Der Anschlag - King, S: Anschlag
nach Pulverdampf, Gips und Blut. Doris, der weiter die Haare im Gesicht hingen, kroch stockend auf ihren toten Sohn zu. Ich wollte nicht, dass sie ihn so sah – Tuggas Schädel war bis zum Kinn hinunter gespalten –, aber ich wusste nicht, wie ich sie aufhalten sollte.
»Nächstes Mal mache ich’s besser, Mrs. Dunning«, krächzte ich. »Versprochen!«
Mein Gesicht war voller Blut; ich musste es mir aus dem linken Auge wischen, um auf dieser Seite sehen zu können. Weil ich noch bei Bewusstsein war, hielt ich die Verletzung für nicht allzu schwer, und ich wusste, dass Platzwunden am Kopf immer stark bluteten. Aber ich sah schlimm aus, und wenn es je ein nächstes Mal geben sollte, musste ich dieses Mal verschwinden: ungesehen und so schnell wie möglich.
Aber bevor ich ging, musste ich mit Turcotte reden. Oder es zumindest versuchen. Er war neben Dunnings gespreizten Beinen gegen die Wand gesackt, hielt sich die Brust und atmete keuchend. Sein Gesicht war leichenblass bis auf die Lippen, die jetzt blaurot wie die eines Kindes waren, das sich mit Heidelbeeren vollgestopft hatte. Ich ergriff seine Hand. Er umklammerte meine panikartig, aber in seinem Blick blitzte eine winzige Spur von Humor auf.
»Wer ist jetzt der Feigling, Amberson?«
»Nicht du«, sagte ich. »Du bist ein Held.«
»Yeah«, keuchte er. »Werft mir den Scheißorden einfach in den Sarg.«
Doris hielt ihren toten Sohn an sich gedrückt. Hinter ihr ging Troy im Kreis, wobei er Ellens Kopf fest an seine Brust gedrückt hielt. Er sah nicht zu uns herüber, schien unsere Anwesenheit gar nicht wahrzunehmen. Die Kleine heulte laut.
»Sie kommen durch«, sagte ich. Als ob ich es wüsste. »Hör mir jetzt zu, denn diese Sache ist wichtig: Vergiss meinen Namen.«
»Welchen Namen? Den hast du mir nie gesagt.«
»Richtig. Aber … du kennst meinen Wagen?«
»Ford.« Seine Stimme versagte allmählich, aber sein Blick blieb weiter auf mich gerichtet. »Hübsches Cabrio. Y-Block. Vierundfünfziger oder fünfundfünfziger.«
»Den hast du nie gesehen. Das ist am allerwichtigsten, Turcotte. Ich muss heute Nacht weit nach Süden fahren – auf dem Turnpike, weil ich keine anderen Straßen kenne. Wenn ich es in die Mitte von Maine schaffe, kann mir niemand mehr was anhaben. Verstehst du, was ich sage?«
»Hab deinen Wagen nie gesehen«, sagte er, dann zuckte er zusammen. »Ah, Scheiße, das hat richtig wehgetan.«
Ich legte meine Finger an Turcottes stoppelbärtigen Hals, um seinen Puls zu fühlen. Er war schnell und beängstigend unregelmäßig. In der Ferne konnte ich Sirenengeheul hören. »Du hast das Richtige getan.«
Er verdrehte die Augen. »Beinahe hätte ich’s nicht getan. Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht hab. Ich muss verrückt gewesen sein. Hör zu, Kumpel. Solltest du geschnappt werden, darfst du nicht erzählen, was ich … Du weißt schon, was ich …«
»Das täte ich nie. Du hast ihn erledigt, Turcotte. Er war ein tollwütiger Hund, und du hast ihn niedergestreckt. Deine Schwester wäre stolz auf dich.«
Er lächelte und schloss die Augen.
14
Ich ging ins Bad, schnappte mir ein Handtuch, machte es im Waschbecken nass und rieb mir damit mein blutiges Gesicht ab. Ich warf das Handtuch in die Wanne, nahm zwei weitere mit und trat in die Küche hinaus.
Der Junge, der mich hergeführt hatte, stand auf dem abgetretenen Linoleum am Herd und beobachtete mich. Obwohl er vermutlich vor sechs Jahren mit dem Daumenlutschen aufgehört hatte, hatte er jetzt den Daumen im Mund. Seine aufgerissenen, ernst blickenden Augen schwammen in Tränen. Auf Stirn und Wangen hatte er Sommersprossen, die aber Blutflecken waren. Hier vor mir stand ein Junge, der etwas erlebt hatte, was ihn zweifellos traumatisieren würde, aber auch ein Junge, der als Erwachsener niemals Hoptoad Harry sein würde. Oder einen Aufsatz schreiben, der mich zu Tränen rühren würde.
»Wer sind Sie, Mister?«, fragte er.
»Niemand.« Ich ging an ihm vorbei zur Tür. Aber er hatte Besseres verdient. Obwohl die Sirenen schnell näher kamen, drehte ich mich noch einmal um. »Dein Schutzengel«, sagte ich. Dann schlüpfte ich durch die Hintertür in die Halloween-Nacht des Jahres 1958 hinaus.
15
Ich folgte der Wyemore Lane zur Witcham Street, sah Blaulichter in Richtung Kossuth Street fahren und schritt zügig aus. Nach zwei weiteren Straßen bog ich nach rechts auf die Gerard Avenue ab. Überall standen Leute auf den Gehsteigen, das Gesicht dem Sirenengeheul
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