Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Weberei. In der könntest du statt für ’nen Dollar zwanzig für ’nen Nickel in der Stunde arbeiten. Aber die Arbeit wird dir gefallen, weil du dann nicht versuchen musst, dir selbst zu erklären, weshalb du in all diesen Jahren untätig geblieben bist. Wäre deine Schwester noch am Leben, würde sie dir ins Gesicht spucken und …«
    Er stieß den Revolver nach vorn, um mir die Mündung auf die Brust zu setzen, und stolperte dabei über sein verdammtes Bajonett. Als ich die Waffe mit dem Handrücken wegschlug, ging sie los. Die Kugel musste weniger als eine Handbreit von meinem Fuß entfernt in den Boden gegangen sein, weil ein paar aufgewirbelte Steinchen mein Hosenbein trafen. Ich entriss ihm den Revolver, zielte damit auf ihn und war bereit abzudrücken, wenn er Anstalten machte, das umgefallene Bajonett aufzuheben.
    Aber stattdessen sackte er an der Garagenwand zusammen. Jetzt lagen beide Hände fest auf seiner linken Brustseite, und er gab leise Würgelaute von sich.
    Nicht allzu weit entfernt – auf der Kossuth Street, nicht auf der Wyemore Lane – blaffte ein Mann: »Spaß muss sein, Kinder, aber noch so ein Böller, dann rufe ich die Polizei! Ich hab euch gewarnt!«
    Ich atmete langsam aus. Das tat auch Turcotte, aber stockend und keuchend. Die Würgelaute waren weiter zu hören, während er die Garagenwand hinunterrutschte, bis er mit gespreizten Beinen liegen blieb. Ich hob das Bajonett auf, überlegte, ob ich es in meinen Gürtel stecken sollte, und gelangte zu dem Schluss, dass ich mir damit nur ins Bein schneiden würde, wenn ich mich durch die Hecke zwängte – weil die Vergangenheit weiterhin alles tun würde, um mich aufzuhalten. Ich warf es in die Dunkelheit und hörte, wie es mit einem dumpfen Aufprall etwas traf. Vielleicht die Seite der Hundehütte mit dem Schild IHR KÖTER GEHÖRT HIERHER .
    »Krankenwagen«, krächzte Turcotte. Seine Augen glänzten, als wären sie tränennass. »Bitte, Amberson. Hab Schmerzen.«
    Krankenwagen. Gute Idee. Und hier kommt etwas Lachhaftes. Obwohl ich nun seit fast acht Wochen in Derry war – im Jahr 1958 –, griff ich automatisch in meine rechte Hosentasche, in der mein Handy immer steckte, wenn ich kein Sakko trug. Aber meine Finger fanden darin nur etwas Kleingeld und die Autoschlüssel.
    »Sorry, Turcotte. Um sofort gerettet zu werden, bist du im falschen Zeitalter geboren.«
    »Was?«
    Wie meine Bulova zeigte, wurden Ellery Queens neue Abenteuer jetzt dem begierig wartenden Amerika präsentiert. »Halt durch«, sagte ich und zwängte mich durch die Hecke, wobei ich die Hand, mit der ich nicht den Revolver hielt, schützend vors Gesicht hob, um meine Augen vor den starren, kratzenden Zweigen zu schützen.
    11
    Ich stolperte über den Sandkasten mitten im Garten der Dunnings, knallte der Länge nach hin und sah mich im Liegen dem starren Blick einer Puppe ausgesetzt, die ein Diadem und sonst nichts trug. Der Revolver flog mir aus der Hand. Ich machte mich auf allen vie ren auf die Suche nach ihm, obwohl ich davon überzeugt war, dass ich ihn nie wiederfinden würde; das hier war der letzte Trick der unerbittlichen Vergangenheit. Klein im Vergleich zu der übel wütenden Darmgrippe und Bill Turcotte, aber gut. Dann, als ich ihn eben am Rand eines trapezförmigen Lichtflecks aus der Küche entdeckte, hörte ich einen Wagen die Kossuth Street entlangkommen. Er fuhr weit schneller, als ein umsichtiger Fahrer sich auf einer Straße zu fahren getraut hätte, auf der jede Menge maskierter Kinder durch das Wohngebiet zogen, um Süßes oder Saures zu fordern. Ich wusste, wer das war, schon bevor er mit quietschenden Reifen hielt.
    In Hausnummer 379 saß Doris Dunning mit Troy auf der Couch, während Ellen in ihrem Indianerprinzessinnenkostüm herumtänzelte, weil sie endlich loswollte. Troy hatte gerade gesagt, dass er ihr beim Süßigkeitenverputzen helfen werde, sobald sie, Tugga und Harry zurück seien. Worauf Ellen antwortete: »Nein, tust du nicht. Mach dich einfach fein, und hol dir selbst welche.« Worauf alle lachen mussten, auch Harry, der im Klo noch einmal schnell pinkeln war. Ellen war wirklich eine Lucille Ball, die jeden zum Lachen brachte.
    Ich wollte den Revolver aufheben. Er glitt mir durch die schweißnassen Finger und landete wieder im Gras. Inzwischen hatte ich grässliche Schmerzen, wo ich mir das Schienbein am Rand des Sandkastens aufgeschlagen hatte. Auf der Vorderseite des Hauses wurde eine Autotür zugeknallt, dann waren eilige Schritte

Weitere Kostenlose Bücher