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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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einzureden, dass meine Stimme klang, als wäre ich schrecklich erkältet, aber das stimmte nicht. Sie klang wie die eines Mannes, der eben zusammengeschlagen worden war.
    Roth nahm das Rohr und klopfte sich damit leicht in die fette Hand. »Wer hat es dir verraten, Hackfresse?«
    »Niemand. Gutierrez hat recht. Ich bin ein Teufel, und Teufel können in die Zukunft sehen.«
    »Du vertust deine letzte Chance.«
    »Wanda ist zu groß für Sie, Roth. Und zu mager. Wenn Sie auf ihr liegen, müssen Sie wie ’ne Kröte aussehen, die versucht, ’nen Besenstiel zu bumsen. Oder wie …«
    Sein zufriedenes Gesicht wurde zu einer wütenden Fratze. Diese komplette Verwandlung dauerte nicht einmal eine Sekunde. Er wollte mir das Rohr über den Schädel ziehen. Ich riss den linken Arm hoch und hörte den Unterarm wie einen Birkenast unter zu großer Eislast splittern. Als ich diesmal zusammensackte, ließen die beiden Schläger mich zu Boden gehen.
    »Verdammter Klugscheißer, wie ich diese Klugscheißer hasse.« Das schien aus weiter Ferne zu kommen. Oder aus großer Höhe. Oder aus beidem. Ich war endlich so weit, dass ich bewusstlos werden konnte, und wollte das dankbar tun. Aber ich sah noch genug, um zu erkennen, dass Carmo mit einer Polaroidkamera zurückkam. Sie war groß und klobig, und ihr Objektiv ließ sich an einem Faltenbalg ausziehen.
    »Dreht ihn um«, sagte Roth. »Ich will seine Schokoladenseite.« Während die Schläger das taten, übergab Carmo Roth die Kamera, und Roth übergab Carmo das Bleirohr. Dann hob Roth die Kamera vor die Augen und sagte: »Gleich kommt das Vögelchen, du Drecksack. Hier ist eins für Eddie G. …«
    Blitz.
    »… und eins für meine Privatsammlung, die ich noch nicht habe, aber vielleicht jetzt anfange …«
    Blitz.
    »… und hier ist eins für dich. Um dich daran zu erinnern, dass man die Fragen wichtiger Leute gefälligst beantwortet.«
    Blitz.
    Er riss die dritte Aufnahme aus der Kamera und ließ sie in meine Richtung segeln. Sie landete vor meiner linken Hand … auf die er jetzt trat. Knochen knackten. Ich wimmerte und zog die verletzte Hand an meine Brust zurück. Er hatte mir mindestens einen Finger gebrochen, vielleicht sogar drei.
    »Denk dran, dass du das Deckblatt nach sechzig Sekunden abziehen musst, sonst wird die Aufnahme überentwickelt. Das heißt, wenn du dann noch wach bist.«
    »Willst du ihn weiter ausfragen, wo er jetzt weichgeklopft ist?«, fragte Carmo.
    »Soll das ein Witz sein? Sieh ihn dir an. Er weiß nicht mal mehr seinen Namen. Zum Teufel mit ihm.« Er wollte sich abwenden, drehte sich dann aber noch einmal um. »He, Arschloch. Hier ist was zum Nachdenken.«
    Dabei trat er mir mit etwas, was ein Schuh mit Stahlkappe sein musste, seitlich gegen den Kopf. Vor meinen Augen explodierten Feuerwerksraketen. Dann knallte mein Hinterkopf gegen die Sockelleiste, und ich war weg.
    16
    Ich glaube nicht, dass ich lange bewusstlos war, denn die Sonnenrechtecke auf dem Linoleum schienen nicht weitergewandert zu sein. Im Mund hatte ich den Geschmack von nassem Kupfer. Ich spuckte halb geronnenes Blut und ein Stück Zahn aus, dann machte ich mich daran, aufzustehen. Ich musste mich mit der heilen Hand am Küchenstuhl und dann am Tisch (der dabei fast auf mich kippte) festhalten, aber insgesamt war es leichter als gedacht. Mein linkes Bein fühlte sich taub an, und die Hose spannte auf halber Länge, wo das Knie wie versprochen anschwoll, aber alles hätte viel schlimmer sein können.
    Nach einem Blick aus dem Fenster, um mich zu vergewissern, dass der Kastenwagen weg war, humpelte ich langsam ins Schlafzimmer. Mein Herz schlug weich und schwammig in meiner Brust. Jeder Pulsschlag pochte in meiner gebrochenen Nase und ließ meine geschwollene linke Gesichtshälfte mit dem garantiert gebrochenen Backenknochen vibrieren. Auch mein Hinterkopf pochte, und mein Hals war steif.
    Könnte schlimmer sein, sagte ich mir, während ich durchs Schlafzimmer humpelte. Du bist auf den Beinen, oder nicht? Hol dir den verdammten Revolver, leg ihn ins Handschuhfach und fahr in die Notaufnahme. Im Grunde genommen fehlt dir nicht viel. Wahrscheinlich geht’s dir besser als Dick Tiger heute Morgen.
    Das konnte ich mir einreden, bis ich mich streckte, um nach dem Revolver im Kleiderschrankfach zu greifen. Als ich das tat, spürte ich erst ein Ziehen im Unterleib … und dann schien das, was eben noch gezogen hatte, zu rollen. Die in meiner linken Seite schwelende Hitze schien wie

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