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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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fragte er, dann griff er mich an, ohne eine Antwort abzuwarten.
    Ich betätigte den Abzug des Revolvers und dachte dabei: Diesmal wird er keine Kugel abfeuern, er kommt aus Derr y , deshalb wird er nicht schießen.
    Aber er tat es. Die Kugel traf Dunnings Schulter. Auf seinem weißen Hemd erblühte eine rote Rose. Der Schlag warf ihn zur Seite, aber er wandte sich mir sofort wieder zu und hob den Vorschlaghammer. Der rote Fleck auf seinem Hemd wurde größer, aber das schien er nicht zu spüren.
    Ich drückte wieder ab, aber im selben Augenblick rempelte mich jemand an, und der Schuss ging in die Küchendecke. Es war Harry. »Hör auf, Daddy!« Seine Stimme war schrill. »Hör auf, sonst erschieß ich dich!«
    Arthur »Tugga« Dunning kroch auf mich zu, kroch in Richtung Küche. Als Harry eben mit seinem Luftgewehr schoss – ka-tschau! –, traf Dunning mit seinem Vorschlaghammer Tuggas Kopf. Das Gesicht des Jungen verschwand unter Strömen von Blut. Haarbüschel und Knochensplitter flogen hoch in die Luft; Blutstropfen bespritzten noch die Deckenlampe. Ellen und Mrs. Dunning kreischten und kreischten.
    Ich fand mein Gleichgewicht wieder und schoss zum dritten Mal. Die Kugel riss Dunning die rechte Wange bis zum Ohr auf, aber auch davon ließ er sich nicht bremsen. Er ist kein Mensch, dachte ich damals – und denke es noch heute. In seinen tränenden Augen und dem zähneknirschenden Mund – er schien die Luft zu kauen, statt sie einzuatmen – sah ich nur eine Art plappernder Leere.
    »Scheiße, wer bissu?«, wiederholte er. Dann: »Das ist Hausfriensbruch!«
    Er holte mit dem Vorschlaghammer aus, diesmal zu einem pfeifenden, waagrechten Rundschlag. Ich zog den Kopf ein und ging zugleich in die Knie. Obwohl der schwere Hammerkopf mich zu verfehlen schien – ich spürte keinen Schmerz, nicht gleich –, zuckte eine Hitzewelle über meinen Scheitel. Der Revolver flog mir aus der Hand, traf scheppernd die Wand und blieb in einer Ecke liegen. Etwas Warmes lief mir über die linke Gesichtshälfte. Habe ich kapiert, dass sein Schlag mich gerade so gestreift hatte, dass er mir eine fünfzehn Zentimeter lange Platzwunde in der Kopfhaut zufügte? Dass Dunning es nur um wenige Millimeter verpasst hatte, mich bewusstlos oder gleich totzuschlagen? Ich weiß es nicht. Das alles passierte in weniger als einer Minute; vielleicht sogar in nur dreißig Sekunden. Das Leben schlug manchmal Kapriolen, und wenn es das tat, war es flink.
    »Lauf weg!«, brüllte ich Troy an. »Nimm deine Schwester mit, und lauf weg! Ruft um Hilfe! Schreit, so laut ihr …«
    Dunning schwang den Vorschlaghammer. Ich sprang zurück, und der Hammerkopf grub sich in die Wand, zertrümmerte die Lattung und schickte eine kleine Gipswolke in die Luft, wo sie sich mit dem Pulverdampf vermischte. Aus dem Fernseher kam weiter Musik. Weiter Geigen, weiter Musik zum Morden.
    Während Dunning sich abmühte, den Hammerkopf aus der Wand zu reißen, flog etwas an mir vorbei. Es war das Luftgewehr. Harry hatte es geworfen. Der Lauf traf Frank Dunnings zerfetzte Wange, sodass er vor Schmerz aufheulte.
    »Du kleiner Mistkerl! Dafür bring ich dich um!«
    Troy trug Ellen zur Tür. Das ist also in Ordnung, dachte ich. Wenigstens hast du so viel geändert …
    Aber bevor er sie in Sicherheit bringen konnte, füllte jemand erst die Tür aus und kam dann hereingestolpert, wobei er Troy Dunning und das kleine Mädchen zu Boden stieß. Ich hatte kaum Zeit, das zu registrieren, weil Frank den Vorschlaghammer aus der Wand gerissen hatte und wieder auf mich zukam. Ich wich zurück und stieß Harry dabei mit einer Hand in Richtung Küche.
    »Lauf nach hinten raus, Kleiner. Schnell! Ich halte ihn auf, bis du …«
    Frank Dunning schrie laut auf und wurde ruckartig steif. Vorn aus seiner Brust ragte plötzlich etwas. Es war wie ein Zaubertrick. Das Ding war so mit Blut bedeckt, dass ich einen Augenblick brauchte, um es als die Spitze eines Bajonetts zu erkennen.
    »Das ist für meine Schwester, du Scheißkerl«, krächzte Bill Turcotte. »Das ist für Clara.«
    13
    Dunning ging zu Boden – mit den Füßen im Wohnzimmer und dem Kopf im Durchgang zwischen Wohnzimmer und Küche. Aber nicht ganz zu Boden. Die Spitze der Klinge bohrte sich ins Parkett und hielt den Oberkörper auf Abstand. Sein linker Fuß zuckte noch einmal, dann lag er reglos da. Der Chef-Metzger sah aus, als wäre er gestorben, während er versuchte, einen Liegestütz zu machen.
    Alle kreischten jetzt. Die Luft stank

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