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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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(Sonntag)
    Nach dem Abendessen, das köstlich war, wollte Sadie noch abwaschen, aber ich forderte sie auf, ihren Handkoffer zu packen. Er war klein und blau und hatte abgerundete Ecken.
    »Dein Knie …«
    »Mein Knie hält durch, bis ich das bisschen Geschirr abgewaschen habe. Du musst jetzt fahren, wenn du noch genug Schlaf abbekommen willst.«
    Zehn Minuten später war das Geschirr abgewaschen, meine Fingerkuppen waren verschrumpelt, und Sadie stand an der Tür. Sie war mir nie hübscher erschienen als mit dem Köfferchen in der Hand und ihrem von Locken eingerahmten Gesicht.
    »Jake? Erzähl mir etwas Gutes aus der Zukunft.«
    Mir fiel überraschend wenig ein. Handys? Nein. Selbstmordattentäter? Lieber nicht. Schmelzendes Polareis? Vielleicht ein andermal.
    Dann grinste ich. »Du sollst zwei zum Preis von einem haben. Der Kalte Krieg ist längst Vergangenheit, und der Präsident ist ein Schwarzer.«
    Sie setzte zu einem Lächeln an, dann sah sie, dass das kein Scherz war, und machte große Augen. »Soll das heißen, dass ein Neger im Wei ßen Haus ist?«
    »In der Tat. Allerdings wollen diese Leute in meiner Zeit lieber Afroamerikaner genannt werden.«
    »Ist das dein Ernst?«
    »Allerdings.«
    »O mein Gott!«
    »Genau das haben viele Leute am Wahlabend auch gesagt.«
    »Macht er … seine Sache gut?«
    »Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. Meiner Ansicht nach macht er sie so gut, wie man es angesichts der Kompliziertheit erwarten könnte.«
    »Mit diesem Gedanken sollte ich jetzt nach Jodie zurückfahren.« Sie lachte zerstreut. »Ich bin richtig baff.«
    Sie ging die Rampe hinunter, legte das Köfferchen in den vorderen Kofferraum ihres Käfers und warf mir eine Kusshand zu. Dann wollte sie einsteigen, aber ich konnte sie nicht einfach so davonfahren lassen. Ich konnte nicht rennen – Dr. Perry sagte, bis dahin würden noch acht Monate vergehen, vielleicht sogar ein Jahr –, aber ich hinkte die Rampe hinunter, so schnell ich konnte.
    »Warte, Sadie, warte einen Augenblick!«
    Mr. Kenopensky von nebenan saß in seinem Rollstuhl, eingehüllt in eine dicke Jacke und mit seinem batteriebetriebenen Radio auf dem Schoß. Auf dem Gehsteig war Norma Whitten mithilfe von Holzstöcken, die eher Skistöcken als Krücken glichen, qualvoll langsam zum Briefkasten an der Ecke unterwegs. Sie drehte sich um, winkte uns zu und bemühte sich, ihre starre, linke Gesichtshälfte mitlächeln zu lassen.
    Sadie sah mir in der Abenddämmerung fragend entgegen.
    »Ich wollte dir nur noch etwas sagen«, keuchte ich. »Ich wollte dir sagen, dass mir nie was gottverdammt Besseres als du passiert ist.«
    Sie umarmte mich lachend. »Dito, liebster Herr.«
    Wir küssten uns lange und hätten uns wohl noch länger geküsst, wäre von rechts nicht trockenes Klatschen zu hören gewesen. Mr. Kenopensky applaudierte uns.
    Sadie löste sich aus meiner Umarmung und fasste mich aber an den Handgelenken. »Du rufst mich an, versprochen? Und sagst mir Bescheid … wie sagst du manchmal? Wie die Aktien stehen?«
    »Klar, wird gemacht.« Aber ich hatte nicht die Absicht, sie auf dem Laufenden zu halten. Deke oder die Polizei auch nicht.
    »Weil du es nicht allein schaffen kannst, Jake. Du bist zu schwach.«
    »Das weiß ich«, sagte ich und dachte dabei: Hoffentlich nicht! »Ruf mich an, damit ich weiß, dass du gut heimgekommen bist.«
    Als ihr Käfer um die Ecke bog und verschwand, sagte Mr. Kenopensky: »Behandeln Sie sie lieber anständig, Amberson. Die sollten Sie unbedingt behalten.«
    »Ja, ich weiß.« Ich blieb noch unten an der Einfahrt, bis ich davon überzeugt war, dass Miz Whitten es schaffte, vom Briefkasten zurückzukommen, ohne zu stürzen.
    Sie schaffte es.
    Ich ging wieder hinein.
    2
    Als Erstes schnappte ich mir meinen Schlüsselring von der Kommode und sah mir die Schlüssel einzeln an. Mich wunderte, dass Sadie sie mir nie in dem Versuch vorgelegt hatte, mein Gedächtnis anzustoßen … aber sie konnte natürlich nicht an alles denken. Es waren genau ein Dutzend. Von den meisten hatte ich keine Ahnung, in welches Schloss sie passen könnten, aber ich war mir ziemlich sicher, dass der Schlage-Sicherheitsschlüssel die Tür meines Hauses aufsperrte, das in … in Sabbatus stand? Das klang richtig, aber ich war mir da nicht ganz sicher.
    An dem Ring hing auch ein kleiner Schlüssel mit der eingeprägten Bezeichnung FC 775 . Das war allerdings ein Schließfachschlüssel, aber von welcher Bank? First Commercial? Das klang

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