Der Anruf kam nach Mitternacht
die Kellnerin ihnen ihr Essen brachte.
»Und über Magus?«, fragte Nick dann.
Wes nahm sich ein Stück Käse. »Darauf wollte ich gleich kommen. Also, nachdem ich festgestellt hatte, dass Geoffrey Fontaine für den Computer nicht mehr existierte, versuchte ich, mir Informationen über Magus zu beschaffen. Auch da ist nichts vorhanden.«
»Das überrascht mich allerdings nicht sonderlich«, sagte Nick.
»Ich habe keinen Zugang zu den ganz geheimen Akten. Und ich glaube, Magus fällt auch in diese Kategorie.«
»Wir haben also nichts in der Hand«, stellte Sarah enttäuscht fest.
»Nicht ganz.«
Nick runzelte die Stirn. »Was hast du gefunden?«
Wes fuhr in seine Jackentasche und zog einen Umschlag heraus, den er auf den Tisch legte. »Ich habe Simon Dance gefunden.«
Nick griff nach dem Kuvert. Zwei Blätter waren darin. »Himmel, sieh dir das an!« Er reichte die Blätter an Sarah weiter.
Es war die Fotokopie eines sechs Jahre alten Visa-Antrages. Dabei lag die schlechte Kopie eines Passbildes. Die Augen kamen Sarah eigenartig bekannt vor, doch hätte sie diesen Mann auf der Straße gesehen, wäre sie achtlos an ihm vorbeigegangen.
Ihr Herz klopfte schneller. »Das ist Geoffrey«, flüsterte sie.
Wes nickte. »Wenigstens sah er vor sechs Jahren so aus, als er noch Dance hieß.«
»Wie bist du an diese Sachen gekommen?«, fragte Nick.
»Wer immer Geoffrey Fontaines Unterlagen entwendet oder gelöscht hat, machte sich nicht die Mühe, an Dance zu denken. Vielleicht war dieser Vorgang auch zu alt, und man nahm an, Gesicht und Namen hätten sich geändert. Wozu sollte man sich also damit befassen?«
Sarah blätterte zur nächsten Seite weiter. Simon Dance hatte, wie sie las, einen deutschen Pass mit einer Berliner Adresse. Als Beruf war Architekt eingetragen. Und er war verheiratet.
»Weshalb hat er denn den Visa-Antrag gestellt?«, fragte sie.
»Es war ein Touristenvisum«, erklärte Wes.
»Nein, ich meine, warum?«
»Vielleicht wollte er sich die Sehenswürdigkeiten angucken.«
»Oder die Möglichkeiten abklopfen«, fügte Nick hinzu.
»Haben Sie seine alte Berliner Anschrift überprüft?«, fragte Sarah.
Wes nickte. »Die steht nicht mehr. Das Haus wurde im letzten Jahr wegen eines Hochhausneubaus abgerissen.«
»Dann haben wir absolut keine Spur«, sagte Nick.
»Ich habe noch eine letzte Quelle«, bot Wes an. »Einen alten Freund, der einmal für die Firma tätig war. Er ist vergangenes Jahr in den Ruhestand getreten, weil ihm die Spionagepraxis heutzutage missfällt. Vielleicht weiß er etwas über Simon Dance – und Magus.«
»Das hoffe ich!« Nick seufzte.
Wes stand auf. »Leider kann ich nicht länger bleiben. Dieser Lieferwagen parkt noch vor meinem Haus. Ruf mich morgen Mittag an. Bis dahin müsste ich etwas in Erfahrung gebracht haben.« Er nahm ein Streichholzpäckchen vom Tisch. »Ich werde dich unter dieser Nummer hier zurückrufen.«
»Gleiches Verfahren?«
»Ja. Lass mir eine Viertelstunde Zeit nach deinem Anruf. Ich kann nicht immer gleich eine Telefonzelle finden.« An Sarah gewandt, fügte er hinzu: »Lasst uns hoffen, dass diese Geschichte bald ein Ende findet. Sie müssen es leid sein, auf der Flucht zu sein.«
Sie nickte. Während sie die ihr gegenübersitzenden Männer anschaute, dachte sie, dass es nicht an dem mangelnden Schlaf oder an den unregelmäßigen Mahlzeiten oder selbst an der ständigen Angst lag, dass sie so erschöpft war. Es war die Sorge, nicht zu wissen, wem sie vertrauen konnte.
»Du bist so schrecklich still gewesen«, sagte Nick.
»Stimmt etwas nicht?«
Sie gingen zu Fuß zu ihrer Pension zurück. Es war dunkel geworden, und der Dunstschleier der Stadt verhüllte die Sicht auf die Sterne.
»Ich weiß es nicht, Nick.« Sarah seufzte, blieb stehen und sah ihn an. Seine Augen waren unergründlich dunkel, die Augen eines Fremden. »Kann ich dir wirklich vertrauen?«
»Oh, Sarah, welch dumme Frage!« Mit einer beruhigenden Geste streichelte er ihr über die Wange. »Was geschehen ist, ist geschehen. Du musst einen neuen Anfang machen und mir einfach vertrauen.«
»Ich habe Geoffrey vertraut«, flüsterte sie.
»Ich bin Nick. Vergiss das nicht!«
»Wer ist dieser Nick O’Hara? Das frage ich mich manchmal.«
Er zog sie in die Arme. »Sarah, nach einer Weile wirst du aufhören, dich das zu fragen. Du wirst sicher sein, dass du mir vertrauen kannst. Vielleicht wird es ein, zwei oder auch ein Dutzend Jahre dauern. Aber du wirst lernen, mir
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