Fenster. Die paar Schritte fielen ihr schwer. Über London lag eine Schwüle, die die Menschen träge macht. Zwar wurden Gewitter und Abkühlung angesagt, bisher jedoch war es zu keiner Entladung gekommen. Ellen Saler trat an das Fenster und stützte beide Handflächen auf den unteren Holm. Sie schaute nach draußen. Die feuchte Luft und Schwüle belasteten ihren Kreislauf. Es war wie in einer Sauna. Mittlerweile hatte sich die Dunkelheit ausgebreitet. Vereinzelte Lichtinseln schwammen unter den Baumkronen wie helle Fleckchen. Wieder dachte sie an ihre Tochter. Eigentlich war es Unsinn, daß sie hier oben lag und Sally unten im Wohnzimmer bei ihrer Harfe die Nacht verbringen wollte. Zudem noch an ihrem Geburtstag. Ellen Saler nahm sich vor, mit ihrer Tochter zu reden, und zwar unten im Wohnraum. Sie wollte ihr
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