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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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April) gehört hatte. Die Rassel kam in die Aktentasche, der Ring in die Uhrentasche meiner Hose. Ich würde ihn auf der Heimfahrt wegwerfen. Wenn ich Sadie eines Tages einen Heiratsantrag machen konnte, sollte sie einen viel hübscheren bekommen.
    8
    Ein Klopfen an Glas. Dann eine Stimme: »… in Ordnung? Alles in Ordnung, Mister?«
    Ich öffnete die Augen, ohne gleich zu wissen, wo ich mich befand. Ein Blick nach links zeigte mir einen uniformierten Streifenpolizisten, der ans Fahrerfenster meines Chevys geklopft hatte. Dann fiel mir alles wieder ein. Auf halber Strecke zum Eden Fallows – gleichermaßen müde und begeistert und verängstigt – hatte mich das Gleich-schläfst-du-ein -Gefühl übermannt. Zum Glück hatte ich sofort einen freien Parkplatz gefunden. Das war gegen zwei Uhr gewesen. Jetzt schien es dem Licht nach gegen vier Uhr zu sein.
    Ich kurbelte das Fenster herunter und sagte: »Tut mir leid, Officer. Ich war plötzlich ganz schläfrig und wollte sicherheitshalber nicht weiterfahren.«
    Er nickte. »Ja, ja, das kommt vom Suff. Wie viel haben Sie gekippt, bevor Sie sich ans Steuer gesetzt haben?«
    »Nichts. Ich hatte vor einigen Monaten eine Kopfverletzung.« Ich drehte den Kopf zur Seite, damit er die Stelle sehen konnte, wo die Haare noch nicht nachgewachsen waren.
    Er war halb überzeugt, forderte mich aber trotzdem auf, ihn anzuhauchen. Das überzeugte ihn ganz.
    »Lassen Sie mich Ihre Papiere sehen«, sagte er.
    Ich wies meinen texanischen Führerschein vor.
    »Sie wollen jetzt nicht etwa nach Jodie zurückfahren, oder?«
    »Nein, Officer, nur nach North Dallas. Dort bin ich Patient im Rehazentrum Eden Fallows.«
    Ich schwitzte. Falls er das sah, würde er es hoffentlich darauf zurückführen, dass ich an einem ziemlich warmen Novembertag in einem Auto mit geschlossenen Fenstern gedöst hatte. Ich hoffte auch – verzweifelt –, dass er nicht verlangen würde, den Inhalt der neben mir auf der Sitzbank liegenden Aktentasche zu sehen. Im Jahr 2011 hätte ich diese Aufforderung mit dem Hinweis ablehnen können, dass im Auto zu schlafen keinen hinreichenden Verdacht begründete. Teufel, ich stand nicht mal vor einer abgelaufenen Parkuhr. Im Jahr 1963 konnte ein Cop jedoch einfach anfangen, darin herumzuwühlen. Er würde zwar keine Drogen finden, dafür aber Bargeld, ein Manuskript mit Mord im Titel und ein Notizbuch voller Wahnideen über Dallas und JFK . Würde ich zum Verhör aufs nächste Polizeirevier mitgenommen oder zur psychiatrischen Begutachtung ins Parkland eingeliefert werden? Brauchten die Waltons viel zu lange, um gute Nacht zu sagen?
    Er stand einen Augenblick groß und rotgesichtig da: ein von Norman Rockwell gemalter Cop, der auf die Titelseite der Saturday Evening Post gehörte. Dann gab er mir den Führerschein zurück. »Okay, Mr. Amberson. Fahren Sie zu diesem Fallows zurück, und ich schlage vor, dass Sie Ihren Wagen dort über Nacht abstellen. Sie sehen erledigt aus, Nickerchen hin oder her.«
    »Genau das habe ich vor.«
    Während ich davonfuhr, konnte ich im Rückspiegel sehen, wie er mich beobachtete. Ich hatte das sichere Gefühl, dass ich wieder einschlafen würde, bevor ich außer Sicht geriet. Diesmal würde es keine Warnung geben; ich würde einfach von der Fahrbahn abkommen, auf den Gehsteig geraten und vielleicht einen Fußgänger oder mehrere niedermähen, bevor ich im Schaufenster eines Möbelgeschäfts zum Stehen kam.
    Als ich schließlich vor meinem Häuschen mit der zum Eingang hinaufführenden Rampe parkte, hatte ich Kopfschmerzen, meine Augen waren wässrig, mein Knie pochte schmerzhaft … aber meine Erinnerungen an Oswald blieben klar und deutlich. Ich warf die Aktentasche auf den Küchentisch und rief Sadie an.
    »Ich wollte dich anrufen, als ich aus der Schule gekommen bin, aber du warst nicht da«, sagte sie. »Ich hab mir Sorgen gemacht.«
    »Ich war nebenan und habe mit Mr. Kenopensky Cribbage gespielt.« Diese Lügen waren notwendig. Das musste ich mir immer wieder einbläuen. Und ich musste sie flüssig erzählen, weil Sadie mich kannte.
    »Na, das hört sich gut an.« Dann ohne Pause, ohne Veränderung im Ton: »Wie heißt er? Wie heißt der Mann?«
    Lee Oswald. Mit ihrer Überrumpelungstaktik hätte sie beinahe Erfolg gehabt.
    »Ich … ich weiß es immer noch nicht.«
    »Du hast gezögert. Ich hab’s gehört.«
    Ich erwartete einen Vorwurf und hielt den Hörer so fest umklammert, dass es wehtat.
    »Diesmal ist er dir fast eingefallen,

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