Der Anschlag - King, S: Anschlag
mir auszustrecken, war aber auch dafür zu schwach. Sie sanken auf ihre durchblutete Kleidung hinab. Als sie die Augen verdrehte, war ich mir sicher, dass sie ohnmächtig werden würde, aber sie hielt durch. »Du bist gekommen«, flüsterte sie. »Oh, Jake, du bist gekommen, um mich zu retten. Ihr seid beide gekommen.«
»Bee Tree Lane!«, brüllte Deke ins Telefon. »Nein, ich weiß die Nummer nicht, hab sie vergessen, aber draußen steht ein alter Mann mit Nudeln auf dem Anzug und schwenkt die Arme! Beeilt euch! Sie hat verdammt viel Blut verloren!«
»Bleib sitzen«, sagte ich. »Versuch nicht, dich …«
Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen. Sie sah über meine Schulter. »Vorsicht! Jake, hinter dir! «
Ich warf mich herum und versuchte gleichzeitig, meinen Revolver zu ziehen. Auch Deke, der den Telefonhörer wie eine Keule in seinen von Arthritis knotigen Händen hielt, drehte sich um. Aber obwohl Clayton das Messer in der Hand hielt, mit dem er Sadie entstellt hatte, würde er nie mehr jemand angreifen. Das heißt, niemand außer sich selbst.
Es war eine weitere Szene, die ich schon einmal erlebt hatte: auf der Greenville Avenue, nicht lange nach meiner Ankunft in Texas. Hier tönte nicht Muddy Waters aus dem Desert Rose, aber hier gab es eine weitere schwer verletzte Frau und einen weiteren Mann, dessen zertrümmerte Nase blutete und dessen aus der Hose gezogenes Hemd bis fast zu den Knien flatterte. Er hielt statt einer Pistole ein Messer in der Hand, aber sonst waren die Bilder sich verblüffend ähnlich.
»Nein, Clayton!«, rief ich. »Weg damit!«
Seine zwischen orangeblonden Haarsträhnen sichtbaren Augen drohten aus ihren Höhlen zu quellen, während er die benommene, halb bewusstlose Frau auf dem Sofa anstarrte. »Ist es das, was du willst, Sadie?«, schrie er. »Wenn du das willst, sollst du’s kriegen!«
Verzweifelt grinsend setzte er die Klinge an seine Kehle … und schnitt sie sich durch.
Teil 5
TEIL 5
22. NOVEMBER 1963
Kapitel 23
KAPITEL 23
1
Aus der Dallas Morning News, 11. April 1963 (Seite 1):
ATTENTÄTER SCHIESST AUF WALKER von Eddie Hughes
Ein Schütze mit einem Hochleistungsgewehr hat am Mittwochabend versucht, Generalmajor a. D. Edwin A. Walker in seinem Haus zu erschießen. Wie die Polizei berichtet, verfehlte er den umstrittenen Propagandisten um kaum einen Fingerbreit.
Walker war gegen 21 Uhr damit beschäftigt, seine Steuererklärung zu machen, als ein Geschoss ein rückwärtiges Fenster durchschlug und sich in die Wand neben ihm bohrte.
Nach Ansicht der Polizei hat eine kleine Bewegung Walkers ihm vermutlich das Leben gerettet.
»Irgendjemand hatte ihn genau im Fadenkreuz«, erklärte Detective Ira Van Cleave. »Der Unbekannte wollte ihn eindeutig erschießen.«
Walker zog mehrere Geschosssplitter aus dem rechten Ärmel und war noch dabei, Glas- und Metallsplitter aus seinen Haaren zu schütteln, als die Reporter bei ihm eintrafen.
Walker sagte, er sei am Montag von der ersten Etappe einer als »Operation Midnight Ride« bezeichneten Vortragsreise nach Dallas zurückgekehrt. Weiter erklärte er den Reportern, er …
Aus der Dallas Morning News, 12. April 1963 (Seite 7):
GEISTESGESTÖRTER VERLETZT EXFRAU MIT MESSER UND VERÜBT SELBSTMORD von Mack Dugas
( JODIE ) Der 77-jährige Deacon »Deke« Simmons kam am Mittwochabend zu spät, um zu verhindern, dass Sadie Dunhill verletzt wurde, aber für die 28-jährige Dunhill, eine beliebte Bibliothekarin im Denholm Consolidated School District, hätte alles noch viel schlimmer ausgehen können.
Wachtmeister Douglas Reems aus Jodie erklärte dazu: »Wäre Deke nicht rechtzeitig gekommen, wäre Miss Dunhill bestimmt ermordet worden.« Fragen von Reportern wehrte Simmons mit den Worten ab: »Ich will nicht darüber reden, es ist vorbei.«
Wie Wachtmeister Reems berichtete, hat Simmons den viel jüngeren John Clayton überwältigt und ihm einen kleinen Revolver abgenommen. Daraufhin zog Clayton das Messer, mit dem er seine Frau verletzt hatte, und schnitt sich selbst die Kehle durch. Simmons und ein zweiter Mann, George Amberson aus Dallas, bemühten sich vergeblich, Clayton zu retten. Der Notarzt konnte nur noch seinen Tod feststellen.
Mr. Amberson, ehemals Lehrer im Denholm Consolidated School District, der kurz nach Claytons Selbstmord eintraf, stand Reportern nicht selbst zur Verfügung; er hatte Wachtmeister Reems jedoch am Tatort mitgeteilt, der geisteskranke Clayton habe seiner Exfrau offenbar schon monatelang
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