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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Familie, dann bei seiner Mutter wohnen. Im August würde er in Fort Worth in der Mercedes Street leben und bei der benachbarten Leslie Welding Company arbeiten, wo er Aluminiumfenster und die Art Windfangtüren herstellte, in die Initialen eingearbeitet wurden.
    »Ich weiß nicht, ob ich das kann.« Sie sprach so leise, dass ich mich anstrengen musste, um sie zu verstehen. »Ich war mit dreiundzwanzig eine jungfräuliche Braut, und jetzt, mit achtundzwanzig, bin ich eine jungfräuliche Strohwitwe. Da hat die Frucht lange am Baum gehangen, wie man bei uns zu Hause sagt, vor allem wenn die Leute – zum Beispiel die eigene Mutter – annimmt, man hätte vor vier Jahren angefangen, praktische Erfahrungen mit dem ganzen Vögel-und-Bienen-Zeug zu machen. Das habe ich noch niemand erzählt, und ich glaube, ich würde sterben, wenn du es weitererzählen würdest.«
    »Das bleibt unter uns, Sadie. Verlass dich darauf. War er denn impotent?«
    »Nicht so ganz …« Sie verstummte. Als sie nach kurzer Pause weitersprach, klang sie aufgebracht. »George … ist das hier ein Gemeinschaftsanschluss?«
    »Nein. Für zusätzliche drei Dollar fünfzig im Monat gehört er mir allein.«
    »Gott sei Dank. Trotzdem kann man darüber nicht am Telefon reden. Und erst recht nicht bei einem Prongburger in Al’s Diner. Möchtest du heute zum Abendessen kommen? Wir könnten ein kleines Picknick in meinem Garten machen. Sagen wir gegen fünf?«
    »Danke, ich komme gern. Ich bringe einen Napfkuchen oder so mit.«
    »Ich hätte lieber, dass du was anderes mitbringst.«
    »Was denn?«
    »Das kann ich am Telefon nicht sagen, auch wenn es sich hier nicht um einen Gemeinschaftsanschluss handelt. Etwas, was man im Drugstore kauft. Aber nicht hier in Jodie.«
    »Sadie …«
    »Sag bitte nichts mehr. Ich lege jetzt auf und wasche mir das Gesicht mit kaltem Wasser. Es fühlt sich an, als würde es in Flammen stehen.«
    Ich hörte nur noch ein Klicken. Sie hatte aufgelegt. Ich zog mich aus und ging ins Bett, in dem ich lange Zeit wach lag und lange nachdachte. Über Zeit und Liebe und Tod.

Kapitel 15
    KAPITEL 15
    1
    Um zehn Uhr an diesem Sonntagmorgen sprang ich in den Sunliner und fuhr achtzehn Meilen weit nach Round Hill. In der Main Street gab es einen Drugstore, der auch offen hatte, aber als ich an der Eingangstür den Aufkleber WIR BRÜLLEN FÜR DIE DENHOLM LIONS sah, fiel mir ein, dass Round Hill ja zum Einzugsbereich der DCHS gehörte. Also fuhr ich nach Kileen weiter. Dort sah sich ein älterer Drogist, der eine unheimliche, aber bestimmt nur zufällige Ähnlichkeit mit Mr. Keene in Derry besaß, gemüßigt, mir mit Verschwörermiene zuzuzwinkern, als er mir eine braune Tüte und mein Wechselgeld gab. »Tun Sie nichts Ungesetzliches, mein Sohn.«
    Ich zwinkerte, wie von mir erwartet wurde, zurück und fuhr dann wieder nach Jodie. Ich war nachts spät ins Bett gekommen, aber als ich mich hinlegte, um ein Nickerchen zu machen, kam ich dem Schlaf nicht mal nahe. Also fuhr ich bei Weingarten’s vorbei und kaufte doch einen Napfkuchen. Er schien vom Vortag zu sein, aber das störte mich nicht, und ich dachte, Sadie sicher auch nicht. Picknick hin oder her, ich war mir ziemlich sicher, dass das Essen heute nicht der zentrale Tagespunkt sein würde. Als ich an ihrer Haustür klingelte, hatte ich den Bauch voller Schmetterlinge.
    Sadie trug kein Make-up, nicht einmal Lippenstift. Ihre Augen waren groß, dunkel und angsterfüllt. Ein paar Sekunden lang befürchtete ich, sie würde mir die Tür vor der Nase zuknallen, und ich würde noch hören, wie sie weglief, so schnell ihre langen Beine sie trugen. Und das wär’s dann.
    Aber sie lief nicht weg. »Komm rein«, sagte sie. »Ich habe Geflügelsalat gemacht.« Ihre Lippen zitterten. »Ich hoffe, du magst … du magst v-viel M-Mayo…«
    Ihre Knie wollten nachgeben. Sofort ließ ich die Kuchenschachtel fallen und griff nach ihr. Ich hatte Angst, dass sie in Ohnmacht fiel, aber das tat sie nicht. Sie schlang mir die Arme um den Hals und klammerte sich an mich wie eine Ertrinkende an einen schwimmenden Baumstamm. Ich konnte spüren, wie ihr Herz jagte. Ich trat auf den gottverdammten Napfkuchen. Dann sie. Quaatsch.
    »Ich hab Angst«, flüsterte sie. »Was ist, wenn ich nichts tauge?«
    »Und wenn ich nichts tauge?« Es war nicht nur scherzhaft gemeint. Mein letztes Mal lag lange zurück. Mindestens vier Jahre.
    Sie schien mich nicht zu hören. »Er hat mich nie gewollt. Nicht, wie ich erwartet hatte.

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